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Artikel „Schwab, Johann Baptist“ von Franz Xaver von Wegele in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 33 (1891), S. 155–157, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schwab,_Johann_Baptist&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 04:44 Uhr UTC)
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Band 33 (1891), S. 155–157 (Quelle).
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Schwab: Johann Baptist S., Theologe und Geschichtschreiber. Geboren am 3. Januar 1811 zu Haßfurt am Main (Unterfranken), besuchte er nach Absolvirung des Gymnasiums (seit dem Herbst 1829) die Universität Würzburg, um sich dem Studium der Theologie zu widmen. Am 15. März 1834 zum Priester geweiht, wurde er zuerst Caplan bei St. Burkard in Würzburg und [156] darauf an der Pfarrkirche zu Amorbach (Unterfranken), weiterhin Religionslehrer am k. Gymnasium zu Aschaffenburg, woran sich die Verwesung der Pfarrei Eschendorf (BA. Gerolzhofen Unterfr.) reihte. Inzwischen war am maßgebenden Orte die Ansicht durchgedrungen, daß S. für eine gelehrte Laufbahn berufen sei. Bereits im J. 1839 hatte er die Würde eines Doctors der Theologie erworben und wurde das Jahr darauf (20. October) zum außerordentlichen Professor des Kirchenrechts und der Kirchengeschichte an der theologischen Facultät der Universität Würzburg ernannt. Es kann kein Zweifel sein, daß mit dieser Ernennung ein warmer Wunsch Schwab’s sich erfüllte, sowie daß er damit auf den rechten Platz gestellt war, was wohl auch durch die Thatsache Bestätigung erhielt, daß er bereits am 9. April 1841 zum Ordinarius für dieselben Fächer befördert wurde. Es verdient vielleicht aus allgemeinen Gründen angeführt zu werden, wie gering der Gehalt war, mit welchem in jener Zeit an einer oder der anderen Hochschule ein Professor angestellt wurde. S. begann z. B. mit 600 Fl. und rückte im Verlaufe von zehn Jahren bis zu 1000 Fl. vor. Mit seinem Lehramte war mehr zufällig die Function des Universitätspredigers verbunden, für welche eine mäßige Entschädigung verwilligt war. Das merkwürdige ist nun, daß gerade an diesem seinem Nebenamte sich S.’s ferneres Schicksal entwickelte. S. war, wie das seine Schriften bezeugen, ein wirklicher Gelehrter und zum Schriftsteller berufen, er war zugleich ein liberaler Theologe und eine ächte deutsche Natur. Die theologische Facultät in Würzburg hatte bisher keinen ausgeprägten, wenigstens keinen exclusiven Charakter an sich getragen. Es nahte sich aber jetzt die Zeit, in welcher im Zusammenhange mit dem allgemeinen Gang der Dinge und der in Deutschland siegreich vordringenden römischen Reaction auch diese Facultät den Wechsel der Dinge zu empfinden bekommen sollte. Der damalige Bischof von Würzburg hatte im Collegium germanicum zu Rom seine Schulung erhalten und entschloß sich oder ließ sich bestimmen, an S. ein Beispiel zu statuiren, mit a. W., die Facultät sollte epurirt werden. Das Verfahren, das nun gegen ihn beliebt wurde, kann nicht gerade als ein nobles bezeichnet werden. Man verlangte von S. eine Erklärung der Unterwerfung, die einer Selbstanklage gleichkam, die er jedoch ablehnte. Man ist begierig, die Anklagen, die man gegen ihn vorbrachte und deren Motivirung kennen zu lernen. Diese waren nun in der That der nichtigsten Art. Zunächst waren es die nachgeschriebenen Hefte seiner Zuhörer und aus dem Zusammenhang gerissene, mißverstandene Stellen aus denselben, deren Correctheit S. mit Recht nicht gelten ließ. Noch