ADB:Stolberg-Wernigerode, Wilhelm Graf zu

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Stolberg-Wernigerode, Wilhelm Graf zu“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 54 (1908), S. 564–566, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Stolberg-Wernigerode,_Wilhelm_Graf_zu&oldid=- (Version vom 1. Dezember 2024, 03:47 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 54 (1908), S. 564–566 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Wilhelm zu Stolberg-Wernigerode in der Wikipedia
Wilhelm zu Stolberg-Wernigerode in Wikidata
GND-Nummer 115378081
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|54|564|566|Stolberg-Wernigerode, Wilhelm Graf zu|Bernhard von Poten|ADB:Stolberg-Wernigerode, Wilhelm Graf zu}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=115378081}}    

Stolberg: Wilhelm Graf zu St.-Wernigerode, königl. preußischer General der Cavallerie, war am 13. Mai 1807 zu Wernigerode geboren, trat am 3. August 1825 beim Garde-Dragonerregimente in den Dienst, wurde am 17. April 1827 Officier, 1835 Adjutant des Prinzen Wilhelm, Bruder König Friedrich Wilhelm’s III., und nahm 1837 als Premierlieutenant den Abschied, um sich der Bewirthschaftung seiner Fideicommißherrschaft Jannowitz und Kupferberg im Kreise Hirschberg (jetzt Kreis Schönau) zu widmen. Am 7. Juli 1849 trat er als Rittmeister beim Regimente der Gardes du Corpa von neuem in das stehende Heer. Inzwischen hatte er bei der Landwehrcavallerie [565] Dienst gethan, war vier Jahre lang Landrath des Kreises Hirschberg gewesen, zu welchem sein Besitz damals gehörte, und hatte sich im Jahre 1848 an der Spitze einer Sicherheitsabtheilung um Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung in der Gegend Verdienste erworben, welche die Stadt Hirschberg durch Verleihung des Ehrenbürgerrechtes anerkannte. Nachdem er alsdann Adjutant der Garde-Cavalleriedivision, etatsmäßiger Stabsofficier des Garde-Cürassierregiments, von 1856–1859 Commandeur des (braunen) Schlesischen Husarenregiments Nr. 4 in Oels und zuletzt der 12. Cavalleriebrigade in Neisse gewesen und zum Oberst aufgestiegen war, verließ er zu gleichem Zwecke wie das erste Mal abermals das Heer.

Als der Krieg gegen Oesterreich in Aussicht stand, trat er im Mai 1866 als Commandeur der 6. Landwehr-Cavalleriebrigade von neuem ein und erhielt den Auftrag, mit einer aus allen Waffengattungen zusammengesetzten Abtheilung auf dem rechten Ufer der Oder die Grenze gegen die unter General Trentinaglia in Galizien stehenden Truppen zu decken. Von der Ansicht ausgehend, daß unter den obwaltenden Verhältnissen der Angriff die beste Vertheidigungsmaßregel sein würde, überschritt er am 27. Juni mit 43/4 Bataillonen, 4 Schwadronen, 9 Geschützen die Weichsel und drängte die feindlichen Vortruppen zurück, wurde aber durch den Widerstand, den er bei Oswiecim fand, zum Rückzuge genöthigt. Nach Friedensschluß wurde er Generallieutenant und Commandeur der 12. Division in Neisse, bei Ausbruch des Krieges gegen Frankreich Commandeur der aus 3 Cavalleriebrigaden zu 2 Regimentern und 2 reitenden Batterien zusammengesetzten, meist mit seinem Namen benannten 2. Cavalleriedivision („Die 2. Cavalleriedivision im Feldzuge 1870/71“ im 4. Beihefte zum Militär-Wochenblatte, Berlin 1871, von Hauptmann Kaehler, Generalstabsofficier der Division). Mit dem größten Theile der ihm unterstellten Truppen, der aus Schlesien stammte, zunächst wegen der Ungewißheit inbetreff der Stellungnahme Oesterreichs in der Provinz zurückgehalten, konnte die Division Stolberg, welche der III. Armee unter dem Kronprinzen von Preußen zugetheilt war, erst am 7. August gesammelt werden und aus der Gegend von Mainz aufbrechen. Am 16. befand sie sich vor der Front der Armee und deckte nun aufklärend deren linke Flanke bis zum Rechtsabmarsche gegen Sedan. Der Schlacht vom 1. September wohnte sie bei ohne zur Thätigkeit zu kommen, dann deckte sie wieder den linken Flügel der auf Paris marschirenden III. Armee. Auf dem Wege fanden die ersten Zusammenstöße mit dem Feinde statt. Aus der Einschließungslinie von Paris brach die Division am 7. October unter General von der Tann nach Süden auf, nahm an den Kämpfen Theil, die zur Einnahme von Orléans führten und blieb fortan bis zum Abschlusse des Waffenstillstandes unausgesetzt am Feinde. Am 7. November leitete St. selbständig ein größeres Erkundungsgefecht bei Marolles, nach dem Treffen von Coulmiers trat die Division zur Armeeabtheilung des Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin über und bestand mit dieser im November und December die Kämpfe bei Orléans und machte dann unter dem Obercommando der II. Armee des Prinzen Friedrich Karl von Preußen den Zug nach Le Mans und die Verfolgung des Feindes gegen Westen mit. – Graf St. hatte sich der ihm gestellten Aufgabe durchaus gewachsen erwiesen. Er war kein Reiterführer wie Seydlitz und Murat. Sonst hätte er vielleicht am Tage von Coulmiers unvergängliche Lorbeeren gepflückt. Aber er besaß gute Kenntnisse und viel gesunden Menschenverstand, verfügte über ein treffendes Urtheil, combinirte richtig, war thätig und wachsam, von großem moralischen und physischen Muthe, körperlich regsam und frisch, ein schlichter Mann von edler Gesinnung, der von sich selbst zu [566] gering dachte. So kennzeichnet ihn in „Der Volkskrieg an der Loire im Herbst 1870“, 6. Bd., S. 312 (Berlin 1897) sehr zutreffend Hauptmann Fritz Hoenig, der später unter ihm diente. Es war in der Zeit, in welcher St. an der Spitze des VII. Armeecorps in Münster stand. Er war in diese Stellung nach dem Friedensschlusse berufen und hat sie auch während des Culturkampfes innegehabt, unter schwierigen Verhältnissen Takt und Thatkraft zeigend. Am 15. April 1882 trat er endgültig in den Ruhestand und zog sich nach Jannowitz zurück, wo er am 7. März 1898 gestorben ist.