ADB:Soden, Julius Graf von
Alexander von Brandenburg-Ansbach zum Assessor beim Justizcollegium ernannt. In rascher Reihenfolge durchlief er die unteren Stufen der Beamtenhierarchie und wurde 1781 zum zweiten brandenburgischen Kreisgesandten beim fränkischen Kreise und 1787 zum alleinigen Gesandten und Geheimen Rath ernannt. In dieser Stellung verblieb er bis zur Abtretung von Ansbach und Bayreuth an Preußen (am 16. Januar 1792), nach welcher er in königlich preußische Dienste übertrat und zwar als Kreis-Directorial-Gesandter und preußischer Minister an den Höfen und bei den Ständen des fränkischen Kreises. Schon vorher (1790) war S. in [533] den Reichsgrafenstand erhoben und vom Coadjutor und Statthalter Freiherrn v. Dalberg zum Mitgliede der kurfürstlich Mainzischen Akademie der nützlichen Wissenschaften ernannt worden. Diese letztere Ernennung hängt mit seiner Mitwirkung bei dem Entwurfe des peinlichen Gesetzbuches für Thüringen zusammen. 1793 wurde ihm von dem „dirigirenden Minister“ für die beiden Fürstenthümer, Freiherrn v. Hardenberg, die Regelung der Jagdverhältnisse übertragen, welche unter dem letzten Markgrafen geradezu gemeinschädlich geworden waren, eine Aufgabe, deren er sich mit Glück entledigte. Seines Bleibens in preußischen Staatsdiensten war aber nicht, und er schied aus denselben schon 1796, da seine Ansichten über die deutsche Politik Preußens nicht mit denen der Regierung übereinstimmten.
Soden: Julius Graf v. S. wurde am 4. December 1754 zu Ansbach als der Sohn des markgräflich brandenburgisch-ansbachischen Oberstwachtmeisters und Kammerherrn Heinrich Gabriel v. S. und der Charlotte geb. v. Rauber geboren. Sein Vater entstammte einer alten, ursprünglich in Hannover ansässigen Patricierfamilie, war nach Franken übersiedelt und hier in Militärdienste getreten. Einer seiner Vorfahren, Johann Herrmann v. S. (1623–1702), war Professor der Rechte und Prorector an der Universität Erfurt gewesen. S. verlor seinen Vater schon 1761, und seine Erziehung, sowie die seiner vier Geschwister fiel seiner Mutter zu, welche S. selbst in späteren Jahren als das Ideal weiblicher Tugend schildert. Dieselbe hat auch, obwohl sie schon 1766 starb, nach seinem eigenen Zeugnisse entscheidenden Einfluß auf seine spätere Geistesrichtung genommen. Schon 1771 begann S. seine juristischen Studien auf der Universität Erlangen, die er später in Jena und Altdorf fortsetzte. Nach Vollendung seiner Studien wurde er 1774 vom MarkgrafenObgleich S. schon als Beamter vielfach litterarisch thätig gewesen war, so bereits seine Schrift über den „Geist der peinlichen Gesetzgebung“ und eine ganze Reihe von Dramen, Schau- und Lustspielen veröffentlicht hatte, so beginnt doch seine eigentliche Thätigkeit auf dem Gebiete der Wissenschaft und Kunst erst mit dem Austritte aus dem Staatsdienst. Er zog sich zunächst auf sein Gut Saßanfarth bei Bamberg zurück und errichtete 1802 das noch jetzt bestehende Theater in Bamberg, 1804 jenes in Würzburg, deren Direction er auch durch einige Jahre selbst führte. Er entsagte jedoch bald dieser unmittelbaren Betheiligung am Theater, übersiedelte 1811 nach Erlangen, 1813 nach Nürnberg und widmete sich hauptsächlich nationalökonomischen Studien, zu welchen er die erste Anregung vom Markgrafen Karl Friedrich von Baden empfangen hatte. Seine Thätigkeit auf dem Gebiete der schönen Literatur tritt bis zu seinen letzten Lebensjahren mehr zurück, und es vergeht nun kaum ein Jahr, in welchem nicht ein Werk nationalökonomischen Inhaltes von ihm erschiene. Daneben betheiligt er sich auch als Mitarbeiter an zahlreichen wissenschaftlichen Zeitschriften. Hand in Hand mit seinen theoretischen Arbeiten gehen seine praktischen Bestrebungen. So