ADB:Sommersberg, Friedrich Wilhelm von

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Artikel „Sommersberg, Friedrich Wilhelm von“ von Hermann Markgraf in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 615–617, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sommersberg,_Friedrich_Wilhelm_von&oldid=- (Version vom 28. November 2024, 19:11 Uhr UTC)
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Sommersberg: Friedrich Wilhelm v. S., schlesischer Geschichtschreiber, geboren in Breslau am 11. Juli 1698, † daselbst am 25. September 1756, war der Sohn des Kaufmanns Georg Friedrich S. und erlangte erst später, am 15. November 1725, das Adelsprädicat v. S. Schon auf dem Elisabeth-Gymnasium seiner Vaterstadt, das damals von dem gelehrten Rector Gottlob Krantz geleitet wurde, zeichnete er sich durch eine lebhafte Begeisterung für die lateinische Poesie, namentlich Virgil’s, Claudian’s, Lucan’s aus, erst von ihr fand er den Weg zur deutschen Dichtkunst. Nachdem er am 5. Mai 1716 in Leipzig seine Studien begonnen hatte, veröffentlichte er schon am 30. Septbr. desselben Jahres eine Dissertation „Socrates nec officiosus maritus nec laudandus paterfamilias“ und am 28. Mai 1717 eine zweite „De Agrippa“, die sich beide durch gutes Latein und wissenschaftlichen Inhalt vor derartigen Erzeugnissen dieser Zeit auszeichnen. Trotz schwerer Erkrankung 1718 beendigte er seine Studien 1719 und verheirathete sich noch in demselben Jahre in Wien, wo er einen längern Aufenthalt nahm, mit Anna Katharina Schirr, einer Großnichte Melchior Goldast’s. Gleichzeitig trat er mit einem deutschen Epos: „Das glückseelige Schlesien“, Leipzig 1719, 4° auf, welches in glatten, aber langweiligen Alexandrinern voll kriechender Schmeichelei eine versificirte Geschichte Karl’s VI. darstellt. Obwohl in Wien als wohlgefällig approbirt, wurde es in der „Vermischten Bibliothek“ von Menantes (Chr. Fr. Hunold) scharf angegriffen und konnte auch durch „Die Ehre der Schlesischen Poesie und Poeten gründlich und aufrichtig gerettet“, die 1721 anonym in Leipzig erschien, nicht gerettet werden. Inzwischen hatte er auch schon ein lateinisches Epos erscheinen lassen „Silesia ante Piastum: carmen epicum: elaboratum antea, jam recognitum et auctum“, Vratisl. 1720, 8°, wiederum nur eine versificirte Urgeschichte Schlesiens von Ariovist, Marbod, Arminius ausgehend, die Vereinigung der Quaden und Slaven zu einem Volke verherrlichend und dann die polnische Sagengeschichte von Lech bis zu Popiel und zu Piast erzählend, ganz in Claudianischer Manier. Schon am 24. Juli 1720 wird der junge Mann fürstlich ölsnischer Regierungsrath und am 10. Februar 1723 Mitglied des Breslauer Raths. In dieser Stellung verbrachte er fortan sein Leben in der Vaterstadt, wurde 1740 Kämmerer und 1747 Bürgermeister. Die Urgeschichte Schlesiens behandelte er 1722 noch einmal historisch in dem „Regnum Vannianum antiquam Silesiam complectens“, dessen Ergebnisse die Kritik nicht anerkennen kann, da die von den Römern 20 n. Chr. den ehemaligen Gefolgschaften Marbod’s und Katwalda’s, über die sie den Quaden Vannius gesetzt hatten, eingeräumten Landstriche schwerlich in Schlesien zu suchen sind. Die angehängten Lemmata historica sind wichtig, weil sie zuerst die vortrefflichen Schriften des Barth. Stein über Breslau und Schlesien aus dem Anfange des 16. Jahrhunderts ans Licht ziehen. Allmählich gewinnen dann seine Arbeiten festeren historischen Boden. 