ADB:Schulz von Straßnitzki, Leopold Ludwig

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Schulz v. Strasznitzki, Leopold Ludwig“ von Johann Schulz von Strasznitzki in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 755–761, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schulz_von_Stra%C3%9Fnitzki,_Leopold_Ludwig&oldid=- (Version vom 28. November 2024, 06:25 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 32 (1891), S. 755–761 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Kein Wikipedia-Artikel
(Stand September 2013, suchen)
Leopold Schulz von Straßnitzki in Wikidata
GND-Nummer 138344949
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|32|755|761|Schulz v. Strasznitzki, Leopold Ludwig|Johann Schulz von Strasznitzki|ADB:Schulz von Straßnitzki, Leopold Ludwig}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=138344949}}    

Schulz: Leopold Ludwig S. v. Strasznitzki, cameralistischer Schriftsteller, wurde in Wien am 5. October 1743 geboren als zweiter Sohn des Porzellanmalers Anton S., der bei der Gründung der Wiener Porzellanfabrik mitbetheiligt war und dann als der erste die Emailmalerei in Wien einführte und zu weiter Verbreitung brachte. Anton S. war aus der Stadt Rössel in dem damals zum Königreiche Polen gehörigen Antheile Ostpreußens, nämlich dem Ermeland, nach Oesterreich ausgewandert, in welcher Stadt, soweit sich dies überhaupt verfolgen läßt, seine Vorahnen in dem ununterbrochenen Besitz des erblichen Amtes eines Scabin (Schulzen) waren, so daß deren eigentlicher Familienname mit der Zeit völlig verloren ging und sie nur nach ihrem Berufe genannt wurden. Leopold S. besuchte das Gymnasium, hörte dann die vorgeschriebenen Vorlesungen in den sogen. philosophischen Jahrgängen und absolvirte hierauf das rechts- und staatswissenschaftliche Studium an der Universität zu Wien, in welchem letzteren auch Martini, Gaspari und Sonnenfels seine Lehrer waren. Insbesondere Sonnenfels nahm an dem fähigen und strebsamen jungen Mann lebhaften Antheil, und bestimmte ihn im J. 1766, sich um die in der Errichtung begriffene Lehrkanzel der Polizei- und Cameralwissenschaften in Klagenfurt zu bewerben, die ihm, nachdem sein umfangreiches schriftliches Elaborat als das beste erkannt wurde, und er auch bei der durch mehrere Stunden andauernden, von drei Räthen der Hofkammer, der Commerzhofstelle und der Hofkanzlei und von Sonnenfels vorgenommenen strengen mündlichen Prüfung vorzüglich entsprochen hatte, trotz mannichfacher gegen ihn angesponnener Intriguen, die schließlich die Monarchin selbst, die Kaiserin Maria Theresia, durchkreuzte, unter Gewährung eines Jahresgehaltes von 700 fl. und eines jährlichen Betrages von 100 fl. zur Anschaffung der nöthigen Bücher mit der allerhöchsten Entschließung vom 5. März 1768 endlich verliehen wurde. Da alle Exemplare des Werkes von Sonnenfels über Polizeiwissenschaft bereits vergriffen waren, ließ S. sofort einen „Auszug aus den Polizeisätzen des Herrn von Sonnenfels, zum Gebrauche der öffentlichen Vorlesungen in Klagenfurt“ drucken, welcher der Neuheit wegen begierig gekauft wurde, und zur Grundlage für den Anfang seiner Vorlesungen diente. Bei der in der Burg abgehaltenen Antrittsvorlesung über den zum ersten Male eingeführten Gegenstand, zu dessen Studium anfänglich alle Kategorien von Verwaltungsbeamten