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Artikel „Luca, Ignaz de“ von Karl Heinrich Hugelmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 19 (1884), S. 335–336, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Luca,_Ignaz_de&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 04:35 Uhr UTC)
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Lucae, Friedrich
Band 19 (1884), S. 335–336 (Quelle).
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Luca: Ignaz de L., Professor der Statistik an der Wiener Universität, wurde am 29. Januar 1746 zu Wien geboren und legte hier seine Studien zurück. Noch als Student muß de L. die Aufmerksamkeit von Sonnenfels auf sich gelenkt haben, denn auf Veranlassung dieses seines zweiten Vaters, wie er selbst ihn nennt, unternahm er es, kaum 22jährig, schon Privatvorlesungen in den politischen Wissenschaften zu geben. Zwei Jahre später (1770) begann de Luca’s öffentliche Wirksamkeit im politischen Lehrfache, zunächst (Juni) an der savoyischen und theresianischen Ritterakademie, sodann (October) auch an der Universität und zwar hier in der Eigenschaft als Supplent von Sonnenfels. Am 2. November 1771 als außerordentlicher Lehrer der politischen Wissenschaften an das Lyceum in Linz berufen, entfaltete er in Oberösterreich durch nahezu ein Decennium eine reiche, weit über den Lehrberuf hinausgreifende Thätigkeit (an der Bibliothek, als k. k. Rath der Studiencommission etc.). Trotzdem folgte er dem am 25. November 1780 an ihn ergangenen Rufe zur Lehrthätigkeit in einem anderen Lande, nämlich an der philosophischen Facultät der Innsbrucker Universität. Doch war hier seines Bleibens nicht lange. Obwol von der Universität zum Doctor der Philosophie creirt und zum Rector gewählt, schied er schon nach drei Jahren von der Innsbrucker Lehrkanzel; ob nur Gesundheitsrücksichten (Scirocco) maßgebend waren oder ob auch hier wie in Linz Reibungen und Kämpfe ihren Einfluß übten, ob vielleicht die 1783 erfolgte Herabdrückung der Universität zum Lyceum mitbestimmend war, steht dahin. Von 1784–91 lebte L. im Quiescentenstande in Wien. Durch die Hof-Entschließung vom 30. December 1791 gelang es ihm aber, wieder zu einer Lehrthätigkeit an der Wiener Universität zu kommen, wenn auch zunächst nur mit dem Rechte, als außerordentlicher Professor (neben Watteroth) unentgeltliche Vorlesungen über die Politik und Statistik an der juridischen Facultät (zu welcher die politischen Wissenschaften seit 1784 gehörten) zu halten. Von da an wußte er sich in unermüdlichem Bemühen, trotz des mehrfach erklärlichen Widerstandes der Facultät, den Boden weiterer Wirksamkeit zu erobern, bis ihm schließlich im November 1794 die selbständig gewordene Lehrkanzel der Statistik als ordentliche Professur übertragen wurde, es ist somit de Luca’s Verdienst, durch seinen litterarischen Namen und sein rastloses, wenn auch oft nicht angenehm berührendes, Drängen der Statistik die erste selbständige Lehrkanzel an den österreichischen Universitäten erkämpft zu haben. In dieser Stellung eine bedeutende Wirksamkeit zu entfalten, verhinderte ihn schon die Kürze der Zeit, denn am 24. April 1799 erlag er der Brustwassersucht. Sicherlich liegt aber auch der Zweifel nahe, ob die ruhige, didaktische Thätigkeit überhaupt dem beweglichen, abspringenden Wesen des fruchtbaren Schriftstellers entsprach, ganz abgesehen davon, daß physische Hindernisse ihm im Wege standen; die Akten der 1795 geführten Untersuchung aus Anlaß von Unruhen in seinen Vorlesungen, für welche man vergeblich nach politischen Ursachen revolutionärer Natur suchte, geben Anhaltspunkte nach beiden Richtungen.