betrieb er mit Erfolg die Errichtung einer polytechnischen Schule und einer Sparcasse in Nürnberg, während seine Idee, einen Creditverein zur Unterstützung des baierischen Adels zu begründen, nicht zur Ausführung gelangte. In seinem wissenschaftlichen wie in seinem praktischen Wirken fand S. vielfache Anerkennung. Nachdem ihm die Universität Erlangen schon 1811 die Doctorwürde verliehen hatte, wurde er 1813 in die Erlanger ökonomisch-cameralistische Societät aufgenommen und 1824 zum Ehrenmitgliede der königl. Akademie der Wissenschaften in München gewählt. Im J. 1825 übertrugen ihm die adligen Gutsbesitzer des oberen Mainkreises ein Mandat für die zweite Kammer des baierischen Landtages, welches er jedoch schon nach zwei Jahren wegen zunehmender Kränklichkeit niederlegte. In den letzten Jahren seines Lebens, bis zu seinem am 13. Juli 1831 erfolgten Tode widmete S. sich wieder hauptsächlich dramatischen Arbeiten, welche jedoch nicht mehr gedruckt wurden. S. war zweimal vermählt, zuerst mit Beate Freiin v. Pfeil, dann in zweiter Ehe mit Julie Freiin v. Schilling. Der zweiten Ehe entstammte ein Sohn Karl Julius, durch welchen das Geschlecht der Soden fortgepflanzt wurde.
Das Verzeichniß der gesammten Schriften Soden’s umfaßt ungefähr achtzig Bände und enthält sowohl zahlreiche dramatische Arbeiten und Romane, als auch wissenschaftliche Publicationen auf dem Gebiete der Nationalökonomie, der Jurisprudenz, Philosophie und Geschichte. Von seinen Dramen haben sich einige durch längere Zeit im Repertoire der deutschen Bühnen erhalten, eines derselben, „Ines de Castro“, wurde sogar ins Italienische übersetzt, eine dauernde Bedeutung haben dieselben jedoch nicht erlangt. Von seinen juristischen Schriften hat der „Geist der peinlichen Gesetzgebung“ zwei Auflagen (1782 und 1792) erlebt. Dieses Werk gehört der „aufgeklärten“ Richtung jener Zeit an und überragt [534] viele ähnliche Schriften bedeutend. Dabei kann aber S. sich mit den modernen freiheitlichen Institutionen doch nicht so recht befreunden. Nicht nur, daß er den Inquisitionsproceß dem Anklageproceß vorzieht, will er – im Jahre 1792 – die Tortur nicht gänzlich abgeschafft sehen, sondern unter gewissen Bedingungen beibehalten, so gegen geständige oder überwiesene Verbrecher hinsichtlich ihrer Mitschuldigen, wenn die Strafe des erwiesenen Verbrechens einen höheren Grad von Leid in sich faßt, als die Folter enthält (II, 279).
Seinen Ruf hat aber S. begründet durch seine nationalökonomischen Schriften und insbesondere durch sein neunbändiges Werk: „Die Nationalökonomie, ein philosophischer Versuch über die Quellen des Nationalreichthums und über die Mittel zu dessen Beförderung“, 1805–1824 (von den ersten vier Bänden erschien 1815 in Wien ein Nachdruck). Diese neun Bände enthalten jedoch kein einheitliches System, vielmehr ist der vierte Band, der auch den Titel „Lehrbuch der Nationalökonomie zum Gebrauche öffentlicher Vorlesungen“ führt, nichts anderes als eine Zusammenfassung des Inhaltes der drei ersten Bände, während wieder der 5. und 6. Band (Staats-Finanz-Wirthschaft und Staats-National-Wirthschaft) zum großen Theile eine weitere Ausführung des 3. und eines Theiles des 2. Bandes enthält. Der 7.–9. Band (Staats-Polizei, Staats-Nationalbildung und Staats-Administration nach den Grundsätzen der Nationalökonomie) gehören nach ihrem Inhalte eigentlich nicht mehr der Nationalökonomie an. Ueberhaupt stehen der 5.–9. Band den vier ersten Bänden in gewissem Sinne selbständig gegenüber und repräsentiren – obgleich der 5. Band schon 1811 erschienen ist – eigentlich die Ausführung der 1812 erschienenen Skizze „Die Staatshaushaltung“, mit welchem Namen S. die gesammte Verwaltung bezeichnet.
