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Artikel „Sonder, Otto Wilhelm“ von Ernst Wunschmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 619–621, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sonder,_Otto_Wilhelm&oldid=- (Version vom 18. April 2024, 23:24 Uhr UTC)
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Sonder: Otto Wilhelm S., Pharmaceut und botanischer Schriftsteller, geboren am 13. Juni 1812 zu Oldesloë in Holstein, † am 21. November 1881 zu Hamburg, trat als Apothekerlehrling 1828 in die Biber’sche Officin in Hamburg ein, die er nach absolvirter Lehrzeit 1832 verließ, um nach Süddeutschland zu gehen. Nachdem er hier ein Jahr hindurch an verschiedenen Orten conditionirt [620] hatte, kam er nach Berlin und legte daselbst 1835 das pharmaceutische Staatsexamen ab. Während dieser Zeit schrieb S., der durch ausgedehnte, schon während seiner Lehrzeit unternommene botanische Excursionen, sich tüchtige floristische Kenntnisse erworben hatte, seine erste Arbeit über die Gattung Salix, durch welche er die Aufmerksamkeit des Berliner Botanikers Link auf sich zog. Dem Wunsche des letzteren, daß er dauernden Wohnsitz in Berlin nehmen möge, konnte S. jedoch nicht entsprechen, sondern folgte einer väterlichen Weisung und ging nach Kiel, um als Holsteiner der dort allein gültigen Staatsprüfung als Apotheker sich zu unterziehen. Bald hernach trat S. eine botanische Forschungsreise nach den Alpen und den Ländern des Mittelmeeres an. Die Bearbeitung des auf derselben gesammelten reichen Pflanzenmaterials, gleich nach der Rückkehr begonnen, wurde unterbrochen durch Verhandlungen behufs Uebernahme einer Apotheke in Hamburg. Zu diesem Zwecke absolvirte S. zum dritten Male die staatlicherseits geforderte Prüfung und übernahm dann käuflich die Apotheke, in deren Besitz er bis wenige Jahre vor seinem Tode verblieb. Die Zeit seiner Muße benutzte S. zu reger litterarischer Thätigkeit. Durch seine Arbeiten auf dem Gebiete der systematischen Botanik hatte er sich eine wissenschaftliche Bedeutung errungen, die auch außerhalb der Grenzen seiner Adoptivheimath verdiente Anerkennung fand. Einer großen Zahl gelehrter Körperschaften gehörte er als actives, correspondirendes oder Ehrenmitglied an, und die philosophische Facultät zu Königsberg verlieh ihm im Mai 1846 die Würde eines Ehrendoctors. Im Hamburger Staatswesen als Director der pharmaceutischen Lehranstalt und mit dem Titel eines Medicinalraths als Mitglied des Medicinalcollegiums von großem Ansehen und Einfluß, wußte er auch durch seine persönliche Liebenswürdigkeit einen großen Kreis von Freunden an sich zu fesseln, der es schmerzlich empfand, als der verdiente Mann fast plötzlich, ohne längere Krankheit, infolge eines acuten Herzleidens, noch vor erreichtem siebzigsten Lebensjahre ihm entrissen wurde.

