ADB:Seutter, Johann Georg Freiherr von

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Artikel „Seutter, Johann Georg von“ von Richard Heß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 68–70, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Seutter,_Johann_Georg_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 26. April 2024, 11:15 Uhr UTC)
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Seutter: Johann Georg v. S., Freiherr, Forst- und Finanzmann; geboren am 13. Juni 1769 zu Altheim (bei Ulm), † am 24. December 1833 zu Ludwigsburg. Er war Sohn des Patriciers und Oberforstmeisters der freien Reichsstadt Ulm Albrecht Ludwig S. von Litzen, erhielt seinen ersten Unterricht theils durch Hofmeister, theils von dem Ortsgeistlichen und bezog hierauf 1787 das Gymnasium zu Ulm. Ursprünglich sollte er sich der Rechtswissenschaft widmen, obgleich er von frühester Jugend ab eine besondere Liebhaberei für das Jagd- und Forstwesen hatte; allein sein Geschick nahm infolge eines tragischen Zufalles eine andere Wendung. Sein Vater stürzte nämlich am 4. October 1789 so unglücklich vom Pferde, daß alsbald der Tod eintrat, und dieser Umstand führte ihn, wegen gänzlicher Mittellosigkeit der Familie, dem forstlichen Berufe zu. Der Magistrat von Ulm sicherte ihm, im Hinblick auf die hervorragende und erfolgreiche Thätigkeit seines Vaters, für später das Oberforstamt Altheim zu, gestattete ihm zur fachlichen Vorbereitung hierfür eine fünfjährige Frist und unterstützte ihn auch noch mit einem Stipendium. Mit froher Zuversicht konnte er daher dem forstlichen Studium sich zuwenden. 1790 trat er zu diesem Behufe in die hohe Karlsschule zu Stuttgart ein. Nach deren Absolvirung widmete er sich als „Jagdjunker“ bei dem Markgrafen (späteren Großherzoge) von Baden zu Karlsruhe auch der Erlernung und dem Betriebe des Jagdwesens, prakticirte zugleich in dem nahen Grötzingen im Forstwesen und lernte inzwischen auch den Flößereibetrieb auf der Murg zu Gernsbach kennen. So vorbereitet übernahm [69] er 1795 das inzwischen für ihn verwaltete Ulmische Oberforstamt Altheim und ergab sich, anfangs nicht ohne Zagen, ganz dem Dienste, in welchem er bald heimisch wurde. Bereits 1796 entwarf er einen (1797 im Drucke erschienenen) Plan über den Bestand und die jährliche Benutzung sämmtlicher Ulmischer Waldungen und im Jahre 1800 auch eine „Reichsstadt-Ulmische Forstordnung nebst angehängter Instruction für den Jäger und Holzwärter“, welche der Magistrat nach vollzogener Prüfung 1801 genehmigte und am 27. August 1802 zum Gesetze erhob. Nachdem Ulm noch in demselben Jahre an die Krone Bayern gefallen war, wurde ihm 1803 ein Ruf als Rath der kurfürstlichen General-Landesdirection nach München zu Theil; er kehrte aber auf Ansucben schon nach wenig über zwei Monaten als „Forstinspector“ wieder nach Ulm zurück, um den dortigen Waldungen seine organisatorische Thätigkeit von neuem zuzuwenden. Mit dem Entwurf einer Forstorganisation nach den von ihm bezeichneten Grundsätzen beauftragt, legte er eine solche bereits 1804 vor, welche 1805 in Vollzug gesetzt wurde; es folgten „Dienstinstructionen für das Königl. Bayerische Forstpersonal“ (1806) und als Nachtrag hierzu eine „Anleitung zu Anlage und Behandlung der Saam- und Baumschulen“ (1807). Nachdem die Stadt Ulm infolge der politischen Ereignisse 1810 unter württembergische Oberhoheit gekommen war, wurde er als Oberforstmeister des neugebildeten Ulmer Oberforstes bestätigt und wegen seiner Verdienste um denselben von dem Könige Friedrich 1811 in den erblichen Freiherrnstand erhoben; Als ihn das Vertrauen der Krone 1817 auf den verantwortungsvollen und schwierigen Posten eines Directors des königlichen Forstrathes nach Stuttgart berufen hatte, gedachte er anfangs, dieser ehrenvollen Berufung aus Anhänglichkeit an seinen seitherigen Wirkungskreis zu entsagen; jedoch besiegte seine Loyalität für das Herrscherhaus seine ursprünglichen Bedenken. Seine Befähigung zum Organisiren und Reformiren, welche er in rastloser Thätigkeit schon zu Gunsten der Ulmischen Waldungen entwickelt hatte, fand nun ein ausgedehnteres Feld. Schon durch Edict vom 7. Juni 1818 wurde die von ihm ausgearbeitete Reorganisation des württembergischen Forstwesens publicirt und in Vollzug gesetzt. Kurze Zeit darauf folgten neue Dienstinstructionen für das Forstpersonal und andere auf das Forstwesen sich beziehende Reglements, durch welche eine neue Aera für Württemberg eingeleitet wurde. Allerdings befriedigten die neuen Einrichtungen nur so kurze Zeit, daß auf Grund commissarischer Berathung (durch Forsttechniker und Staatsmänner) schon 1822 bezügliche Veränderungen getroffen werden mußten. 1824 wurde er – wegen Reduction des Forstrathes in Stuttgart – zum Director der Finanzkammer des Neckarkreises in Ludwigsburg ernannt, wo er bis zu seinem Tode wirkte.