und später auch die richterlichen Beamten von der Regierung verhalten wurden, waren der Landeshauptmann Graf Kuenburg, sämmtliche landeshauptmannschaftliche Räthe und sonstigen Beamten, der ganze Adel und alle Notabilitäten der Stadt anwesend, und frequentirten viele, unter ihnen auch der Landeshauptmann selbst, die Vorlesungen bis zum Ende des Schuljahres. Zu Anfang des Monats November 1768 wurde S. die Secretär- oder Actuariatsstelle bei der k. k. Agriculturgesellschaft in Kärnten übertragen, wofür er auf Grund eines Hofdecretes jährlich 200 fl. Remuneration bezog. Mit allerhöchster Entschließung vom 19. November 1771 wurde den Professoren gestattet, feierliche Disputationen unter allerhöchstem Schutze mit vorzüglichen Hörern vorzunehmen, von welcher Erlaubniß S. sowohl in Klagenfurt, als auch später besonders in Olmütz zu wiederholten Malen Gebrauch machte, bei welchen Gelegenheiten er eine größere Anzahl von kleineren Schriften herausgab, von welchen jene „Ueber die Verminderung der Feiertage“ die erste war. Ungeachtet der vielen Schwierigkeiten und Gehässigkeiten der Jesuiten, gegen die er in den ersten Jahren anzukämpfen hatte, weil sie die Vorträge über seinen Gegenstand selbst an sich reißen wollten, rechnete S. die vier Jahre in Klagenfurt bis zu seiner mit allerhöchster Entschließung vom 22. August 1772 erfolgten Versetzung auf den Posten eines Universitätsprofessors der politischen Wissenschaften in Olmütz zur schönsten Zeit seines Lebens, und trennte sich nur sehr ungerne von Land [756] und Leuten, die ihn lieb gewonnen hatten und anhänglich blieben, so daß sich sein Abschied zu einer wahrhaft rührenden Scene gestaltete.

Auch für Olmütz wurde ihm der Gehalt nur mit 700 fl. zugemessen, und bedurfte es einer Audienz bei der Kaiserin und einer Verfügung derselben, daß er die 200 fl., die er in Klagenfurt noch außerdem hatte, behalten durfte. Aus Anlaß seiner Uebersiedlung hielt er sich einige Tage in Wien auf, und wurde da von dem Minister noch darauf aufmerksam gemacht, daß er bei dem zufällig in Wien anwesenden Kanzler der Olmützer Universität, Domherrn Baron Schubirž, seine Aufwartung machen könnte. Gleich bei dem ersten Zusammentreffen mit diesem Herrn, der der unversöhnlichste Feind von S. werden sollte, und es zeitlebens blieb, verletzte er ihn ganz unabsichtlich dadurch, daß er ihn abwechselnd[WS 1] „Hochwürden“ und „Herr Baron“ titulirte, während derselbe beanspruchte, mit „Gnädiger Herr“ angeredet zu werden, in welcher Weise ihm, wie S. zu seinem größten Erstaunen dann wahrnahm, in der That von Seite der Olmützer Universitätsprofessoren ohne alle Ausnahme begegnet wurde. Völlig im Widerspruch mit dem Willkomm, der ihm in Klagenfurt zu Theil ward, fand er in Olmütz durchaus keine freundliche Aufnahme. Für die Antrittsvorlesung wurde ihm der Festsaal verweigert, weil er kein Doctor der Universität sei, und seinen Gegenstand in deutscher und nicht in lateinischer Sprache vortrage; in dem ihm hierfür angewiesenen düsteren Locale machten die Schuljungen durch Ein- und Auslaufen beständig Unruhe, so daß er unwillig seinen Vortrag abbrechen mußte; auf seine Beschwerde darüber wurde ihm bedeutet, daß das so Sitte in Olmütz sei. Zum Theil war dieser üble Empfang den Jesuiten zuzuschreiben, denen der Boden unter ihren Füßen zu wanken anfing, und