1723 erscheinen die „Tabulae Genealogicae ducum Superioris et Inferioris Silesiae“ anonym, 1724 mit neuem Titelblatt und Angabe des Verfassers. Die ebenfalls anonym in Frankfurt a. M. 1728 in zwei Bänden herausgekommenen „Genealogischen Tabellen einiger Fürstl. und Gräfl. Häuser in Spanien, Italien, Franckreich und Groß-Brittannien“ sind auch von ihm; ob „Historischer und genealogischer Schauplatz des deutschen Reichs“, Frankfurt 1730, auch [616] sein Werk ist, bleibt zweifelhaft; sicher ist nur, daß er dem Verleger Michael Hubert das Manuscript übermittelt hat. Genealogische Arbeiten lieferte er auch für die schlesischen Grafenfamilien Reichenbach und Schafgotsch, sie sind indeß ungedruckt geblieben. Die Arbeiten von Spieß, Jöcher, das Historische Lexicon, die Europäische Fama u. s. w. erfreuten sich seiner thätigen Unterstützung, er vermittelte die Kenntniß und Benützung Breslauischer Handschriften und führte einen lebhaften Briefwechsel mit Gelehrten, zumal der Göttinger Professor Georg Chr. Gebauer, ein Breslauer Landsmann, scheint ihm nahe gestanden zu haben. Sein Hauptwerk bleibt die große Sammlung der „Scriptores rerum Silesiacarum“, die 1729, 30 u. 32 in Leipzig in drei Folianten erschien, deren dritter den Titel führt „Silesiorum rei historicae et genealogicae accessiones“, trotz der unzuverlässigen, jeder editorischen Sorgfalt entbehrenden Texte des Inhalts wegen noch immer unentbehrlich. Schon Ferd. Ludw. v. Breßler († 1722) hatte eine solche Sammlung geplant; es ist wohl möglich, daß S. das von diesem gesammelte Material überkommen hat, denn er bezeugt an mehreren Stellen eine genaue Bekanntschaft damit. So gut er auch am Wiener Hofe seiner poetischen Verherrlichung des Kaisers wegen angeschrieben war, übte doch der Oberamtskanzler Frhr. v. Brunetti eine sehr scharfe und wiederholte Censur an der Sammlung und erzwang an vielen auf Kirchliches, namentlich die Reformationsvorgänge bezüglichen Stellen weitgehende Streichungen (vgl. Zeitschrift f. Gesch. u. Alterth. Schlesiens XXV, S. 37, s. a. S. 31). S. dachte nach der Eroberung Schlesiens durch Friedrich d. Gr., wo derartige Beschränkungen der Preßfreiheit nicht mehr zu befürchten waren, 1747 an eine neue Ausgabe der Sammlung; sein Freund Gebauer rieth jedoch ab und veranlaßte ihn, nur Zusätze und Verbesserungen dazu zu sammeln und herauszugeben. Ehe dieselben zum Druck gelangten, starb er, und erst sein Schwiegersohn Ernst Samuel Sachs v. Löwenheim hat dieselben, durch eigenen Fleiß erheblich vermehrt, in dem anonymen Buche: „Zur Historie und Genealogie von Schlesien u. s. w.“ Breslau 1785 bis 1790, Stück 1–12, veröffentlicht. Im J. 1750 begann S. eine Sammlung schlesischer Rechte, 1752 drängte ihn der Oberpräsident Graf Münster zu einer synchronistischen Geschichte Schlesiens und der auf dasselbe einwirkenden Länder, wozu derselbe einen eigenen Anfang gemacht hatte. Doch gab S. nach dem Tode des Grafen die Handschrift zurück und setzte die Arbeit nicht fort. Er arbeitete lieber an einem „Genealogischen Schauplatz des Schlesischen Adels. Doch weder diesen noch die Sammlung der Rechte hat die seinen schwachen Körper allmählich auszehrende Kränklichkeit der letzten Jahre zum Abschluß gelangen lassen. Aus seinem Nachlaß hat sein Schwiegersohn nur eine ganz werthlose Schrift: „Schlesien ein Königreich“, Breslau 1784, herausgegeben. Seine reichen Sammlungen, auch sein Briefwechsel, sind verschollen. Zu dem Nachlasse gehörte auch eine „Portugiesische Geschichte“, die S. nur deshalb nicht drucken ließ, weil sein Freund Gebauer den gleichen Stoff bearbeitete. Als Schriftsteller steht S. nicht hoch; seine Dichtungen sind nur gereimte Geschichte, seine Geschichtswerke sind flüchtig und ohne kritische Besonnenheit, doch hat er das Verdienst, rastlos Materialien aufgefunden und zusammengetragen zu haben. Im Amte hatte er den Ruf eines tüchtigen Arbeiters. Die Kränklichkeit der letzten Jahre stimmte ihn religiös, er las und sprach viel über die Unsterblichkeit der Seele und schrieb an einem Buche vom Leben und Sterben eines Christen. Er erreichte nur ein Alter von 58 Jahren.

Hauptquelle für seine Lebensgeschichte und seine litterarische Thätigkeit ist die von seinem Schwiegersohn E. S. Sachs v. Löwenheim verfaßte Memoria, nebst einigen Gelegenheitsschriften, die die Breslauer Stadtbibliothek bewahrt. [617] Dieselbe besitzt auch das Manuscript einer von ihm als Student 1718 nicht ungeschickt ausgearbeiteten Geschichte Deutschlands von Karl V. bis Karl VI.