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Artikel „Schober, Gottlob“ von Ludwig Stieda in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 206–207, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schober,_Gottlob&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 19:04 Uhr UTC)
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Schober: Gottlob S. wurde um das Jahr 1670 in Leipzig geboren, studirte daselbst Medicin und Naturwissenschaft und begab sich dann nach Utrecht, woselbst er 1696 nach Vertheidigung einer Dissertation „de Cholera“ zum Dr. med. promovirt wurde. Er ließ sich anfangs in Lübeck als Arzt nieder, trat aber bald (1698) in schwedische Dienste, ging zuerst nach Narwa, später nach Reval und kehrte 1705 nach Sachsen zurück, prakticirte in Leipzig und Dresden. Er verfaßte zwei Abhandlungen: de tumore cranii und de essentiae Ambrae vi hypnotica, die in den Acta der Leopold.-Carolin.-Akademie 1706 gedruckt wurden; infolge dessen wurde er unter dem Namen Aristophanes in die Zahl der Mitglieder der Akademie aufgenommen. Als er in Erfahrung gebracht hatte, daß der k. russische Leibarzt Dohnell gestorben war, meldete er sich brieflich (15. Dec. 1711) beim Kanzler Golowkin und bat um die erledigte Stelle. Im J. 1712 nahm Peter I., als er im Sommer von Stralsund durch Dresden nach Karlsbad zur Cur reiste, den Dr. Schober aus Dresden mit und machte ihn in der Folge zu seinem Leibarzt. So gelangte S. 1713 nach St. Petersburg; doch konnte er den Kaiser nicht auf seinen Reisen begleiten, weil Gichtschmerzen ihn daran hinderten. Der Kaiser bestimmte ihn deshalb zum Leibarzt der Großfürstin Natalie Alexejewna, doch diese wählte den Dr. Bidloo und S. wurde als Glied der sog. med. Kanzelei angestellt und gleichzeitig mit der Oberaufsicht der Hauptapotheke in Moskau betraut. Im J. 1717 untersuchte er auf kaiserlichen Befehl die warmen Quellen, die sich bei der damals existirenden Stadt Terki am Terekflusse befanden (Kaukasien, Terek-Gebiet in der Nähe der Staniza Gorätschewodskaja, 20 Kilom. von der jetzigen Festung Grosnaja). Eine Beschreibung dieser Quellen, denen S. den Namen der Petersquelle beilegte, findet sich in Müller’s Sammlung: Russische Geschichte, IV. Band, 1760 (S. 157–175). Bei Gelegenheit der Rückkehr von der kaukasischen Reise besuchte S. die Schwefelquellen bei Serjaewsk am Flusse Sok, einem kleinen, etwa 25–30 Kilometer oberhalb Samara von Osten her in die Wolga fallenden Flusse, und beschrieb dieselben (Müller’s Sammlung, IV. Bd., 1760, S. 541–548).

In Moskau nahm er die Stelle eines Stadtphysicus ein und bereiste 1722 das Gouvernement Moskau bis nach Nishnei Nowgorod, um die Ursache einer auf dem Land vielfach verbreiteten, ungewöhnlichen und unbekannten Krankheit zu ermitteln. Er wies nach, daß die Ursache der Krankheit in Genuß von Roggen zu suchen sei, der durch Mehlthau verdorben, und schrieb darüber eine Abhandlung: „Diss. medica de seminibus loliaceis secalis nigris corruptis et incurvatis vulgo: Kornmüttern, varios morbos epidemicos anno 1722 in autumno et hieme producentibus tam in territorio Moscoviae, quam Niesnae“. Ein Auszug aus der Abhandlung ist in den Acta Eruditor. Lips. A. 1723 p. 446–451 gedruckt. Die Abhandlung selbst befand sich 1760 in den Händen Müller’s. Im J. 1732 wurde S. unter Beibehaltung seines Jahresgehalts dem in Moskau lebenden [207] Zar v. Georgien Wachtang als Leibarzt beigegeben; in dieser Stellung starb er am 3. November 1739.

Außer den genannten Abhandlungen hat S. drucken lassen: „Pharmacopoea portatilis oder Kleine, doch wolversehene Haus-, Feld- und Reiseapotheke“, Leipzig 1707, und eine „Diss medica de vomitu lethali“ etc. (Acta medicophysic. Acad. Nat. curios. Cent. III et IV in append. Pg. 147, A. 1814), ferner eine „Diss. de mumia Persica i. e. remedio in Asia celeberrimo“, Acta Erudit. Lips. 1725, p. 150 und Acta Natur. Cur. Vol. I 1727, App. 150.

Ein großes umfangreiches Werk über Rußland, das S. unter dem Titel „Memorabilia Russico-asiatica s. Observationes physicae, medicae, geographicae, politicae, oeconomicae, in itinere in Russia ad mare Caspicum collectae, inquisitionites in quarundam aquarum mineralium naturam, nec non rariorum populorum linguae nondum cognitae, nec descriptae“ verfaßt und mit 60 Zeichnungen nach der Natur versehen hatte, ist leider verloren gegangen. Nach den handschriftlichen Aufzeichnungen eines Verwandten Schober’s, Heinzelmann, wurde jenes Manuscript den in Holland lebenden Erben Schober’s zugesandt und soll später in die Hände des Baden-Durlachischen Residenten im Haag, Treuer gekommen sein. Ueber den weiteren Verbleib der Handschrift ist nichts bekannt. Nur ein Auszug aus dem Manuscript hat sich zufällig erhalten. Als Dr. Lerche (geb. in Potsdam) im J. 1731 nach Moskau kam und nach Astrachan als Arzt gehen sollte, vernahm er, daß S. bei Gelegenheit seiner Reisen in den Kaukasus viel Interessantes gesammelt und aufgezeichnet habe. Er wandte sich an S. und erhielt jenes Manuscript mit der Erlaubniß, eine Copie davon zu nehmen; nach dieser Lerche’schen Copie fertigte Aug. Ludwig Schlözer einen Auszug, der in Müller’s Sammlung Russ. Gesch. VII. Bd., S. 1–154, mit Anmerkungen Lerche’s S. 531–546 abgedruckt ist.

Biogr. Notizen über S. finden sich in Müller’s Sammlungen: Russ. Geschichte, IV. Bd., 1760 (S. 175–182) und in Richter’s Geschichte der Medicin in Rußland, III. Theil, S. 134–140. Moskwa 1817. – Nach Müller war S. nicht verheirathet, nach Richter zwei Mal.