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Artikel „Schleyer, Peter“ von Franz Heinrich Reusch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 31 (1890), S. 477–478, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schleyer,_Peter_Anton&oldid=- (Version vom 14. November 2024, 23:23 Uhr UTC)
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Schleyer: Peter Anton S., katholischer Theologe, geboren am 17. März 1810 zu Großeicholzheim in Baden, † am 25. Februar 1862 zu Ettenheim. Er studirte 1828–32 zu Freiburg, dann mit einem Reisestipendium der badischen Regierung bis 1835 zu Bonn und Tübingen, trat 1835 in das Freiburger Seminar und wurde am 27. August 1836 zum Priester geweiht. Er hatte schon 1835 eine wissenschaftliche Arbeit veröffentlicht: „Würdigung der Einwürfe gegen die alttestamentlichen Weissagungen an dem Orakel des Jesaia über den Untergang Babels, C. 13–14, 23“ (mit einem Vorwort von J. S. v. Drey; in der Ausgabe Freiburg 1839 ist nur eine neue Vorrede beigefügt). Dazu kam 1836 eine ausführliche Abhandlung über die Genealogieen Christi bei Matthäus und Lucas in der Tübinger Quartalschrift. Mit Rücksicht darauf wurde er schon am 31. October 1836 zum außerordentlichen, 1839 zum ordentlichen Professor der Exegese und der biblisch-orientalischen Sprachen in Freiburg ernannt. 1845 übernahm er statt dieser Professur die der Kirchengeschichte. Mehrere größere Aufsätze von ihm stehen in der Freiburger Zeitschrift für katholische Theologie, namentlich „Neue Forschungen über den Brief des Jacobus und insbesondere über die Brüder Jesu“ (1840) und „Die Leser des Briefes des Jacobus, sein Lehrgehalt und dessen Verhältniß zu der Paulinischen Lehre von der Rechtfertigung“ (1843). Auch die Schriften „Ueber die neutestamentliche Lehre von der Unauflöslichkeit der Ehe, mit Rücksicht auf Prof. Werner in St.Pölten und Paulus in Heidelberg“, 1844, „Hirscher und sein Ankläger“, 1844, „Der Puseyismus nach seinem Ursprunge und als Lehrsystem dargestellt“, 1845, sind nur Separatabdrücke aus jener Zeitschrift. Die Vertheidigung Hirscher’s schrieb S. 1843 als Decan seiner Facultät aus Anlaß der Angriffe gegen Hirscher von ultramontaner Seite, namentlich in der „Schweizerischen Kirchenzeitung“ und der „Sion“. In demselben Jahre ließ S. die Statuten eines damals projectirten katholischen (ultramontanen) Vereins für Baden mit seinen Bedenken dagegen in der Zeitschrift abdrucken. Im November 1852 wurde S. infolge einer Beschwerde des Senates wegen seines unverträglichen Verhaltens von dem Ministerium aufgefordert, [478] sich binnen drei Monaten um eine Pfarrei zu bewerben, und da er dieses nicht that, im März 1853 mit Belassung seines Ranges und seiner Besoldung an das Lyceum in Rastatt versetzt. Da er gegen diese Versetzung remonstrirte und sein vermeintliches Recht auch in Zeitungen verfocht, wurde er am 23. März 1854 aus dem Staatsdienste entlassen, worauf der Erzbischof v. Vicari ihm sofort die Pfarrei Kappel am Rhein verlieh. Er veröffentlichte nun „Die Universität Freiburg. Actenmäßige Darstellung meiner Entfernung vom theologischen Lehramte an derselben nebst einem auf Befehl des hochw. Herrn Erzbischofs Hermann verfaßten Promemoria über ihren gegenwärtigen Zustand als katholisch-kirchliche Anstalt. Ein Beitrag zur kirchlichen Auffassung und Beurtheilung des Kirchenstreites in Baden“. In dieser mehr als 300 Seiten starken Schrift sucht er zu erweisen, daß er hauptsächlich wegen seiner streng katholischen Richtung und wegen seiner Bemühungen für die Erhaltung des katholischen Charakters der Universität gemaßregelt worden sei. Die zahlreichen darin mitgetheilten Actenstücke bekunden aber eine krankhafte Reizbarkeit und Leidenschaftlichkeit und lassen die gegen ihn vorgebrachte Anklage als durchaus begründet erscheinen. Mit dem damaligen badischen Kirchenstreite hat das Verfahren gegen S. nichts zu thun. Wegen „Schmähung der Regierung“ in dieser Schrift wurde S. von dem Hofgericht zu Bruchsal zu dreimonatlichem Gefängniß verurtheilt. Dieses Urtheil wurde aber im November 1854 aus formellen Gründen von dem Oberhofgericht zu Mannheim cassirt und der Proceß nicht weiter verfolgt. In den letzten Jahren seines Lebens wohnte S. wegen Kränklichkeit nicht zu Kappel, sondern zu Ettenheim.

Weech, Bad. Biographieen III, 138. – Allg. Zeitung 1853, Nr. 83; 1854, Nr. 319.