Trotz der ihm in allen diesen Stellungen obliegenden großen Arbeitslast und seiner vielseitigen Thätigkeit als Verwaltungsbeamter entfremdete er sich doch zu keiner Zeit den Wissenschaften und veröffentlichte zahlreiche Werke und Aufsätze, wobei ihm namentlich die Ansichten seines Lehrers, des Professors Dr. Johann Leonhard Späth, als Vorbild dienten. Sein Lieblingsstudium waren zwar die Naturwissenschaften, insbesondere die Forstbotanik, welche er sogar nach einem neuen System behandelte; der größte Theil seiner Schriften bewegte sich aber in den Gebieten der Forstverwaltung und Forstverfassung, bezw. Forstdirectionslehre (oder Forstpolitik). Seine bezüglichen Grundanschauungen weichen nicht wesentlich von denjenigen G. L. Hartig’s (A. D. B. X, 659) und J. Ch. F. Meyer’s (A. D. B. XXI, 599) ab, da er mit seinen Lehren ebenfalls ganz auf dem Boden der absoluten Forsthoheit und des Handelssystemes stand. Inbezug auf die Staatswaldfrage gehörte er anfangs zu den Fürsprechern des Staatswaldbesitzes, empfahl sogar den Erwerb von Privatwalduugen von seiten des Staates. Später änderte er aber seine Ansicht; wenigstens redete er [70] der Vererbpachtung der Staatswaldungen für den Fall das Wort, daß der Wald die Kosten nicht mehr rentire. Man kann ihn vielleicht geradezu als den Begründer der staatswirthschaftlichen Forstkunde ansehen. Alles in Allem war er überhaupt mehr Verwaltungsmann, als eigentlicher Forsttechniker. Da seine Schreibweise überdies etwas gelehrt und nicht leicht verständlich war, fanden seine litterarischen Kundgebungen bei dem forstlichen Publicum nicht die erwartete Aufnahme und Verbreitung. Seine selbständigen Werke, welche wohl nur noch historischen Werth haben, sind, – abgesehen von den bereits genannten – in chronologischer Aufzählung folgende: „Ueber Wachsthum, Bewirthschaftung und Behandlung der Buchwaldungen“ (1799); „Versuch einer Darstellung der allgemeinen Grundsätze der Forstwissenschaft nach ihren Verhältnissen zur Staats-, Cameral- und Landwirthschaft“ (1804); „Tarif zur Preisbestimmung der Bau- und Werkholzstämme“ (1806); „Vollständiges Handbuch der Forstwissenschaft“ [1. Theil in 2 Bänden. 1. Band a. u. d. T.: „Allgemeine Ansicht der Forstwirthschaft und Regeln der Holzzucht und Holzverwerthung“ (1808); II. Band: „Die Forstbotanik“ etc. (1810). Die beiden ursprünglich geplanten anderen Theile erschienen nicht]; „Ansichten über das Studium der Forstwissenschaft mit vorzüglicher Beziehung auf das Königreich Bayern“ (1809); „Grundsätze der Werthsbestimmung der Waldungen und ihre Anwendung zur Würdigung des Werths der Forstwirthschaft eines Staates“ (1814); „Ueber die gegenwärtige Theuerung der Brotfrüchte und anderer Lebensmittel, ihre Ursachen und die Mittel ihrer Abwendung und künftigen Verhütung“ (1817); „Theorie der Erzeugung und Verwendung des Düngers und seiner Surrogate“ (1819); „Ueber Steuerbewilligung und Besteuerung in Württemberg“ (1819); „Ueber die Einführung der Hackwaldwirthschaft in einigen Gegenden des Königreichs Württemberg, mit besonderer Beziehung auf die Abhandlung: Prüfung der Cotta’schen Baumfeldwirthschaft nach Theorie und Erfahrung“ (1820); „Abriß der gegenwärtigen Forstverfassung Württembergs nebst Darlegung einiger bis jetzt für die Administration erhaltenen Resultate“ (1820); „Die Staatswirthschaft auf der Grundlage der Nationalökonomie, in ihrer Anwendung auf innere Staatsverwaltung, und die Begründung eines gerechten Auflage-Systems“ (1823; 3 Bände); „Ueber den Bestand und die Behauptung des Forst-Regales“ (1824); „Ueber die Verwaltung der Staatsdomänen, sowie der Domänen-Gefälle und Rechte“ (1825). Außerdem lieferte er staats- und forstwissenschaftliche Aufsätze und sonstige Beiträge zur Tages-Litteratur. – Seine bedeutenden naturwissenschaftlichen Sammlungen wurden nach seinem Ableben von dem Staate für die forst- und landwirthschaftliche Akademie Hohenheim angekauft.

Laurop und Fischer, Sylvan 1822, S. 3 (Selbstbiographie). – Gwinner, Forstl. Mittheilungen I, 1. Heft, 1838, S. 1 (Nekrolog). – Monatschrift für das württembergische Forstwesen 1855, VI, S. 112. – Ratzeburg, Forstwissenschaftl. Schriftstellerlexikon, S. 470. – Bernhardt, Gesch. des Waldeigenthums etc. II, S. 50, 66, 173, 253, 263, 266, 278, 297, 360, 362; III, S. 78 u. 80. – Roth, Geschichte des Forst- und Jagdwesens in Deutschland, S. 622. – Heß, Lebensbilder hervorragender Forstmänner etc., S. 340.