Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Simen, Johann Peter“ von Cölestin Wolfsgruber in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 348–349, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Simen,_Johann_Peter&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 15:55 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 34 (1892), S. 348–349 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Kein Wikipedia-Artikel
(Stand Mai 2019, suchen)
Johann Peter Simen in Wikidata
GND-Nummer 100408508
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|34|348|349|Simen, Johann Peter|Cölestin Wolfsgruber|ADB:Simen, Johann Peter}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=100408508}}    

Simen: Johann Peter S., geboren zu Alveneu im Kanton Graubünden, wurde bei St. Stephan in Wien nacheinander Levit, Cooperator, Curat, endlich am 1. April 1759 Kanonikus. 1775 zum Dompropste ernannt, sollte er als solcher am 4. Juni installirt werden, starb aber am 1. d. „am Steckfluß“, 60 Jahre alt. Es charakterisirt das rein geistliche Wirken Simen’s gewiß als ein anerkennenswerthes, daß ihn die Kaiserin zum Beichtvater ihrer Prinzen Ferdinand und Maximilian bestimmte. Der Schwerpunkt der Wirksamkeit Simen’s liegt in seinem Verhältnisse zu Unterricht und Censur. Am 28. November 1743 zum Doctor der Theologie promovirt, erscheint S. in den Universitätsacten 1747 f. und wieder 1752 f. als Procurator der rheinischen Nation, 1756 f. als Decan der theologischen Facultät (Wappler, Geschichte der theologischen Facultät. Wien 1884, S. 482). Eben um diese Zeit vollzieht sich die gänzliche Umgestaltung des österreichischen Unterrichtswesens (Arneth, Die Wiener Universität unter Maria Theresia, 1879, S. 14 ff.). Wir treffen S. in der Commission, welche sich zur Berathung von Studienangelegenheiten bildete und 1760 von der Kaiserin als Studienhofcommission bestätigt wurde. Schon 1759 erschien diese Körperschaft, deren Seele van Swieten war, vollzählig vor der Kaiserin und bat um die Absetzung der Directoren der theologischen und der philosophischen Facultät, welche Jesuiten waren, indem die Societät die Hauptursache des Verfalls der Schule gewesen sei (Kink, Geschichte der kaiserl. Universität zu Wien, 1854, I, 493). Die Kaiserin willfahrte dem Ansuchen; P. Frantz, der bisherige Director der philosophischen Studien, trat ab und Kanonikus S. an seine Stelle (10. September 1759). Die philosophischen Lehrgegenstände umfaßten Logik, Ethik und Metaphysik; 1763 wurde aber von der Ethik eine Lehrkanzel der Polizei- und Cameralwissenschaften abgelöst und dem Jos. v. Sonnenfels übertragen. Doch war man mit dem Stande der Studien keineswegs zufrieden. Kaum war van Swieten todt, so begann eine gründliche Umgestaltung insbesondere auch der philosophischen Facultät, woran aber S. keinen Antheil mehr hatte, weil am 24. December 1774 Hofrath Kollar an seine Stelle als Director der philosophischen Studien getreten war. Hingegen wurde S. am 3. Juni d. J. durch Regierungsdecret zum Kanzler der Universität bestellt und 1766 f. war er Rector derselben. Es war jedoch dies Jahr keineswegs ein ereignißreiches. Die Universitätsmatrikel führt nur an, daß die ganze Universität zu den öffentlichen Gebeten um die Genesung der an den Blattern erkrankten Kaiserin in der Stephanskirche erschienen sei, nach Erhörung der Bitten am 17. Juni in der Jesuitenkirche feierlichen Dankgottesdienst gehalten habe und am 10. Juli zum Handkusse zugelassen worden sei.

Wie in der Studienhofcommission S. ganz in den Ideenkreis van Swieten’s gebannt ist, mit ihm erscheint und verschwindet, so verhält es sich auch mit seiner Stellung zur Bücher-Censurcommission. Seitdem van Swieten Präsident dieses Collegiums geworden war (10. März 1759), galt es ihm als nächstes [349] Ziel, die Jesuiten aus demselben zu entfernen (Fournier, Gerhard van Swieten als Censor, 1877, S. 47). In den ersten freien Platz rückte S. ein; schon 1760 gab es nur mehr einen Censor aus der Societät, die nach vier Jahren auch diesen letzten Einfluß verlor. Das war für die Ziele van Swieten’s bedeutungsvoll. Denn nunmehr war die Wehre beseitigt, welche das Einströmen von Büchern und Thesen, die einen gänzlichen Umschwung in den kirchenrechtlichen Auffassungen hervorbrachten, am festesten verhindert hatte. Wer aber den Begriff des Rechtes bestimmt, der bestimmt nothwendig auch den der Pflicht. Durch die rechtsbeflissene Jugend kamen diese neuen Auffassungen in die Kanzleien. Dies trat sofort bei der Beurtheilung von Hontheim’s Febronius hervor. Van Swieten konnte der Kaiserin die Versicherung geben, dieses Buch sei von den theologischen Censoren gelesen und gutgeheißen worden. Nicht so bald war van Swieten gestorben (18. Juni 1772), als S. um Entlassung aus dem Collegium der Censoren bat und sie auch erhielt.

Es konnte nicht fehlen, daß der Kanonikus S. wegen seiner Haltung in Censur und Unterrichtsfrage mit seinem Erzbischofe Migazzi in Conflicte kam. Wir haben eine Ausschreibung, in welcher sich S., den der Ordinarius „zu sich berufen, zur Rede gestellt und auch schriftlich zu eröffnen anbefohlen hat, wie er sich in der Commission betragen“, rechtfertigt (Wolfsgruber, Card. Migazzi, 1891, S. 390). Auch beleuchtet es das bisherige Verhältniß der geistlichen Mitglieder der Censur zum Erzbischofe, daß dieser unmittelbar nach van Swieten’s Tod das Decret erwirkte (9. October 1772), selbe sollten dem Ordinario allzeit Rede und Antwort zu geben schuldig und von ihm keineswegs excipirt sein, auch sich bei ihm in vorkommendem Zweifel anzufragen haben.