Trotzdem zieht sich durch alle neun Bände ein Grundgedanke als verbindendes Element; es ist der, daß die Nationalökonomie die höchste und die Grundwissenschaft aller Staatskunde sei, und daß ihre Gesetze maßgebend sein sollen für Staatshaushaltung und Staatswissenschaft. Die „Nationalökonomie“ – für welchen Ausdruck S. die Priorität in Anspruch nimmt, obgleich Jakob ihn mindestens gleichzeitig gebraucht hat – ist nach S. eine selbständige „Szienz“, die wohl von Polizei, Staatswirthschaftskunde und Staatswissenschaft zu sondern sei, ein Princip, dem er freilich nicht immer treu geblieben ist. Als Zweck der Nationalökonomie erscheint die Vollkommenheit des physischen Genusses nach ethischen Grundsätzen. Das Ziel der Wissenschaft ist demnach die Auffindung jener Gesetze, nach welchen dieser Zweck erreicht werden kann.
Als Gegenstände der Nationalökonomie bezeichnet S. die Productivkraft und den Stoff, welch letzterer entweder Urstoff oder Productstoff sein kann. Der gesammte vorhandene Stoff bildet das Nationalvermögen, und jener Theil des Nationalvermögens, welcher das augenblickliche Bedürfniß übersteigt, das Capital. S. erkennt den Gegensatz zwischen Stoff (Capital) und Productivkraft (Arbeit) und verlangt deshalb Berücksichtigung des Lohnarbeiters durch den Staat, da ihm sonst der Capitalist Arbeit zu unökonomistischem Preise aufzwingt. Es sollen aber nicht etwa Taxgesetze erlassen, sondern für Vermehrung des Stoffes und verhältnißmäßige Vertheilung desselben gesorgt werden.
In der Production unterscheidet er die drei Kategorieen der Urproduction, der industriellen und der commerciellen Production, von welcher ihm die erstere und insbesondere der Ackerbau als die wichtigste erscheint. In dem Hervorheben des Ackerbaues zeigen sich vielfach Anklänge an die Physiokraten, wenngleich S. die Productivität von Industrie und Handel, ja auch der geistigen Arbeit anerkennt und vertheidigt. Zur Blüthe des Ackerbaues sei möglichst gleichmäßige Vertheilung von Grund und Boden erforderlich, die am besten erreicht werde [535] durch Freiheit des Verkehrs mit Grund und Boden und mit den Rohproducten. In theilweisem Widerspruch damit steht es, wenn S. sich an anderer Stelle (VI. Bd.) für die Aufrechterhaltung der Fideicommisse, für die Festsetzung eines Maximums des zulässigen Grundbesitzes und gegen die zu weit gehende Zerstückelung, namentlich aber gegen den Kornwucher ausspricht. – Zur Ausgleichung der Getreidepreise und zur Vermeidung der Hungersnöthe will S. ein „idealisches Getreidemagazin“ errichtet wissen. Es soll nämlich jeder Grundbesitzer verpflichtet werden, einen aliquoten Theil seiner Ernte aufzubewahren und diesen in schlechten Jahren der Regierung auf Verlangen gegen Bezahlung zur Verfügung zu stellen. Dabei soll der Grundbesitzer aber nicht zur thatsächlichen Aufbewahrung gezwungen, sondern nur verpflichtet sein, jenes Quantum beizustellen. S. hat diese Idee wiederholt und geradezu leidenschaftlich verfochten; klarer und praktischer ist sie aber nicht dabei geworden.