Mit der floristischen Aufschließung der Umgebung Hamburgs begann S., noch als Apothekerlehrling, seine wissenschaftliche Thätigkeit, als deren Frucht nach mehr als zwanzigjähriger Durchforschung des Gebiets, die „Flora hamburgensis“ 1851 im Druck erschien. Es behandelt das Werk die bei Hamburg wildwachsenden und häufiger cultivirten phanerogamischen Gewächse in einem Umfange, den ein am rechten Elbufer mit einem Radius von drei Meilen um die Stadt beschriebener Halbkreis einschließt, aus welchem Gebiete 1106 Arten, auf 444 Gattungen vertheilt, aufgezählt werden. Die höchst genaue Bekanntschaft des Verfassers mit dem Pflanzenreichthum der bezeichneten Gegend haben dem Buche, als einer der besten Localfloren, einen noch heute anerkannten wissenschaftlichen Werth verschafft. Während bei der Anordnung des Ganzen das Sexualsystem zu Grunde gelegt ist, folgt am Schluß eine alphabetische Zusammenstellung der in der Hamburger Flora vertretenen natürlichen Pflanzenfamilien nach Zahl der Gattungen und Arten. Die Diagnosen sind lateinisch geschrieben, der übrige Text ist deutsch. Neben den Vorbereitungen für die Hamburger Flora beschäftigten S. noch Untersuchungen über einzelne Pflanzen und Pflanzengruppen, zum Theil recht schwieriger Natur, deren Resultate er in Fachzeitschriften niederlegte. So erschien in der Botan. Zeitung 1844 eine Beschreibung von Cuscuta hassiaca Pfeiffer 1845 eine Bearbeitung der von Preiß in Neuholland gesammelten neuen Algenformen, ferner im 19. Bande der Linnaea eine Aufzählung der Orchideen aus dem reichen Pflanzenmaterial, das in den dreißiger Jahren Chr. Friedrich Ecklon und Karl Zeyher in Südafrika aufgebracht hatten und 1846 als Abdruck aus dem ersten Bande der Abhandlungen des naturwissenschaftlichen Vereins in Hamburg eine „Revision der Heliophileen“. Ueberhaupt wandte sich Sonder’s [621] Thätigkeit im Laufe der Zeit mehr und mehr phytographischen Arbeiten über exotische Pflanzengruppen zu, in Veranlassung der ihm von seiten verschiedener botanischer Reisenden gemachten Zusendungen. Dahin gehören die Bearbeitung einer Reihe von Familien der „Plantae Regnellianae“, veröffentlicht in der Linnaea vom Jahre 1849, ferner „Beiträge zur Flora von Südafrika“, ebendaselbst 1850 erschienen, sowie 1852 die Algen und Flechten der „Plantae Wagnerianae Columbicae“ und endlich 1857 ein Aufsatz in der Flora, enthaltend eine Aufzählung der Santalaceen aus der Ecklon-Zeyher’schen Sammlung. Der gute Ruf, den die Gründlichkeit der aufgezählten systematischen Arbeiten ihrem Verfasser in der wissenschaftlichen Welt eintrug, veranlaßte den Dubliner Professor William H. Harvey, S. zur Mitarbeiterschaft an der von ersterem beabsichtigten Herausgabe einer „Flora capensis“ heranzuziehen, für welche der englische Autor bereits 1838 in der Aufzählung der am Cap vorkommenden Pflanzengattungen ein vorbereitendes Werk hatte erscheinen lassen. Von dem umfangreich angelegten Werke, dessen Schwierigkeit in der Bewältigung sehr zahlreicher Pflanzenformen aus einem der pflanzenreichsten Gebiete der Erde bestand, sind von den beabsichtigten fünf Bänden leider nur drei erschienen, da Harvey während der Herausgabe 1866 gestorben ist. Es ist englisch geschrieben und führt den Titel: „Flora capensis, being a systematic of the Cape Colony, Cafraria and Port Natal“. Der erste Band, 1859–60, enthält die Ranunculaceae bis Connaraceae, der zweite 1861–62, die Leguminosae bis Loranthaceae und der dritte, 1864–65, die Rubiaceae bis Campanulaceae. Eine ebenfalls dankenswerthe Thätigkeit war die Mithülfe Sonder’s, die er seinem Landsmanne und alten Freunde, dem rühmlichst bekannten Erforscher Australiens, Baron Ferdinand v. Mueller, bei der Herausgabe der „Plantae Muellerianae“ leistete, für die er die Epacrideen und Algen bearbeitete. (Linnaea 1853 u. 1856.) Namentlich der letzten Pflanzenclasse hatte sich Sonder’s Interesse in den späteren Jahren zugewandt. Diesem Umstand verdankt die Wissenschaft eine treffliche Abhandlung über „Die Algen des tropischen Australiens“, die als Sonderabdruck aus den Berichten des Hamburger naturwissenschaftlichen Vereins 1871 in Quartformat unter Beigabe von sechs Tafeln im Druck erschien. Die große Zahl der hier beschriebenen neuen Arten zeugt von der genauen Bekanntschaft des Verfassers mit dieser Abtheilung des Gewächsreiches und sowohl dieser Umstand, wie die Reichhaltigkeit des Sonder’schen Herbariums gerade an niederen Gewächsen, veranlaßte, daß, wo es sich immer um Bestimmung außereuropäischer Algenformen handelte, S. stets der gesuchte Mittelpunkt wurde. Demzufolge bearbeitete er auch die Reiseergebnisse des unglücklichen v. d. Decken, deren Publication 1879 erfolgte.

Botanisches Centralblatt. IX. Band. 1882. – Pritzel, thes. lit. bot.