De Luca’s schriftstellerische Thätigkeit war ebenso fruchtbar als vielseitig, sie umfaßt das Gebiet der Litteraturgeschichte, Statistik, Topographie und Rechtskunde. Das einheitliche Band dieser verschiedenartigen Studien ist die Beziehung zum Heimathsstaat; jegliches Material wird gesammelt und mitgetheilt, das irgendwie von Belang für das Staatsleben Oesterreichs ist, und es kann daher, bei der ganzen Anlage der Production, sowol die systematische Behandlung, als auch die formale Ausgestaltung des Stoffs nicht zur Geltung kommen. [336] Das Lob, welches de Luca’s statistischen Arbeiten gespendet wurde, daß sie der vergleichenden Methode in Oesterreich Bahn gebrochen hätten, trifft unseres Erachtens nicht zu oder berührt wenigstens nicht die Wesenheit der Sache; die Schriften de Luca’s werden ihren bleibenden Werth in einer anderen Richtung, nämlich als eine Fundgrube unschätzbaren Materials zur Kenntniß Oesterreichs im vorigen Jahrhundert behaupten. Das erste größere Werk de Luca’s, „Das gelehrte Oesterreich“ (2 Thle., 1776, 1778), gehört der Litteraturwissenschaft an; es blieb, obwol von der Regierung unterstützt, gleich vielen anderen Unternehmungen de Luca’s leider unvollendet. Auch die Versuche, ihm in den „Oesterreichischen gelehrten Anzeigen“ eine Fortsetzung zu geben, stockten. Die staatswissenschaftlichen Arbeiten begannen, durch den Lehrberuf bestimmt, mit einem „Leitfaden in die Handlung“ und einem „Leitfaden in die Polizeiwissenschaft von Sonnenfels“ (1775, 1776), der Uebergang zur Statistik wurde aber noch in der Linzer Lebensperiode mit einigen kleineren topographisch-statistischen Arbeiten über Oberösterreich gemacht. Die litterarisch fruchtbare Zeit seit der Rückkehr nach Wien sah dann eine Reihe größerer statistischer Werke entstehen, zunächst die „Landeskunde von Oesterreich ob der Enns“ (4 Bde., 1786 ff.), sodann die „Oesterreichische Staatenkunde im Umrisse“ (3 Bde., 1786–1789), das „Geographische Handbuch vom österreichischen Staate“ (6 Bde., mit einem mehrfach auch abgesondert ausgegebenen Anhang von 30 statistischen Tabellen, 1790–93), das „Historisch-statistische Lesebuch zur Kenntniß der österreichischen Staaten“ (2 Bde., 1797 u. 1798), die „Praktische Staatskunde von Europa“ (1795) und endlich mehrere auf Wien speciell bezügliche topographisch-statistische Schriften. Auch die dritte Richtung von de Luca’s litterarischer Thätigkeit, die Sammlung des legistischen Materials, reicht in die Linzer Zeit zurück; in umfassender Weise wurde aber dieser Zweig ebenfalls erst in Wien gepflegt. Außer einigen zu didaktischen Zwecken bestimmten Schriften sind vornehmlich der „Politische Codex“ (14 Bde., 1789–96) und der „Justizcodex“ (10 Bde., 1793 bis 1801, Band IX und X erschienen nach dem Tode des Verfassers) zu nennen, welche unter den Quellenschriften der österreichischen Rechtslitteratur nicht zu missen sind. Dreimal machte de Luca den Versuch, eine staatswissenschaftliche Zeitschrift zu begründen, doch jedesmal ohne bleibenden Erfolg, obwol gerade diese Art litterarischer Production seiner Individualität entsprechen mußte. Von dem in Innsbruck begründeten „Journal der Literatur und Statistik“ erschien nur ein Band (1782), von den sofort nach der Uebersiedelung nach Wien (1784) ins Leben gerufenen „Staatsanzeigen von den k. k. Staaten“ nur 12 Hefte und von dem daselbst 1794 begonnenen „Oesterreichischen Staatsarchiv“ sogar nur eine Nummer. Dieses Schicksal von de Luca’s Schriften macht es höchst schwierig, eine vollständige Kenntniß derselben zu erlangen; den Bibliographen, sowie den Bibliotheken sind bisher stets manche der Schriften selbst oder wenigstens manche der proteusartigen Editionen entgangen. Der große handschriftliche Nachlaß de Luca’s ist verschollen.

Vgl. die bei Wurzbach, Biogr. Lexikon, Bd. XVI, S. 123, angezeigten Quellen, insbesondere die autobiographischen Mittheilungen in dem „Gelehrten Oesterreich“ und dem „Journal der Literatur und Statistik“, ferner „Ficker, Der Unterricht in der Statistik an den österreichischen Universitäten und Lyceen“ (Statistische Monatschrift, 2. Jahrg., Wien 1876, S. 53, 54); „Probst, Geschichte der Universität in Innsbruck“, Innsbruck 1869, S. 199 ff.; Studien-Konfeß-Akten des Wiener Universitäts-Archivs.