deren Orden schon im nächsten Jahre 1773 im Monate October von Papst Clemens XIV. aufgehoben ward. Da sie in dieser Zeit noch im Besitz des größten Theiles der der philosophischen Facultät angehörigen Lehrkanzeln waren und sie ihre Position zu festigen strebten, beanspruchten sie in gleicher Weise die in die philosophischen Studien eingereihten Lehrkanzeln der politischen Wissenschaften, was sie ebenso in Olmütz, wie in Klagenfurt zu erreichen suchten; in Linz wurde dieses Fach von einem Mitgliede ihres Ordens vorgetragen, es kam aber bald wieder davon ab. Bald aber brachte es S. dahin, daß nach Ausbleiben der aufgehetzten Unruhestifter, die Zuhörer, denen es ernst mit dem Studium war, und unter denen sich Bürger der Stadt und wiederum mehrere Staatsbedienstete befanden, seinen Vorlesungen mit Interesse und Aufmerksamkeit folgten, und sind aus dieser seiner Schule so manche angesehene und hervorragende Beamte des österreichischen Verwaltungsdienstes ausgegangen. Nach Weisung des Hofdecretes vom 29. Mai 1773 wurde S. ohne alle strengen Prüfungen zum Doctor der Philosophie und der freien Künste der Olmützer Universität promovirt, welche Anordnung ihm neuerlich Widerwärtigkeiten von Seite des Baron Schubirž eintrug, und erst am 7. November 1774 in Vollzug gesetzt wurde. Durch seine unablässigen Bemühungen und Insinuationen, die Baron Schubirž mit ausdauerndem Eifer in Wien betrieb, gelang es ihm endlich, daß die aus dem Rector, dem Kanzler und den Directoren der drei Facultäten für Olmütz bestehende Studiencommission durch das Hofdecret vom 1. October 1774 aufgehoben, und er zeitweilig mit der alleinigen Leitung der Universität betraut wurde; die ihm mitgegebenen Pläne der drei Facultäten, die nunmehr eingeführt werden sollten, erklärte er für Olmütz nicht anwendbar, und schaltete nun nach völliger Willkür, seine Berichte gingen unmittelbar nach Wien und bekam das Landesgubernium in Brünn nur Abschriften davon. Mit Hofkanzleidecret vom 19. Juli 1776 wurde S. intimirt, daß Ihre Majestät demselben „in Ansehung sowohl seiner rühmlichen Eigenschaften, als auch der von ihm als öffentlicher Lehrer der Polizei- und Cameralwissenschaften [757] zu Olmütz bisher bezeigten eifrigen Verwendung und Geschicklichkeit den kais. königl. Rathstitel unentgeltlich a. g. beizulegen geruht haben. Und es verbleiben Ihre Majestät mit kaiserl. königl. und erzherzogl. Gnaden demselben wohlgewogen“. Von dem patriarchalischen Geist der Kaiserin zeugt es, daß sie auf dem betreffenden Act eigenhändig niederschrieb: „Ich resolvire den Schulz; es muß ihm geholfen werden; ich weiß, er hat keine Mittel; es sind ihm also alle Taxe nachzusehen, und überhaupt aller Vorschub zu leisten“. Schon oben wurde erwähnt, daß S. einen Auszug aus den Polizeisätzen von Sonnenfels drucken ließ. Dieser äußerte sich über denselben wörtlich folgendermaßen: „Dieser Entwurf ist recht gut, recht gar gut, besonders zum Präpariren; ich wünschte, daß ich ihn schon lange gehabt hätte, und daß er ihn von der Handlung und von der Finanz auch machte; ich will ihn allen meinen Zuhörern empfehlen.