Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Sleibing, Christian“ von Paul Bahlmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 452–454, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sleibing,_Christian&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 15:06 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Slatius, Heinrich
Nächster>>>
Sleidan, Johann
Band 34 (1892), S. 452–454 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Christian Sleibing in der Wikipedia
Christian Sleibing in Wikidata
GND-Nummer 137185936
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|34|452|454|Sleibing, Christian|Paul Bahlmann|ADB:Sleibing, Christian}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=137185936}}    

Sleibing: Christian S. (Schleibing, auch Sleppinghof genannt), aus Freckenhorst bei Warendorf, Schüler des Timann Kemner zu Münster, war schon zwischen 1535 und 1537 Rector an der Johannisschule, dann an der Domschule zu Osnabrück. Im J. 1543 begab er sich mit seinem Schüler Jasper Schele zu weiterer Ausbildung nach Wittenberg und erwarb dort den Magistergrad. Darauf wurde er Rector in Hannover und Prediger an der dortigen Aegidien-Kirche, kehrte aber auf Wunsch des Rathes nach Osnabrück zurück, wo er als Rector an der Franciscanerschule und seit 1548 als Prediger an St. Johann thätig war. Infolge der Einführung des Interims mußte er letzteres Amt noch in demselben Jahre niederlegen und ging ein halbes Jahr später als Rector nach Herford. In Osnabrück verfiel inzwischen die Domschule immer mehr, und bei der Unmöglichkeit, gute Lehrer katholischer Confession zu finden, bot das [453] Capitel auf Rath des Scholasters Herm. Bravius, der die Schule gern wieder in Flor bringen wollte, dem zwar als Lutheraner aber auch als tüchtigen Pädagogen bekannten S. das Rectorat der Domschule abermals an, das er denn auch unter der Zusicherung freier Religionsübung für sich und seine lutherischen Collegen 1553 übernahm und bis zu des Bravius Tode (1555) mit großem Erfolg verwaltete. Daß er sich trotzdem unter des Bravius Nachfolger, dem strengen Papisten Giseke Budde nicht lange würde halten können, sah S. voraus. Bevor man ihn abdankte, zog er freiwillig nach Bremen, doch führten ihn die Hardenberg’schen Händel über die Abendmahlslehre (s. A. D. B. X, 559) schon nach zwei Jahren (1557) nach Osnabrück, wo er ein eigenes Haus besaß, zurück. Aber lange sollte S. hier auf Beschäftigung nicht warten. Dem Drängen des Rathes nachgebend, mußte ihm das Domcapitel zum dritten Male die Leitung der Domschule übertragen und dabei ausdrücklich zugestehen, auch in der Religion das zu lehren, was er mit gutem Gewissen vor Gott und der christlichen Gemeinde glaube verantworten zu können; nur die Schriften Luther’s durften nicht gelesen werden, S. selbst aber sollte nicht verbunden sein, sie zu verwerfen. Obgleich hieran auch nichts geändert wurde, als 1559 Budde zum Domcantor ernannt und dem neuen Scholaster Sander Morrien vom Bischof ausdrücklich aufgegeben war, die Schüler zum Gehorsam gegen die katholische Kirche und den römischen Stuhl zu erziehen, legte S. sein Amt doch 1560 nieder, um der wohlverdienten Ruhe zu pflegen. Als jedoch 1562 Johann Pollius entschlief, der S. zu seinem Nachfolger als Pastor primarius an der Katharinen-Kirche gewünscht und empfohlen hatte, trat er diese Stelle auf Begehr des Kirchspiels zwar an, gab sie aber, da sie ihm, der „einem Soldaten gliche, der seine Jahre ausgedienet hätte“, zu beschwerlich fiel, 1564 an den vom Rathe vorgeschlagenen Domcaplan Wilh. Voß wieder ab. Auch die dann auf Betreiben des Bürgermeisters Ludolf von Horsten, des Rathsherrn Hammacher und des Secretärs Gernberg fast wider seinen Willen ihm übertragene Superintendentur legte er schon 1565 aus Verdruß darüber nieder, daß der Rath das auf seinen eigenen Befehl von ihm aufgesetzte und außer von Voß von allen anderen Predigern unterschriebene Bekenntniß der Osnabrücker Theologen nicht zum Symbol einer Osnabrückischen Kirche erheben wollte. Sleibing’s Freunden kam diese Resignation recht unerwünscht, der Rath aber, in dem des Voß Anhänger die stärksten waren, nahm sie zum Befremden der Bürgerschaft ruhig an, trotzdem Sleibing’s Schwiegersohn, der später durch seine Hexenprocesse bekannt gewordene Rudolf Hammacher (s. Mittheilungen des histor. Vereins zu Osnabrück X, Osnabr. 1875, S. 101 ff.), inzwischen Bürgermeister geworden war. So starb er, der wiederholt Rector und Prediger gewesen, ohne jedes öffentliche Amt am 27. October 1566. Sein Epitaphium lautete nach Theoder Lilien’s geschriebener Chronik:

Osnabruga suis, Herfordia, Hannovera sponte
Bremaque rectorem me statuere scholis,
Firmantem studio studium juvenile fideli,
Emerita donec jam rude dignus eram.
Jussit me Osnabruga suisque Hannovera templis
Salvifici purum dogma sonare Dei.
Sic ego Christianus Sleibingius exantlatum
Hic posui summam corpus ad usque tubam.
At mens, quae didicit docuitque et credidit ante,
A facie faciem cernit ubique Deum.

Die Frau Sleibing’s war eine Tochter des Osnabrücker Rathsherrn Jodocus Wesselmann, seine Tochter Anna, wie bereits erwähnt, die Gattin Hammacher’s; sein Sohn starb als Student der Rechte in Wittenberg (s. Urb. Pierii der verwitweten Mutter gewidmete Leichenpredigt). Die meisten Nachrichten über S. [454] verdanken wir dem berühmten Historiker Hamelmann, dessen Lehrer er an der Johannisschule gewesen.

Vgl. Strodtmann im Programm des Raths-Gymnasiums zu Osnabrück v. 1869, S. 4, 8, 11, 12. – C. Stüve, Gesch. des Hochstifts Osnabrück. Th. II. Jena 1872. S. 91, 193, 201.