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Artikel „Schwerin, Ulrich von“ von Gottfried von Bülow in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 33 (1891), S. 426–427, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schwerin,_Ulrich_von&oldid=- (Version vom 19. Dezember 2024, 10:20 Uhr UTC)
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Schwerin: Ulrich v. S., pommerisch-wolgastischer Großhofmeister, zweiter Sohn des Joachim v. S. von der Linie Putzar auf Altwigshagen und der Ottilie v. Bredow, zählt nicht nur zu den hervorragendsten Gliedern seines Geschlechts, sondern ist auch der einflußreichste Mann seiner Zeit in Pommern. Schon 1534 befindet er sich als Rath und später als Hofmarschall in der Umgebung des Herzogs Philipp I. von Pommern-Wolgast (s. A. D. B. XXVI, 31) und hat als solcher einen bedeutenden Antheil an der Regierung des Landes. So wurde ihm 1547, als des schmalkaldischen Krieges wegen Rüstungen im Lande stattfanden, die Oberleitung der kriegerischen Angelegenheiten übertragen. Nach dem frühen Tode des Herzogs 1560 einigten sich die Stände dahin, daß der Herzoginwittwe Marie und ihren fünf Söhnen das Regiment gemeinsam zu übertragen sei; bei der Unmündigkeit der letzteren aber sollten neben den Vormündern ein Hofmeister und einige erfahrene Männer, die beständig am Hofe zu verweilen hätten, der Herzogin mit Rath und That zur Seite stehen, also eine Art Ministerialcollegium. Zum Hofmeister wurde sehr gegen seinen Willen S. erwählt, und alsbald berief ihn auch Herzog Barnim XI. (s. A. D. B. II, 79) von Pommern-Stettin, der Oheim und erste Vormund der jungen Fürsten, zum Vorsitzenden des Collegiums. Schon daraus geht seine Bedeutung als Staatsmann hervor; noch ersichtlicher wird sie dadurch, daß er – unter dem vorher wie nachher ganz ungebräuchlichen Titel als Großhofmeister – bis an seinen Tod sogar unter einem so selbstbewußten Fürsten wie Herzog Johann Friedrich (s. A. D. B. XIV, 317) der Inhaber der höchsten Staatswürde und der Leiter der inneren und äußeren Angelegenheiten des Landes geblieben ist; ähnlich wie Werner v. d. Schulenburg unter Herzog Bogislav X. (s. A. D. B. III, 48). [427] Wie streng er auch in weniger bedeutenden Fällen auf Durchführung der ergangenen Befehle hielt, erhellt daraus, daß auf den Jahrmärkten zu Friedland i. M. und Neubrandenburg er die verbotenen schmalspurigen Wagen mit eigener Hand zerschlug. Ein besonderes Verdienst gebührt dem Großhofmeister um die Neugestaltung der kirchlichen Verhältnisse des Landes. Schon früher hatte er an den zur Festigung der reinen Lehre wiederholt berufenen Kirchensynoden den lebhaftesten Antheil genommen; seit 1560 gehörte er auch dem durch Herzog Barnim XI. berufenen Ausschuß an, der über die neue pommersche Kirchenordnung zu berathen hatte; ebenso nahm er sich der Hebung des Schulwesens an und trug Sorge für die wissenschaftliche Ausbildung der jungen pommerschen Prinzen Ernst Ludwig und Barnim auf der Universität zu Wittenberg. Auf eine ernste Probe wurde Schwerin’s Tüchtigkeit während des siebenjährigen nordischen Krieges 1563–70 gestellt, in welchem die für Pommerns Existenz hochwichtige baltische Frage zum ersten Mal laut wurde. Hier standen auf der einen Seite der jedem entschiedenen Auftreten abgeneigte Herzog Barnim XI. und seine von Thatendrang erfüllten jungen Großneffen, namentlich Herzog Johann Friedrich, auf der andern die kriegführenden Mächte, unter denen Dänemark und Lübeck eine für Pommern immer feindlicher werdende Haltung zeigten. Die geographische Lage des Landes, die Rücksicht auf dessen commercielle Hülfsquellen und geringe militärische Macht nöthigten aber zur strengsten Neutralität, und während das Reich das entfernte Grenzland im Stich ließ, ist es des Großhofmeisters Verdienst, die demselben drohenden Gefahren klug vermieden zu haben. Der Stettiner Congreß von 1570 vermochte nicht, die baltische Frage zu beseitigen, beendete aber wenigstens den Krieg, in welchem Pommern die Rolle des Ambos zugetheilt war; doch wurden bei der hierbei verursachten Entfremdung Pommerns vom Reich schon jetzt auf handelspolitischem Gebiet die Fäden geknüpft, welche ein halbes Jahrhundert später den Anschluß Pommerns an Schweden erleichterten. – Als Herzog Barnim XI. im J. 1568 die Absicht kund gab, sich ganz von der Regierung zurückzuziehen, hatte S. die vorbereitenden Verhandlungen mit den Nachfolgern, Herzog Johann Friedrich und dessen Brüdern zu leiten; auch ist es sein Verdienst, daß der Erbausgleich zu Jasenitz vom 3. Februar 1569 zwischen den jungen Fürsten in verständiger, allem Zwist vorbeugender, auf das Wohl des Ganzen zielender Weise zu Stande kam. – S. war auch ein tüchtiger Landwirth und hob und vermehrte den ererbten Besitz in ansehnlicher Weise. In Spantekow, dem alten Familiensitz, baute er 1558 bis 1567, gemahnt durch die Kriegsstürme in den Nachbarländern, ein mit Wällen und Gräben in wehrhaften Zustand gebrachtes festes Schloß, das im dreißigjährigen Krieg den Kaiserlichen große Hindernisse bereitete. Dies und anderweite Erwerbungen, sowie zahlreiche Verbesserungen auf den Gütern beweisen, daß er in sehr guten Vermögensverhältnissen sich befand, wie er denn den Herzogen von Pommern und Mecklenburg erhebliche Vorschüsse an Geld zu leisten vermochte. S. vermählte sich vor dem Jahre 1530 mit Anna v. Arnim, die ihm sieben Söhne gebar, für deren wissenschaftliche Ausbildung er eifrig Sorge trug. Er starb wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des Jahres 1575; sein und seiner ihn überlebenden Gattin steinerne Standbilder schmücken noch heut das Thor von Schloß Spantekow.

Barthold, Geschichte von Pommern und Rügen. – Gollmert und v. Schwerin, Geschichte des Geschlechts von Schwerin, Berlin 1878. – Blümcke, Pommern während des nord. siebenjähr. Kriegs, Stettin 1890.