“ Dem Verfasser dieser Lebensskizze liegt ein Exemplar der von S. bearbeiteten, den ganzen Stoff enthaltenden, bei dem Buchhändler Johann Georg Gastl zu Brünn in der Sattlergasse im J. 1791 erschienenen Broschüre vor, betitelt: „Tabellarischer Entwurf über die Grundsätze der Polizei, Handlung und Finanz, vom Herrn Hofrathe v. Sonnenfels zu dem Leitfaden des politischen Studiums. Nach der fünften verbesserten und vermehrten Auflage“. An diesen Grundriß hielt sich S. bei seinen Vorlesungen. Die fortgesetzten Chicanen und Eigenmächtigkeiten des Baron Schubirž gegen die Professoren und insbesondere gegen S., der sich vermöge seiner selbständigen Natur nicht so zu schmiegen und zu bücken wußte, wie so manche Andere, bestimmte endlich das mährische Landesgubernium, einen seiner Räthe zur Untersuchung der Verhältnisse an der Universität nach Olmütz abzuordnen, der auch zwei vertrauenswürdigen Professoren diesfällige Aeußerungen abverlangte, die jedoch bloß zu seiner Privatinformation und zu keinem weiteren amtlichen Gebrauch dienen sollten. Dessen ungeachtet wurden die zwei Aeußerungen und eine von S. verfaßte, gleichfalls ihm abverlangte, durch ihre scharfe Sprache höchst merkwürdige umfängliche Darstellung des Verfalls der Olmützer Universität und der Ursachen desselben von dem Gubernium der Studienhofcommission vorgelegt, wo der Inhalt der erwähnten Schriftstücke geradezu Aufsehen erregte, so daß sich der davon unterrichtete Schubirž eilends nach Wien aufmachte, um den üblen Eindruck zu verwischen. Diesmal aber hatte seine Vertheidigung keinen Erfolg, und schlugen alle seine Vorstellungen fehl; voll Ingrimm trat er seine Rückreise nach Olmütz an, und wurde während derselben in Nikolsburg am 14. Februar 1777, nachdem er wieder in den Postwagen eingestiegen war, von einem Schlaganfall getroffen, der in wenigen Minuten seinen Tod herbeiführte. Nach einer nochmaligen, von einer Hofcommission durchgeführten eingehenden Untersuchung wurde sodann neuerlich eine Studiencommission in Olmütz eingesetzt.

Aus Anlaß der Transferirung des Theresianums von Wien nach Brünn, und nachdem die Weisung ergangen war, ein nach strenger Ordnung einzurichtendes Priesterhaus dort zu organisiren, und da es nahe lag, die betreffenden und die damit in Zusammenhang stehenden Anstalten unter die nähere Aufsicht des Guberniums zu bringen, entschloß sich die Regierung, die Universität mit dem Beginn des Schuljahres 1777–78 von Olmütz nach Brünn zu verlegen. Mit Diplom vom 6. October 1778 wurde S. mit Stimmeneinhelligkeit zum Mitglied und Beisitzer der k. k. Gesellschaft des Ackerbaues und der nützlichen Künste im Markgrafenthume Mähren ernannt. Unter dem 4. November 1778 wurde S. ein Decret des Guberniums eingehändigt, durch welches ihm mitgetheilt ward, Ihre Majestät haben „in Anbetracht, daß zu besserer Aufnahme des Studii der Cameral- und Polizeiwissenschaften und forthiniger Aufrechterhaltung der guten Ordnung und des Fleißes bei demselben in mehreren Ihro Erblanden [758] eigene Protectores dieses Studii aufgestellet seien, bei nunmehriger Uebersetzung der Universität von Olmütz nach Brünn (mit a. h. Entschließung vom 26. September 1778) auch daselbst die Aufstellung eines Protectoris der Cameral- und Polizeiwissenschaft zu resolviren, und hierzu den Obristlandrichter Herrn Grafen von Mittrowsky in Rücksicht seiner bekannten besonderen Einsicht und Neigung zu deren Wissenschaften a. g. zu ernennen geruht“, zu welcher allerhöchster Entschließung von S. selbst durch ein bei der Kaiserin eingebrachtes Majestätsgesuch die Anregung