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Artikel „Stoll, Johann“ von Theodor Distel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 36 (1893), S. 402–403, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Stoll,_Johann&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 19:34 Uhr UTC)
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Stoll: Johann St. (vielleicht auch Stolle, „Stollius“ schreibt er sich immer), war 1560 (?) in Wittenberg (Grässe, Orbis latinus [1861] S. 43 Sp. 2, verb. 6) geboren, denn er nennt sich „Calegiensis Saxo“. Dahinter hat man freilich irrthümlich Kalbe (Herzog, Chronik der Kreisstadt Zwickau II [1845] S. 368) und Kalenberg (Mendel-Reißmann, Musikalisches Conversationslexikon IX [1878] S. 465) vermuthet. Nur Weniges ist über ihn bekannt geworden. Er begegnet uns zuerst als Cantor zu Reichenbach i. V., 1591 als solcher zu Zwickau und seit 1604 als des unter 2) zu nennenden Fürsten Capellmeister zu Weimar. Am 23. Mai 1608 heirathete er daselbst die verwittwete Tochter des dortigen Bürgers und Rathswagemeisters Kaspar Schlevogts, Christine, und erhielt von Kursachsen dazu ein Geschenk von zwanzig Gulden. [403] Die einzige Nachricht, welche Weimar über ihn darbieten konnte, betrifft die nachher unter 2) zu erwähnende Composition. Das letzte Lebens- und Wirkenszeichen von ihm haben wir in seiner Motette von 1614. In dem Fachkataloge der internationalen Ausstellung für Musik- und Theaterwesen in Wien (1892) ist sein Name nicht erwähnt. Außer den Choralmelodien „Von einer Jungfrau auserkor’n“ u. s. w., „Christus ist erstanden“ u. s. w. (man vgl. das Zwickauer und Dresdener Gesangbuch) haben sich folgende Werke von ihm ermitteln lassen: 1) Hochzeitsgesang zur Vermählung des späteren Kurfürsten zu Sachsen, Johann Georg’s I. mit der Herzogin Sibylle Elisabeth zu Württemberg (16. Sept. 1604), achtstimmig (2 Chöre), Anfang der vier achtzeiligen Verse „Von Gott ist mir“ u. s. w. Originaldruck in Fol. von Tobias Steinmann, Jena 1604, im K. S. Hauptstaatsarchive III, 131 fol. 25b Nr. 7 (Noten u. s. w.) Nr. IV. 2) Epicedia oder Grablieder bei dem Leichenbegängnisse des Herzogs Johann zu Sachsen († am 31. October 1605, beigesetzt in der Stadtkirche zu Weimar am 20. November ej. a.), vier- und achtstimmig, Anfänge der Texte in Prosa bezw. in Versen: „Miserere mei deus“ etc. und „Herr Jesu Christ, mein Herr und Gott, Laß mich ja nicht verderben“ u. s. w. Originaldruck in 4° von Christoph Lippold, Jena 1606, auf der Großherzogl. Bibliothek zu Weimar, R. 4, 23, Nr. 3. 3) Hochzeitsgesang zur zweiten Vermählung des späteren Kurfürsten zu Sachsen, Johann Georg I. mit der Markgräfin Magdalene Sibylle zu Brandenburg (19. Juli 1607), achtzehnstimmig (3 Chöre), lat. Text: Spr. Sal. 5, 18, „Harmonia“ betitelt, welcher in den einzelnen Stimmen vorliegt; auf dem Titelblatte nennt sich der Componist illustriss. aulae … musicae olim (man vgl. das Schreiben im K. S. Hauptstaatsarchive: III, 21 fol. 18 Nr. 89 Bl. 140 ff. vom 1. Mai 1608) praefectus. Originalhandschrift (in Querfol.) im K. S. Hauptstaatsarchive: a. zul. a. O. Nr. XIII. Diese Composition soll, in der Bearbeitung Oskar Wermanns in Dresden, nach Weimar gelangen. 4) Die zuerst bei Zedler (s. nachher) genannte gedruckte Hochzeitsmotette für einen dort genannten Privaten (1. März 1614), sechsstimmig, mit dem Textanfange: Wer die Braut hat, der ist der Bräutigam. Diese Composition konnte leider nicht erlangt werden. Auch sein Siegel (Tectur-) ist an einem seiner hier mit benutzten Schreiben noch wohlerhalten; dasselbe trägt in einem Schilde ein Herz, auf welches drei Nägel spitzwinklig zusammenlaufen, darum steht: musica, als Helmzier zeigt sich eine Hausmarke; l. u. r. davon die Buchstaben: J. S.Philipp Stolle (Zedler nachher cit. Sp. 379), der später lebte und Teorbist, Vocalist und Kammermusikus, der David Schirmer’s im J. 1654 zu Dresden herausgegebenen Singenden Rosen, oder Sitten- und Tugend-Liedern, 68 an der Zahl, die Melodieen mit einem Discant und Basse gesetzt hat, scheint, wie andere Namensvettern bei Zedler, mit Johann nicht verwandt zu sein.

Zedler’s Universallexikon XL. (1744) Sp. 371/72 u. die dort angezogene Litteratur. – Mendel-Reißmann a. a. O., auch Distel in d. Monatsh. f. Musikgesch. XX (1888) Nr. 5, S. 59, 61 und Nr. 6 a. E. u. XXI (1889) Nr. 11, S. 187/8.