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Artikel „Stamheim“ von Konrad Burdach in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 427, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Stamheim&oldid=- (Version vom 19. Dezember 2024, 23:09 Uhr UTC)
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Band 35 (1893), S. 427 (Quelle).
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Stamheim: v. St., Minnesänger. Unter seinem Namen überliefert die große Heidelberger Liederhandschrift einen Reien im Geschmack Neidhart’s v. Reuenthal, den auch die Berliner Neidharthandschrift des 15. Jahrhunderts enthält. Auf einen Natureingang von zwei Strophen mit der typischen Aufforderung an die Mädchen, zum Tanz zu eilen, folgt episch eingeführt ein Dialog zwischen dem tanzlustigen Güetelîn und ihrer Mutter. Die Mutter hat gehört, wie die Tochter der Freundin Isentrût gegenüber nach den Tanzkleidern verlangt und will diese nicht herausgeben. Die Mutter schilt über den Leichtsinn der Jugend: zu ihrer Zeit seien die Mädchen nicht wie die jungen Männer nach dem Wald zum Reien gelaufen; sie selbst habe man nie am Reien gesehen. Aber das Töchterlein weiß die Mutter im Nu gefügig zu machen: auch die zu Hause blieben ließen sich gern verführen; wenn sie zornig werde, wolle sie Dinge sagen, die sie bereuen werde. Offenbar liegt darin die Drohung, von der Schande der Mutter selbst reden zu wollen. Die Mutter ist nun plötzlich ganz wie umgewandelt, zeigt der Tochter, wo die Kleider liegen, räth und hilft ihr selbst beim Putz und rüstet sich sogar selbst zum Reien. Mit vielen Gespielinnen, deren Namen genannt werden, geht daz kint zur Heide. Ihre Tracht wird beschrieben; aus rothem Munde singt sie zum Reien vor, die andern singen alle nach; Schleppen und Kränze sieht man am Waldesrand; dann erhebt sich ein Ballspiel und der „Maientanz“. Haupt hat (Zeitschrift f. deutsches Alterthum VI, 398) den Dichter unter den in bairisch-österreichischen Gegenden nachweisbaren Herren v. St. zu finden geglaubt, weil er in der Heidelberger Liederhandschrift vor bairischen oder österreichischen Sängern stehe und in jenem Gebiet überhaupt die Nachahmer Neidhart’s wol zunächst zu suchen seien. Allein der erste Grund trifft nicht zu, denn auf St. folgt in der Handschrift zunächst Goeli, der wahrscheinlich nach der Schweiz gehört, und Neidhart hat auch in Schwaben Schule gemacht. Der frivole Zug des Gedichts in der verblümten Anklage der Mutter durch die Tochter, die Aufzählung der Mädchennamen erinnert mehr an die Art des schwäbischen Sängerkreises um König Heinrich VII. Wir werden St. unmittelbar an Gottfried v. Neifen und den Grafen v. Kirchberg anschließen und uns nicht bedenken, in ihm einen der schwäbischen Herren v. St. zu erblicken. Er wird um oder bald nach 1230 gedichtet haben.

von der Hagen, Minnesinger II, 77 f.; III, 663; IV, 418 f. – Grimme, Germania 37, 161 ff.