ausgegangen war. Zu Beginn des Jahres 1779 wurde S. als Beisitzer der unter dem Präsidium des Grafen Mittrowsky für Brünn eingesetzten Studiencommission bestellt. Am 2. November 1780 wurde er für das Schuljahr 1780–81 zum Decan der philosophischen Facultät gewählt. Laut Hofdecret vom 14. September 1782 wurde, nachdem das Theresianum bereits im Mai desselben Jahres nach Wien zurückverlegt worden war, die Universität in Brünn vom Kaiser wieder aufgehoben und angeordnet, daß in Olmütz in Hinkunft nur ein Lyceum bestehen solle. In der Anzahl und dem Umfange der vorzutragenden Gegenstände trat aber deswegen keine Aenderung ein; gerade so wie in Brünn wurden vom Schuljahre 1782–83 auch in Olmütz die theologischen, juristischen, medicinisch-chirurgischen und philosophischen Collegien in der bisherigen Ausdehnung abgehalten. Die Vorträge von S. hatten von nun außer seinen Lehrfächern auch „einen statistischen Abriß der Provinzialverfassung nebst dem Geschäftsstil in sich zu fassen“. Zu Beginn des Schuljahres 1782–1783 wurde S. wieder zum Decan der Philosophie für dieses Jahr gewählt. Am 4. November 1784 endlich wurde er zum Rector des Lyceums in Olmütz gewählt, und hatte gleich im Beginn dieser seiner Function mit der Ordnung der alten und neuen Acten und Bücher der bestandenen Universität und des jetzigen Lyceums viel zu thun, da ihm von dem Exrector Alles in Pausch und Bogen, ohne in Fascikel eingetheilt und ohne zusammengebunden zu sein, und auch ohne ein Verzeichniß, buttenweise ins Haus geschickt wurde. Er unterzog sich dieser mühevollen Arbeit, rubricirte, concipirte, mundirte, expedirte und registrirte sämmtliche Schriftstücke selbst und verfaßte eine diesbezügliche Instruction, die von der Behörde genehmigt und dem nachfolgenden Rector zur Richtschnur vorgezeichnet wurde, der aber schon einen Kanzlisten zu seiner Beihülfe erhielt. Nachdem die Lehrkanzeln der politischen Wissenschaften den juristischen Facultäten und Directionen zugetheilt worden waren, und daher die Professoren dieser Lehrkanzeln Doctoren der Rechte werden mußten, erhielt S. von der Universität in Wien unter dem 29. März 1785 das ordentliche Diplom als Doctor der Rechte.

Am 14. September 1787 wurde S. ein Decret vom Gubernium zugestellt, mit welchem ihm eröffnet wurde, daß nach Inhalt eines unterm 29. August 1787 dahin gelangten Hofdecretes sich „Seine Majestät über eine von den Lehrern der politischen Wissenschaften eingereichte Bittschrift um Bestimmung der Ordnung, nach welcher sie eine Beförderung anzusprechen hätten, zu entschließen geruht haben: Den Lehrern der politischen Wissenschaften sei zu ihrer Beruhigung die Versicherung zu geben, daß, da ihre theoretischen und praktischen Berufskenntnisse ihnen die vorzügliche Fähigkeit zu Kreisämtern verschaffen, sie auch eine Anstellung zu denselben nach ihrem Dienstalter beanspruchen können, ihnen also freistehe, sich in vorkommenden Erledigungsfällen bei den Länderstellen gehörig zu melden“. Am 8. December 1787 bekam S. ein Schreiben von Sonnenfels, das gleich damit anfing, daß Seine Majestät ihn (S.) zum Kreishauptmann des Brünner Kreises ernannt habe. Als Sonnenfels sich dafür bedankte, habe der Kaiser bemerkt, „daß S. uns nur Ehre mache“ und dann, „daß er ein Vater des Landvolkes sei, das ihm anvertraut wird“. Die Zustellung dieses vom 13. December 