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Artikel „Stenger, Johann Melchior“ von Paul Tschackert in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 36 (1893), S. 49–50, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Stenger,_Johann_Melchior&oldid=- (Version vom 29. November 2024, 02:48 Uhr UTC)
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Stenger: Johann Melchior St., evangelischer Prediger, † 1710. St. wurde zu Erfurt, wo sein Vater Nicolaus St. Pastor und Professor der orientalischen Sprachen war, geboren, studirte zu Jena, Leipzig, Wittenberg, Straßburg und Erfurt und wurde hier 1666 Diakonus. In dieser Stellung veröffentlichte er zwei Schriften, welche gegen seine Orthodoxie solche Anklagen verursachten, daß[WS 1] er seines Amtes entsetzt wurde. Ihre Titel lauten „Ein Buch vor die, so ihr Christenthum wollen lernen besser und gründlicher verstehen und den rechten Weg zur Seligkeit von andern falschen Irrwegen genau unterscheiden“ (Erfurt 1669. 4°) und „Einschärfung zweier nützlicher zum wahren Christenthum gehöriger Lehr-Punkte die rechtschaffenen Christen im Lauf der Gottseligkeit zu stärken, die Wahn-Christen aber zu warnen und aus dem Schlaf der Sicherheit zu wecken.“ (Ebenda 1670 in 4°.) Seiner Geistesrichtung nach Lutheraner, glaubte er es darin wie auch in seinen Predigten den Sündern etwas zweifelhaft machen zu müssen, daß sich ohne Verlust der Seligkeit Buße und Rückfall öfter bei ihnen wiederholen dürften. Er wollte der „Procrastination der Buße“ vorbeugen. [50] „Wer nicht das Zeugnis eines heilig geführten Wandels hat, stirbt unselig“, lehrte er, und „wahre Kinder Gottes bedürfen der großen Buße nie oder nur einmal.“ Stenger’s Lehrweise ist also eine Vorläuferin der nicht lange darauf aufgekommenen terministischen Lehre, daß es für jeden Sünder einen bestimmten Terminus gratiae gebe, über welchen hinaus für den rückfälligen Sünder keine Vergebung mehr stattfindet. Dagegen schrieben Hartnack (Daniel, Professor am Gymnasium in Erfurt), Stengerismus condemnatus, Zeitz 1670, und Johann Musäus, Professor in Jena, seinen „Bericht, welchergestalt die Lehre von der Buße nützlich und mit gutem Bestand nach Gottes Wort müsse vorgetragen werden, auf Gelegenheit neu entstandener Schwärmereien samt historischer Erzählung derselben“, zuerst 1672, vermehrt Jena 1675, 748 S. – Nach seiner Entlassung aus Erfurt wurde St. ins Braunschweigische, danach nach Storkau, endlich nach Wittstock als Pastor berufen, wo er Horb’s Partei nahm und mit D. Johann Friedrich Mayer viele und überaus heftige Streitschriften wechselte. Hier starb er in hohem Alter 1710. Von seinen späteren Schriften ist zu nennen „Das große Geheimniß innerlicher Versiegelung durch den Geist der Kindschaft über I Joh. 5, 10.“ Berlin 1674. – „Historia ecclesiasticae ἀποσπασμάτιον“ 1681. –

Zu vgl. Hartnack hinter Micraelius, hist. eccl. S. 1654–1843. – (Zedler) Universal-Lexikon, Bd. 39 (1744), Sp. 1832 f., wo auch die Titel anderer Schriften Stenger’s stehen. Ebenso Jöcher, Gelehrten-Lexikon, 4. Theil (1751) Sp. 810 f. – S. Baumgarten, Geschichte der Religionsparteien S. 1283. – G. Frank, Gesch. d. prot. Theologie II (1865), S. 127 ff.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: daß daß