Hinsichtlich der industriellen und commerciellen Production tritt S. als entschiedener Gegner der mercantilistischen Richtung auf, deren Theorie von der Handelsbilanz er wiederholt ausführlich bekämpft. Indem er den weltbürgerlichen, kosmopolitischen Charakter der Nationalökonomie betont, erklärt er sich gegen alle Ausfuhr- und Einfuhrverbote, sowie gegen hohe Zölle, gelangt aber doch nicht zur Forderung vollkommener Handelsfreiheit. Ebenso wenig consequent ist seine Haltung in der Frage der Zünfte. Während er eigentlich der Ansicht ist, daß durch die Freiheit die vollkommenste Entfaltung der industriellen Kräfte herbeigeführt werden könnte, befürchtet er doch andererseits, daß durch die gänzliche Gewerbefreiheit dem Ackerbau zu viel Kräfte entzogen werden könnten, und entscheidet sich daher für Beibehaltung der Zünfte, unter gleichzeitiger Reform derselben.
In der Finanzwirthschaft eifert S. gegen die dermaligen mannigfaltigen Steuersysteme und verlangt eine durchgreifende Reform. Er unterscheidet zwischen persönlichen, in Arbeitsleistungen bestehenden und zwischen Realauflagen. Die ersteren – in gewissem Sinne Staatsfrohnen – empfiehlt er dringend, weil sie angeblich ganz gleichmäßig belasten. Ziel der Realauflagen sei die „Centralisation des Nationalvermögens“ zum Zwecke der Verwandlung desselben in Staatsvermögen. Gegenstand dieser Centralisation ist also die Productivkraft und der Productivstoff, die aber nur im fertigen Producte erfaßt werden können. Deshalb verlangt S. eine einzige Productsteuer, von der aber alle unentbehrlichen Güter auszunehmen sind, so daß sie sich eigentlich zur bloßen Luxussteuer gestalten müßte. Sehr unklar ist dabei das Verhältniß zwischen der Höhe der Auflagen und dem Staatsbedarfe behandelt. Hinsichtlich der Einhebung der Staatsauflage unterscheidet S. zwischen „Selbstverwaltung“ und Verpachtung, welch letzterer er entschieden den Vorzug giebt (IV. Bd.). In seinen späteren Schriften empfiehlt er statt der Verpachtung an Unternehmer die „Verpachtung an die Nation“, wobei jedoch nicht klar wird, was er eigentlich darunter meint. Der Staatscredit soll nach S. nur ausnahmsweise und nur insoweit in Anspruch genommen werden, als nicht mit Auflagen das Auskommen gefunden werden kann. Gegen die Einnahmen aus Staatsdomänen spricht er sich nicht unbedingt aus, wohl aber gegen Monopole und Regalien. Zu den ersteren zählt er sonderbarer Weise auch das Stempelpapier, während er wiederholt Gelegenheit nimmt, von dem „unermeßlichen Nachtheile des Postregals“ zu sprechen. – Daneben verlangt S. für die Staatsfinanzen eine weitgehende Ausgabe von Papiergeld oder – wie er sich ausdrückt – „Papiermünze“ durch die „Mobilisirung des Grundeigenthums“. Es sollen nämlich verzinsliche Banknoten im vollen Werthe aller vorhandenen Grundstücke ausgegeben und den Grundbesitzern zur Verfügung gestellt werden. Ueberhaupt gehört Soden’s Theorie der Umlaufsmittel [536] zu den schwächsten Seiten seines Systems. Er unterscheidet allerdings zwischen dem Vermögensmesser, welchen er Geld, und dem „Ausgleichsvehikel“, welches er Münze nennt, ohne aber zu klaren Begriffen gelangen zu können.