1787 datirten, in böhmischer Sprache abgefaßten [759] Ernennungsdecretes, sowie des in böhmischer und in deutscher Sprache zu verlautbarenden Kreishauptmannspatentes verzögerte sich jedoch bis zum 19. Januar 1788, da es einerseits seinem Amtsvorgänger, Grafen Althan, dem wegen seiner Geschäftsgebahrung zu wiederholten Malen Verweise vom Gubernium ertheilt worden waren, mit der von ihm eingereichten Resignation nicht Ernst war, und andererseits der Kreishauptmann Graf Trauttmansdorff in Tarnow nach Brünn übersetzt werden wollte, und die Sache zu seinen Gunsten zu wenden hoffte. Als sich Sonnenfels aus diesem Grunde neuerlich zum Kaiser verfügte, entgegnete dieser: Noch habe ich kein Gesuch von Trauttmansdorff erhalten, bekomme ich es aber auch, so bleibt doch der S. in Brünn. Am 24. Januar 1788 wurde in der Rathssitzung des Guberniums von S. der Eid als Gubernialrath und Kreishauptmann abgelegt, und vollzog er dann am 29. Januar 1788 seine letzte Lehramtshandlung mit der Semestralprüfung seiner Schüler, mit der er seine zwanzigjährige Laufbahn im Lehramte abschloß. Da S. wegen seines Mangels an praktischen Erfahrungen weder vom Gubernium noch von der Hofkanzlei in Vorschlag gebracht war, hieß es in der allerhöchsten Entschließung, daß er „sich die praktischen Kenntnisse ganz leicht und in kurzer Zeit ebenfalls beilegen werde“. S. rechtfertigte diese kaiserliche Erwartung in vollem Maße, erlernte bald den Dienst in seinem gesammten Umfange und im Detail kennen, bereiste seinen Kreis zuerst allein und dann mit dem Gouverneur Grafen Ugarte, der nach der elftägigen Inspectionsreise seine Befriedigung und Anerkennung der getroffenen Verfügungen und Veranstaltungen mündlich und schriftlich ausdrückte; ebenso erwarb sich S. bald die Zufriedenheit aller sonstigen Behörden und die Zuneigung der Bevölkerung. Kurz vor seinem Tode las Kaiser Joseph in einem Rathsprotokoll der Hofkanzlei, daß der Kreishauptmann zu Hradisch in Mähren habe prügeln lassen; fast zu der gleichen Zeit überreichten auch bei ihm diese Mißhandelten und mit ihnen vier Gemeinden der Herrschaft Strasznitz ihre Beschwerde, daß ihnen ihre eigenthümlichen Wiesen und Grundstücke von der Obrigkeit gewaltsam entrissen worden seien, und das Kreisamt die Obrigkeit hierbei unterstützt habe. Der Kaiser befahl sogleich, die Sache zu untersuchen; aber sowol der vom Gubernium dazu designirte Kreishauptmann in Prerau, als auch der Kreishauptmann in Iglau verschanzten sich hinter Vorwänden, um mit der Angelegenheit nichts zu thun zu haben. Da wurde dann schließlich S. mit dieser heikeln Mission betraut, die er nach Ueberwindung von geradezu unglaublichen Schwierigkeiten und Hindernissen, die ihm von der Gutsinhabung und deren Bediensteten, sowie von der von der Obrigkeit abhängigen Geistlichkeit und selbst von den Beamten des Kreisamtes und des Guberniums fortwährend in den Weg gelegt wurden, in der Art zur Austragung brachte, daß ihm von der Hofkanzlei unter dem 12. October 1792 eröffnet wurde, Seine Majestät haben die von dem Herrn Kreishauptmann abgeführte Untersuchung, „wobei sich derselbe durch Gründlichkeit, Unbefangenheit und Standhaftigkeit gegen die obrigkeitlichen Umtriebe und Einstreuungen besonders ausgezeichnet hat, mit vollkommenen allergnäd. Wohlgefallen aufzunehmen und daher gnädigst zu befehlen