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Artikel „Schultz, Ernst Gustav“ von Friedrich Ratzel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 704–705, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schultz,_Ernst_Gustav&oldid=- (Version vom 15. November 2024, 12:13 Uhr UTC)
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Schultz: Ernst Gustav S., Palästinaforscher, geboren zu Döbern bei Preußisch-Holland in Ostpreußen am 20. Mai 1811 als Sohn des Superintendenten E. G. S. zu Hirschfeld, besuchte das Gymnasium zu Elbing und seit 1829 die Universität Königsberg, wo er von dem Studium der Theologie zu demjenigen der orientalischen Sprachen überging, welches er von 1834–38 in Paris unter der Leitung von Sacy, Quatremère und Burnouf betrieb. Um länger in diesem Mittelpunkte orientalischer Studien verweilen zu können, nahm er 1836 eine Hauslehrerstelle beim Grafen Jaubert an, wo er Gelegenheit fand, sich in neueren Sprachen zu üben. Nebenbei suchte er dem Plane einer Orientreise durch Erlernung des Vulgär-Arabischen unter Leitung des Aegypters Ahmed Effendi Assad näher zu rücken. Die Sehnsucht nach seinen Eltern trieb ihn 1838 aus liebgewordenen Umgebungen und Beschäftigungen in die Heimath zurück, er habilitirte sich im Sommer desselben Jahres in Königsberg und las den folgenden Winter über Arabisch und Hebräisch. Daneben fand er Zeit zu Privatstunden in den vornehmsten Häusern Königsbergs und auch zur Herausgabe der dreibändigen Anthologie „La France Contemporaine“. Im Frühling 1841 begab er sich nach London und Oxford, um arabische Handschriften zu vergleichen, trat Bunsen nahe und stellte sich auf der Rückreise in Berlin dem Cultusminister Eichhorn vor, welcher in ihm den damals dringend gesuchten Mann für das neu zu errichtende Consulat in Jerusalem erkannte. Statt Nachfolger v. Bohlen’s wurde S. am 20. Mai 1842 preußischer Viceconsul für Syrien und Palästina mit dem Sitze in Jerusalem. Ende 1842 trat er seine Stelle an, die ihn bald, nachdem er den Kreis seiner amtlichen Thätigkeit einmal überschaut hatte, auf historisch-topographische Studien führte. Nach zwei Jahren ging er in die Heimath, zuerst mit dem Gedanken, sich dort mit einer Dame aus Beirut zu vermählen, die ihm aber kurz vor der Abreise entrissen wurde. Er besuchte Oxford und Cambridge, verlebte in seinem Elternhaus eine kurze Zeit der Ruhe und arbeitete dann in Berlin seine erste Schrift „Jerusalem“, an einen Vortrag sich anlehnend, aus, welche 1845 mit einem Plane von Kiepert erschien. Während seines Berliner Aufenthaltes trat er dem König und Alexander v. Humboldt näher. Zum Consul befördert kehrte er 1845 nach Jerusalem zurück, wo sein geräumiges Haus, die einstige amerikanische Missionsstation, das von Franken und Arabern besuchteste wurde, wo sein Einfluß, beruhend auf seinen Charaktereigenschaften und seiner gründlichen Bildung, besonders auch seinen Sprachkenntnissen, rasch gestiegen war, so daß ihm z. B. die Erwerbung der später zum Pilger- und Diakonissenhause eingerichteten Gebäude auffallend leicht gelang und er nicht bloß für die preußische, sondern auch die deutschen Interessen erfolgreich einzutreten und antideutschen Bestrebungen mit der ihm eigenen Energie und Klugheit entgegen zu wirken im Stande war. 1847 übernahm er die zeitweilige Verwaltung des preußischen Generalconsulates in Beirut, durchzog im Herbst dieses Jahres Galiläa, wobei er wichtige Entdeckungen machte. 1848 kehrte er, durch die Zeitereignisse und eigenen Kummer bis zur Krankheit erschüttert, nach der Heimath zurück, wo er sich bald wieder mit wissenschaftlichen Arbeiten, u. a. mit einer Karte von Galiläa und mit dem für Karl Ritter’s [705] Erdkunde zugesagten Artikel über Jerusalem beschäftigen konnte: leider mußte alles unvollendet liegen bleiben, als er 1850 zum dritten Male nach Jerusalem zurückkehrte, wo er bald nach der Ankunft fieberkrank und gelbsüchtig wurde, mit dem Pferde stürzte und ein Bein brach, und nicht vollkommen wieder genas. Am 22. October 1851 starb er in der Pflege der Diakonissinnen und wurde Tags darauf im neuen evangelischen Friedhof unter Theilnahme einer Menge aus allen Ständen und Völkern Jerusalems bestattet. Das schönste Denkmal hat dem hervorragenden Kenner Jerusalems und morgenländischer Völker, dem ersten Deutschen, der von amtlicher Stelle in diesem Lande einen großen Einfluß durch die Macht seiner Charakter- und Geistesbildung übte, Dr. Philipp Wolff in der ersten Auflage (1857) seines Jerusalem (S. 204–214) gesetzt.