Die kleineren Schriften Soden’s behandeln zumeist Tagesfragen und enthalten vielfach praktische Vorschläge, die – wenn auch nicht ausführbar – doch immer von den besten Absichten für das Wohl des Staates geleitet sind. Dabei enthalten manche dieser Schriften sehr ausgedehnte Citate, was theilwseise die Massenhaftigkeit seiner schriftstellerischen Production erklärt. S. ist wiederholt mit Adam Smith verglichen worden; wohl kaum mit Recht, denn die wahren Verdienste Soden’s sind von denen Smith’s vollkommen verschieden. Soden’s Verdienst besteht darin, daß er zur Verbreitung einer in Deutschland noch fast fremden Wissenschaft wesentlich beigetragen hat, und daß er durch seine breite, wenig präcise aber leicht faßliche Schreibweise Kreise mit den Errungenschaften der französischen und englischen Litteratur bekannt gemacht hat, die ohne ihn wohl kaum etwas von der Nationalökonomie erfahren hätten. Eine positive Förderung hat die Wissenschaft ihm aber nicht zu verdanken. Dazu fehlte ihm die nöthige Gedankenschärfe und vor allem die nöthige Consequenz. Er steht durchweg, wenn er dies auch bestreitet, auf dem Boden der physiokratisch-Smith’schen Richtung. Die freiheitlichen Ideale dieser Richtung konnten ihren Eindruck auf ihn nicht verfehlen, allein, so oft er die letzten Consequenzen aus diesen Freiheitsideen ziehen will, bricht wieder der deutsche, regierungsbedürftige Unterthan, der Beamte und stellenweise auch der Junker hervor, und wenn man glaubt, daß die Forderung nach unbedingter Freiheit kommen müsse, taucht überraschender Weise immer etwas mehr oder weniger Polizeistaat auf. Soden’s System krankt eben an dem Mangel einer einheitlichen, consequent festgehaltenen Idee, denn die Idee, daß die Gesetze der Nationalökonomie alle anderen Zweige der Staatswissenschaft beherrschen sollen, ist an sich in keiner Weise fruchtbar. Dazu kommen aber noch andere Eigenschaften Soden’s, welche den Werth seiner Schriften mehr, als dies sonst der Fall wäre, vermindern: Vor allem eine dilettantische Oberflächlichkeit, welche so weit geht, daß er die Behauptung aufstellt, die Physiokraten setzen einen hermetisch geschlossenen Staat voraus, während er an anderer Stelle wörtlich sagt: „Weiter haben Smith und andere behauptet, die Arbeiten der industriellen Production seien dem Nationalreichthum nicht vortheilhaft, indem sie das Nationalvermögen nicht vermehren“ (IV, 222). In Consequenz dieser Behauptung nimmt er dann für sich das Verdienst in Anspruch, zuerst die Productivität der Industrie und des Handels nachgewiesen zu haben! Eine Folge dieser Oberflächlichkeit sind auch die zahlreichen Widersprüche sowie der Mangel einer streng systematischen Gedankenordnung, welche ihn veranlaßt, die verschiedenartigsten Dinge durcheinander zu werfen. So finden wir bespielsweise in einer Abhandlung über den Staatscredit umfangreiche Auseinandersetzungen über die – Einquartirungslast und über den Vortheil der Schifffahrtscanäle. Der Mangel an echter Wissenschaftlichkeit soll verdeckt werden durch eine unglückselige Sucht nach eigenthümlicher, unverständlicher Terminologie und nach Schematisirung. Die letztere führt zu fast komischen Consequenzen, so z. B. zu „einer zweiten Unterunterabtheilung der Unterabtheilung der ersten Hauptabtheilung“ (VII, 41).