geruht, daß dem Herrn Kreishauptmann über dieses so mühsame, im Zuge der Verhandlungen demselben so sehr verbitterte Commissionsgeschäft die allerhöchste Zufriedenheit zu erkennen gegeben, und zur ferneren Aufmunterung die Zusicherung ertheilet werden soll, daß Seine Majestät auf denselben nach Zeit und Gelegenheit besondere Rücksicht zu nehmen sich allermildest vorbehalten. Welches demselben zur angenehmen Wissenschaft mit dem Beisatze hiermit eröffnet wird, daß Seine Majestät sich gnädigst versehen, derselbe werde das Finalliquidations- und Ausgleichungsgeschäft, wegen dessen Uebernahme demselben durch den Weg der vorgesetzten Landesstelle die [760] weitere Weisung zukommen wird, mit gleicher Genauigkeit einzuleiten, mit gleichem Eifer zu betreiben, und mit der bereits bewiesenen Standhaftigkeit so bald als möglich vollkommen zu berichtigen beflissen sein“. Die Untersuchung war in sechs bis sieben Wochen vollständig beendigt worden, und arbeitete dann S. durch beiläufig vierzehn Tage an seiner voluminösen Relation. Das Gubernium aber ließ den Act gegen anderthalb Jahre, nämlich vom September 1790 bis zum März 1792 liegen, bis es seinen eigenen Bericht an die Hofstelle erstattete, in dem sie manches Abfällige gegen S. vorbrachte. Aus Anlaß dieser Untersuchung wurde ihm der erbländische Adel angetragen, den er jedoch damals ablehnte. Späterhin gab er den Bitten seiner Söhne nach und bat, nachdem er schon längst in Pension war, um Verleihung des Adelstandes, in den er mit dem vom Kaiser Franz eigenhändig unterzeichneten Diplom vom 6. April 1808 in besonderer Erinnerung an seine ehrenvolle Thätigkeit in Strasznitz mit dem Prädicate „von Strasznitzki“ erhoben wurde.

Als im J. 1796 Westgalizien von Oesterreich erworben wurde, war es der Regierung sehr daran gelegen, tüchtige und eingeschulte Beamte für das Gubernium in Krakau zu erlangen, und wurde daher auch der an maßgebenden Orten als der „berühmte und beliebte Kreishauptmann“ bekannte S. ins Auge gefaßt und zufolge des Hofdecretes vom 5. Mai 1796 von Seiner Majestät „in Rücksicht seiner stattlichen Dienstkenntnisse, ausgezeichneten bisherigen Dienstleistung und stets rühmlichen Verwendung“ zum Gubernialrathe in Westgalizien mit dem systemmäßigen Gehalte von 2000 fl. ernannt. Er fand dort nach allen Richtungen die zu jener Zeit berüchtigte polnische Wirthschaft. Der Studien- und der sogenannte Educationsfonds zur Heranbildung von Lehramtscandidaten waren gänzlich passiv, so daß die Professoren schon seit drei Jahren keine Gehalte bezogen. S. erreichte es, daß wenigstens den weltlichen Professoren ein vierteljähriger Gehalt vorschußweise angewiesen wurde; doch schon im nächsten Quartal war ein solcher Vorschuß aus der Cameralcasse nicht mehr nöthig, und wurden in wenigen Jahren durch Eintreibung von ausständischen Forderungen und Revindication von Realitäten für den Studienfond, sowie für den Educationsfonds über 40 000, im ganzen 90 000 fl. jährliche Einkünfte erzielt. Der Geistlichkeit, die eine Menge Immunitäten und Begünstigungen genoß, wurde bedeutet, daß sie wie der Clerus in den deutschen Erblanden werde behandelt werden. S. trug auch Sorge dafür, daß deutsche Schulen errichtet wurden, die sich auch wirklich mit der Zeit über die ganze Provinz verbreiteten. Nachdem im J. 1803 die Vereinigung von Westgalizien