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Artikel „Schwerdtfeger, Johann“ von Heinrich Pröhle in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 33 (1891), S. 420–421, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schwerdtfeger,_Johann&oldid=- (Version vom 26. April 2024, 17:24 Uhr UTC)
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Schwerdtfeger: Johann S., ein durch seinen sogenannten Entzückungstraum im Jahre 1733 bekannt gewordener Landmann. Er war in dem durch die Thätigkeit Salchmann’s (s. A. D. B. XXX, 208) während des dreißigjährigen Krieges merkwürdigen halberstädtischen Dorfe Hornhausen bei Groß-Oschersleben 1695 geboren. 1733 litt er an einer Brustkrankheit und an Fieber, empfing das Abendmahl zur Vorbereitung auf den Tod und glaubte sich bald darauf zweimal in die andere Welt versetzt. Nun erzählte er dem Pastor Kern, er sei wahrhaftig vor Gericht gewesen, das Herz habe ihm gebebt und er habe Höllenpein empfunden. Da habe er sich nach Christo umgesehen. Gleich bei der Anklage habe er gesehen, daß ein Mann ihm zur Seite am Tische mit dem schwarzen Buche gestanden habe. Doch sei er mit einem Schatten umgeben gewesen. Da es aber bei dem Verdammungsurtheile geblieben wäre, so habe er geseufzt: „Wo ist denn Christus, der Vermittler zwischen Gott und den Menschen?“ worauf er den Augenblick seine Gestalt erblickt und ihn mit weinenden Augen umarmt habe, darauf ihn denn der Mittler auf das freundlichste angesehen und das Buch zugeschlagen habe. Christus habe ihn zur Rechten zu den heiligen Engeln geführt, ein Jubelgeschrei sei durch den ganzen Himmel gegangen und er habe starke Paukenschläge mit Trompeten „und einer dreinstimmenden Musik“ gehört. Der Himmel habe sich aufgethan und er sei ganz geblendet worden, das Fürstenthum Halberstadt sei Koth und Dreck dagegen. Seinen nochmaligen (wirklichen) Tod sagte er für zwei Tage später voraus und zwar für die Nacht, was nach Kerns’s Berichte vom 22. Nov. 1733 an das Consistorium zu Halberstadt dann auch eingetroffen sein soll. Daran schloß sich dann der theologische Streit im Jahre 1734. Walch in Jena soll den Traum für eine wirkliche „göttliche Entzückung“ gehalten haben. Die Acta historico-ecclesiastica des Hofpredigers Colerus in Weimar dagegen erinnerten mit Recht schon an eine verwandte Geschichte, die Plato erzählt. Ganz ähnlich ist die Sage von Adalbert dem Landmann aus der katholischen Zeit dem Schwerdtfeger’schen Entzückungstraume. Adalbert der Landmann berichtet auch über die Höllenstrafen ähnlich wie Dante, wovon sich aber doch auch bei S. noch eine Andeutung findet. Um die Zeit kurz vor dem Regierungsantritte Friedrich’s des Großen war der Entzückungstraum zu Hornhausen nicht der einzige. Doch kann der Entzückungstraum des Domküsters zu Berlin ebensowenig als der Traum Adalbert’s des Landmanns aus früherer Zeit als vollkommen beglaubigt gelten. Der Entzückungstraum des Domküsters ist vielleicht nur dem gut beglaubigten von S. nachgeahmt. Jedenfalls [421] ist der Traum des Domküsters der jüngere, da er auch in die Politik übergeht. Er beutet auch die Lehnin’sche Weissagung aus, jedoch nicht zur Bekämpfung, sondern zur Verherrlichung der Hohenzollern. Wir müssen annehmen, daß bis zum Regierungsantritte Friedrich’s des Großen im Volke, das noch die Kraft zur Hervorbringung echter Sagen und Volkslieder besaß, auch die Prophetengabe und ähnliche Wunder bei einzelnen Personen nicht bezweifelt wurden, wovon diese Entzückungsträume die letzten schwachen Ausläufer sind. S. aber verhält sich zu Klopstock ähnlich wie Adalbert der Landmann zu Dante.

H. A. Pröhle, Chronik von Hornhausen, S. 147–156, wo auch die Streitschriften nach Colerus angeführt sind. – Die Sage von Adalbert dem Landmann bei H. Pröhle, Rheinlands schönste Geschichten und Sagen, S. 69 bis 73, vergl. Vorwort S. V. – Ueber den Entzückungstraum des Domküsters H. Pröhle, Lehnin’sche Weissagung.