Es wäre unrecht, diese Schwächen Soden’s verschweigen zu wollen, und sein Andenken wird besser geehrt, wenn man sie aufdeckt, als mit bloßen Lobeshymnen; denn der guten und vortrefflichen Eigenschaften, welche trotz alledem in Soden’s Schriften zur Geltung gelangen, sind genug, um jene Flecken zu verdecken: Immer und überall hat er nur das Interesse der Gesammtheit im [537] Auge und ist weit davon entfernt, irgend welches Sonderinteresse zu vertreten, wie dies ja namentlich bei englischen Schriftstellern nur zu oft vorkam. Deshalb mußte ihm auch der Contrast zwischen Capital und Arbeit in die Augen fallen, und er ist einer der ersten, welcher für die Interessen des capitallosen Arbeiters gegen die damals beliebte, rücksichtslose Vertretung des money-interest eingetreten ist. Dabei zeigen seine Schriften reiche Kenntnisse auf allen Gebieten des menschlichen Wissens, wie ja seine schriftstellerische Thätigkeit auf so verschiedenartigen Gebieten fast berechtigt, ihn den alten Polyhistoren anzureihen. Das alles sind Eigenschaften, welche seinen Schriften Verbreitung und Anerkennung gesichert hätten, auch wenn sie nicht von einer Grafenkrone beschattet gewesen wären, und welche ihn selbst mit vollem Rechte den besten seiner Zeit und noch mehr seiner Standesgenossen zuzählen lassen.
Nachstehend ein Verzeichniß der wichtigsten wissenschaftlichen Schriften Soden’s in chronologischer Ordnung: „Entwurf zu einem neuen peinlichen Gesetzbuch für die teutsche Nazion“, 1782; 2. Auflage unter dem Titel „Geist der peinlichen Gesetzgebung“, 2 Bde., 1792; „Deutschland’s Annalen“, 1. Band, 1785; „Cameralistik für den Landadel“, 1784; „Deutschland muß einen Kaiser haben“, 1788; „Propositionen bei einem allgemeinen reichswissenschaftlichen Convent, Träume eines Patrioten“, 1788; „Gedächtnißrede auf Josef II.“, 1790; „Germaniens Schutzgeist an Leopold II.“. 1790; „Gedanken, die Forderungen der Stände des fränkischen Kreises an die Krone Frankreich betreffend“, 1792; „Ueber Nürnberg’s Finanzen“, 1793; „Psyche, über Dasein, Unsterblichkeit und Wiedersehen“, 1794; „Alethia. Ideen“, 1796; „Die Spanier in Peru und Mexico“, Berlin 1794–96; „Die Franzosen in Franken im Jahre 1796“, 1797; „Das agrarische Gesetz“, 1797; „Die Mythologie der Christusreligion“, 1800; „Die Nationalökonomie“, I–V, Leipzig 1805–11, VI–IX, Aarau 1816–24; I–IV auch Wien 1815; „Die Staatshaushaltung“, 1812; Zwei nationalökonomische Ausführungen: a. „Das idealische Getreidemagazin“; b. „Die Nationalhypothekenbank“, 1813; „Die Theuerung vom Jahre 1816“, 1817; „Ueber die Verfassungsurkunde des Königreichs Bayern“, 1819; „Entwurf zu einer Sparcasse“, 1820; „Plan zur Errichtung einer polytechnischen Schule“, 1820; „Der baierische Landtag vom Jahre 1819“, 1821; „Der Maximilians-Canal“, 1822; „Entwurf eines allgemeinen Creditvereines für die größeren Gutsbesitzer im Königreich Bayern“, 1823; „Ideen über die Mittel, das Sinken des Preises der landwirthschaftlichen Erzeugnisse zu hemmen“, 1825; „Merkwürdige Criminal- und Civilrechtsfälle“, 1825; „Ueber annonarische Gesetzgebung“, 1827; „Die Todesstrafe“, 1831. – Außerdem finden sich zahlreiche wissenschaftliche Aufsätze in verschiedenen Zeitschriften zerstreut. Sehr umfangreich sind überdies Soden’s Leistungen auf dem Gebiete der schönen Litteratur; dieselben umfassen nicht bloß eine große Anzahl theils selbstständig, theils in Sammlungen erschienener Theaterstücke, sondern auch einige Romane, sowie mehrere Uebersetzungen aus dem Spanischen des Cervantes und Lope de Vega. Auch hat S. mehrere belletristische Zeitschriften herausgegeben, die aber nicht von langem Bestande waren.
- Die biographischen Daten sind der gütigen Mittheilung des Grafen Karl v. Soden, eines Enkels des hier Besprochenen zu danken.