mit Ostgalizien beschlossen worden war, und der Tarnower Kreishauptmann, nunmehrige Gouverneur Graf Trauttmansdorff für die kurze Zeit bis zur Auflösung des westgalizischen Guberniums die Leitung desselben S. überlassen hatte, wurde derselbe an seinem Geburtstag, nämlich am 5. October 1803 mit Rücksicht auf seine Gesundheit, die in dem rauhen Klima Galiziens sehr gelitten hatte, nach 351/2jähriger Dienstleistung mit dem vollen Activitätsgehalte und Zugestehung einiger anderer Begünstigungen in den wohlverdienten Ruhestand versetzt, und verlebte die Zeit bis zu seinem am 4. Febr. 1814 im 71. Lebensjahre erfolgten Tode mit seinen zwei unverehelicht gebliebenen Töchtern in seiner Vaterstadt Wien. – Dieser treffliche Mann mit seinem edlen Charakter, seiner eisernen Pflichttreue, seinem unbeugsamen Gerechtigkeitssinne, voll Liebe für seine Mitmenschen kann wohl als eine Verkörperung des Spruches gelten: „Thue Recht und scheue Niemand.“ Seine Frau, geborene Antonie v. Schönauer, mit der er 35 Jahre in der glücklichsten Ehe lebte, war schon im J. 1802 in Krakau gestorben, und war auch ihr das galizische Klima durchaus nicht zuträglich. Von seinen vier Söhnen war einer (Martin) Regierungsrath und Studienreferent der niederösterreichischen Landesregierung, ein [761] anderer (Leopold) Kreishauptmann in Troppau. An seinen zwei Enkeln, dem nachherigen k. k. Oberfinanzrath Dr. jur. Joseph Schulz v. Strasznitzki und dem Professor der Elementar- und höheren Mathematik am k. k. polytechnischen Institut in Wien, Dr. phil. Leopold Schulz v. Strasznitzki, vertrat er Vaterstelle.

Außer den oben angeführten Druckwerken wurden von S. noch herausgegeben: „Lehrsätze und Fragen aus der Einleitung in die Staatswissenschaft und der sämmtlichen Polizei“ (1774); „Von den Pflichten eines angehenden und eines wirklichen Staatsbeamten“ (1777); „Ueber Verhinderung mancher Unglücksfälle in Städten“ (1779).

(de Luca,) Das gelehrte Oesterreich. Ein Versuch. (Wien 1778, v. Trattnern, 8°) I. Bd., 2. Stück, S. 113. – Vaterländische Blätter für den österreichischen Kaiserstaat (Wien, 4°), Jahrgang 1814, S. 265. – Oesterreichs Pantheon. Galerie alles Guten und Nützlichen im Vaterlande (Wien 1831, M. Chr. Adolph, 8°), II, 38 u. f. – Oesterreichische Nationalencyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°), IV, 606. – Trautenberger, Aus der evangelischen Kirchengemeinde in Brünn (Brünn 1866), S. 277 u. f. – Christian Ritter d’Elvert, Geschichte der k. k. mährisch-schlesischen Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- u. Landeskunde u. s. w. Mährens und Schlesiens (Brünn 1870, Lud. M. Rohrer, gr. 8°), Beilagen, S. 112 und 113. – Statistische Monatsschrift (Wien), II. Jahrgang (1876), S. 56 und 57, im Aufsatze: Der Unterricht in der Statistik an den österreichischen Universitäten und Lyceen von Dr. Ficker. – Oesterreichische Biedermanns-Chronik. Ein Gegenstück zum Phantasten- und Predigeralmanach (Freiheitsburg [Akademie in Linz] 1785, kl. 8°), I. (und einziger) Theil, S. 175. – Wurzbach’s biographisches Lexikon XXXII, 196 bis 200. – Vor allem die von S. in einem Folioband auf 454 engbeschriebenen Seiten hinterlassenen Mittheilungen über seine lehramtliche und Beamtenlaufbahn, – und Aufzeichnungen seines Enkels Joseph.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: abwechsend