größeres Mißfallen hatte er aber durch seine Predigten erworben, die sich zwar die längste Zeit nicht besondern Zudrangs von Seite der Studirenden, wohl aber des gebildeten Publicums der Stadt erfreuten. Es war freilich auch eine unerträgliche Kühnheit, wenn er, nach seinen eigenen Worten, dabei eine „Versöhnung des kirchlichen Bewußtseins und der wissenschaftlichen Weltanschauung“ anstrebte. Im Herbste 1848 hatte er ein Programm erscheinen lassen „Ueber das Verhältniß der christlichen Beredsamkeit zur antiken“, das, von aller Einseitigkeit frei, sich in derselben Tonart bewegte und für die Vorurtheilslosigkeit seines Geistes Zeugniß ablegt. Unter den angedeuteten Umständen konnte er sich nicht mehr darüber täuschen, daß seine Entfernung von der Professur eine beschlossene Sache sei. Es wurde ihm aber schwer, sich von dem Lehramte überhaupt zu trennen, er wendete sich daher (am 20. November 1850) in einer Eingabe an das königliche Cabinet mit der motivirten Bitte, ihn in Anbetracht der Verhältnisse in die philosophische Facultät zu versetzen, und führte darin aus, für welche Lehrfächer derselben er sich besonders befähigt halte. Diese Eingabe blieb jedoch Monate lang ohne Bescheid, während die philosophische Facultät, um ihre Meinungsäußerung befragt, die Erklärung abgab, daß eine Vermehrung der Lehrkräfte in der angedeuteten Weise [157] durchaus überflüssig erscheine, was bei näherem Zusehen und bei der Betrachtnahme der Schriften Schwab’s gerechte Verwunderung erregen dürfte. Endlich erfolgte – durch das Ministerium Ringelmann – der entscheidende Schlag: S. wurde durch ein Decret vom 2. Mai 1851 nach § 19 Absatz 2 der Verfassungsbeilage brevi manu als Professor in den Ruhestand versetzt und durch ein Ministerialrescript vom 28. Mai desselben Jahres der Function eines Universitätspredigers enthoben. Der Universitätssenat, wenn er auch, so viel die Acten sagen, vor der Entscheidung nicht für die bedrohte Unabhängigkeit der Corporation eingetreten ist, hat wenigstens ein würdiges Wort der Theilnahme an den unfreiwillig aus ihrer Mitte Scheidenden gerichtet. So war also dem charaktervollen, geächteten Manne die Muße aufgedrungen, seine Qualification zu der ihm entzogenen Stellung vor aller Welt zu erweisen und damit seine Gegner erst recht in das Unrecht zu setzen. Es sind zwei Hauptwerke, die er in dem ihm noch beschiedenen Jahrzehnt ausgeführt hat und die seinen Namen in den Kreisen der unabhängigen Wissenschaft auf lange hinaus lebendig erhalten werden. Im J. 1858 erschien in breiter Ausführlichkeit seine „Geschichte des Johannes Gerson, Kanzler der Universität Paris“ und im J. 1869 die Schrift „Franz Berg, geistlicher Rath und Professor der Kirchengeschichte an der Universität Würzburg“. Das erstere Werk behandelt den hochwichtigen Gegenstand in erschöpfender Weise und zeichnet sich durch gerechtes und unabhängiges Urtheil aus. Das zweite erweist sich in der That als ein „Beitrag zur Charakteristik des katholischen Deutschlands zunächst des Fürstbisthums Würzburg im Zeitalter der Aufklärung“ und ist aus der Fülle des lehrreichsten und ergiebigsten handschriftlichen Materials hergestellt. Es hat seinem Verfasser auch in weiteren Kreisen wohlverdiente Anerkennung eingetragen. Man hatte Grund, aus Schwab’s Feder noch mehrere werthvolle Arbeiten zu erwarten, jedoch seine Tage waren gezählt, ein gefährliches Halsleiden, das sich seit längerer Zeit angemeldet hatte, brachte ihm am 25. März 1872 den Tod.

Nach den Originalacten der Universität Würzburg.