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Artikel „Schellenberg, Ulrich von“ von Paul Beck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 30 (1890), S. 767–768, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schellenberg,_Ulrich_von&oldid=- (Version vom 2. November 2024, 21:18 Uhr UTC)
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Schellenberg: Hans Ulrich v. S., bedeutender Heerführer, geboren als Sohn Heinrich’s und Ursula’s (geb. v. Besserer) v. S. im Jahre 1487 zu Kißlegg im Allgäu, † 1558 ebendaselbst, aus dem uralten Geschlechte der Scalamont (Alt-Schellenberg), deren Stammburg auf dem Eschnerberge im jetzigen Fürstenthum Lichtenstein lag und welche früher bis zum 15. Jahrhundert die Grafschaft Vaduz besaßen. Vom 13. Jahrhundert an erwarb diese angesehene Familie nach und nach auch bedeutende Güter in Oberschwaben, so zu Laimnau, Ravensburg, Schweinhausen, Siggen u. s. w. und namentlich, durch Verheirathung der Erbtochter Burkard’s v. Kißlegg an Marquard v. S. um das Jahr 1300, die beträchtliche, heutzutage dem Waldburg’schen Hause gehörige Herrschaft Kißlegg. Obschon reichbegütert und hochangesehen, wurden die Schellenberge doch nur dem rittermäßigen Adel beigezählt und schlossen sie sich dem St. Georgenbunde des Adels, 1488 dem schwäbischen Bunde und nach dessen Auflösung im J. 1531 dem Ritterkanton des Höhgau (Bezirk Allgäu-Bodensee) an, wohin sie auch steuerten; und erst Hans Christoph v. S. zu Kißlegg wurde im J. 1637 von Kaiser Ferdinand II. in den Reichsfreiherrnstand erhoben. Zu den berühmtesten Gliedern dieses Hauses gehörte der Eingangs genannte Kriegsmann. Derselbe, anfangs nicht für den Kriegsdienst bestimmt, studirte auf den Universitäten Pavia und Bologna die Jurisprudenz und erwarb sich den Grad eines Doctors beider Rechte. Bald jedoch mehr von dem damals sehr im Flor gewesenen ritterlichen Waffenhandwerk angezogen, wohnte er von 1512 ab den hauptsächlich auf Betreiben des Cardinals Schinner um das Herzogthum Mailand unternommenen Heerzügen des Kaisers Maximilian I. in Oberitalien (u. A. der Belagerung des von ihm eingenommenen Pavia) bei, und wurde von diesem zur Anerkennung für seine hervorragenden militärischen Verdienste zum Obristen ernannt, auch unter seine Hof- und Kriegsräthe aufgenommen. Bald darauf zog er, als König Ludwig XII. von Frankreich wiederholt Mailand gegen Maximilian Sforza, den Sohn Moro’s in Anspruch nahm, wieder mit seinen tapfern Schweizern nach Italien und hatte wesentlichen Antheil an den ehrenvollen Waffenthaten gegen die französischen Heerführer Trivulzi und Latremouille, so an der ruhmvollen standhaften Vertheidigung Novaras, so daß der Kaiser, der ihn gemeinsam mit seinem Bruder Hans v. S. schon im J. 1501 gleich beim Beginn seiner kriegerischen Laufbahn zum Ritter geschlagen hatte, ihm hauptsächlich für sein unvergleichliches Verhalten in der Schlacht bei Vicenza am 18. Oct. 1511 gegen die Venetianer, in welcher er mit 36 Wunden bedeckt für todt auf dem Wahlplatz liegen blieb, durch seinen Feldherrn Raimund v. Cardona diese Ehre zum zweiten Male widerfahren ließ. Auch Maximilian’s Nachfolger, Kaiser Karl V., nahm auf den Rath des Grafen Rudolph von Sulz Schellenberg’s Dienste in Anspruch; und wiederholt führte [768] S. die tapferen eidgenössischen Schaaren nach Italien, zeichnete sich in den Schlachten an der Bicocca und von Pavia rühmlichst aus und trug zur Wiedereroberung Mailands von den Franzosen und Einsetzung Franz II. Sforza in das Herzogthum Mailand das Seinige redlich bei. Schließlich machte er noch die brillante Vertheidigung Wien’s gegen Sultan Soliman d. Gr. mit. Nach einem thatenreichen Leben beschloß er, überall hochgeachtet und geehrt, seine Tage ruhig in seiner Heimath, woselbst er im Chore der Pfarrkirche begraben wurde. S. wurde von seinen Zeitgenossen als ein Mann von imposanter Persönlichkeit, von Intelligenz und Thatkraft, als ein biederer, witziger und jovialer Ritter gerühmt, der seinen, hauptsächlich aus Schweizern bestehenden, Landsknechten, welche für ihn durchs Feuer gegangen wären, gehörig zu imponiren verstand. Sein Geschlecht, das sich auch durch mehrfache Stiftungen und Wohlthaten ein gesegnetes Andenken erhalten hat, ist erloschen. Der letzte (Kißlegger) S. – eine Seitenlinie (die Hüfinger) starb erst in diesem Jahrhundert aus – war Freiherr Hans Christoph S., dessen Tochter Maria Anna sich im J. 1702 mit Ferdinand Ludwig Grafen zu Waldburg-Wolfegg vermählte. So kam die Herrschaft Kißlegg im vorigen Jahrhundert an das fürstliche Haus Waldburg, in dessen Besitz sie heute noch ist. – Das alte Wappen der Schellenberg war ein Schild mit 4 abwechselnden schwarzen und goldenen Querstreifen, welches sie später mit dem ihnen von Kaiser Karl V. verliehenen Wappen der ausgestorbenen Kißlegger, einem schwarzen Pantherthier mit Ochsenhörnern in einem goldenen Schild, vereinigten.

Augustissimorum Imperatorum etc. a Jacobo a Schrenckio a Nozingen continuatum et absolutum, Oeniponti, exc. Jo. Agricola, 1601 (das sogen. Ambraser Heldenbuch), woselbst sich auch ein von Dominik. Custodis (in Gr.-Fol.) gestochenes gutes Bildniß Schellenberg’s befindet, Baumann, Gesch. des Allgäus, II, S. 591–596 u. s. w.