ADB:Schildbach, Johann Gottlieb

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Artikel „Schildbach, Johann Gottlieb“ von Egon von Komorzynski in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 54 (1908), S. 14–15, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schildbach,_Johann_Gottlieb&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 15:04 Uhr UTC)
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Schildbach: Johann Gottlieb Sch., Schauspieler und Verfasser zahlreicher volksthümlicher Dramen, wirkte an der Wende des 18. Jahrhunderts in Prag und Wien, wo er namentlich am Leopoldstädter und am Freihaustheater erfolgreich auftrat. Für diese beiden Bühnen, deren Directoren fast ausschließlich volksthümliche Stücke aufführten, sind auch die meisten seiner dramatischen Werke geschrieben worden. Als Schikaneder im J. 1801 das Freihaustheater schloß und das neu erbaute prächtige Theater an der Wien eröffnete, blieb ihm Sch. treu und schrieb auch einige spätere Stücke für das neue Theater. Ueber seine späteren Lebensumstände ist fast nichts bekannt. Er soll als Gastwirth in Königsberg gestorben sein.

Schildbach’s schriftstellerische Thätigkeit beginnt mit Uebersetzungen aus dem Französischen und mit Versuchen auf dem Gebiet des beliebten Soldatenstücks: „Der Durchmarsch“, ein ländlich-militärisches Singspiel in drei Acten mit Musik von Lickl, 1800 für das Schikaneder-Theater geschrieben, ist eine [15] volksthümliche Bearbeitung des „Deserteurs aus Kindesliebe“. Das Vorwort zu dem in Wien 1801 gedruckten Stücke ist interessant. Es heißt da u. a.: „Ob ich die Charaktere gut angelegt und richtig durchgeführt habe, werden mir die Herren Pl. Titl. Theaterkritiker schon gütigst vor dem ganzen lesenden Publicum ins Ohr sagen – so wie sie bereits die Freundschaft hatten, mich sans façon zu versichern, ich wisse nichts von Plan und Charakterzeichnung. Ich habe seit dieser Zeit sehr wißbegierig alle ihre Hefte durchgelesen, aber leider bis jetzt noch keine Belehrung finden können. – Wenn ich also noch diesmal Ihren Wünschen nicht entsprechen sollte, so bitte ich sie pflichtschuldigst darum, wenn anders Belehrung nicht ganz außer den Kreisen ihrer Kritik liegt!“ – Andere Soldatendramen sind „Die Rekrutirung“, eine Menschenscene in einem Aufzug, nach einer wahren Begebenheit in Linz (gedruckt 1793), worin die an der Handlung theilnehmenden Personen von Großmuth und Patriotismus wahrhaft überfließen, und besonders das berühmte Stück „Dienst und Gegendienst oder Walltron’s zweiter Theil“, ein militärisches Schauspiel in fünf Acten (gedruckt 1804). Möller’s „Walltron“ ist hier noch weitaus übertrumpft worden; in vielem scheint „Der Grandprofoß“ von Schikaneder zum Vorbild gedient zu haben. Soldatisches, wie die Reveille, allerhand Manöver, das „Qui vive“ der Vorposten in einem Gehölz, Gefechte und Erstürmungen von Schanzen ist recht aufdringlich verwerthet, die Schrecken des Todesurtheils von seiner Fällung bis zur Vollstreckung bleiben nicht erspart bis in die allerwinzigste Einzelheit. – In dem Lustspiel in vier Acten „Es bleibt unter uns“ (f. d. Theater an der Wien, gedruckt 1807) sind Wald und Garten geschickt verwerthet; Förster und Gutsbedienstete sind die Träger der einfachen Handlung. – Nach dem „Durchmarsch“ war wohl Schildbach’s berühmtestes Stück „Die Dienstboten in Wien“ (für das Leopoldstädter Theater geschrieben, gedruckt in Wien 1806). Aus ihm ist deutlich zu ersehen, wie erfolgreich Sch. bei Schikaneder, Kringsteiner, Perinet u. a. in die Schule gegangen ist. Die Handlung ist eigentlich, wie stets in den Wiener Volksstücken jener Zeit, eine ganz einfache Familiengeschichte, deren Träger der Amtssecretär Schindler, seine Frau Therese und – charakteristisch für das ältere Wiener Volksstück – deren Kinder im Alter von sieben, vier und einhalb Jahren sind. Am meisten gefiel aber das Beiwerk an Episoden, welche die verlotterte Wirthschaft der Köchinnen, die beim „Einkaufengehen“ bloß mit den Liebhabern charmieren, ihre Dienstgeber fortwährend betrügen, vorführen. Das Stück hält sich ganz in der Tradition: des Theaterdirectors Strunk Sohn Peter ist der herkömmliche Tölpel; schwäbelnde, tschechelnde, italienische Radebrecher beleben die Geschehnisse; auf scenische Kleinigkeiten ist Gewicht gelegt worden; eine lebende Katze ist eigens für ein paar Scenen vorgeschrieben; das „Kegelschieben“ wird durch Rollen und Ausrufe hinter der Scene sehr gut vergegenwärtigt. Während „Die Generalprobe“ (Vorspiel zum Geburtstag eines Gutsherrn, 1804), „Das sonderbare Duell“ („Lustspiel in 1 Act, f. d. Leopoldstädter Theater, 1806) und „Das Narrenhaus“ (Lustspiel nach Chatillon, mehr Bearbeitung als Uebersetzung) sich nicht über das Mittelmaß erheben, gehört das einactige Lustspiel „Glück durch Unglück“ (1808) zu den interessantesten Wiener Stücken der Zeit. Es ist ein Judenstück ganz im Sinne Lessing’s; seine Bedeutsamkeit beruht aber nicht auf der Tendenz, sondern insbesondere auf der gründlichen Kenntniß des echt jüdischen Wesens und der jüdischen Ausdrucksweise, die in ihm zum Ausdruck kommt.