Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Schappeler, Christoph“ von Wilhelm Vogt in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 30 (1890), S. 576–581, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schappeler,_Christoph&oldid=- (Version vom 7. November 2024, 22:23 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Schard, Simon
Band 30 (1890), S. 576–581 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Christoph Schappeler in der Wikipedia
Christoph Schappeler in Wikidata
GND-Nummer 12322019X
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|30|576|581|Schappeler, Christoph|Wilhelm Vogt|ADB:Schappeler, Christoph}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=12322019X}}    

Schappeler: Christoph S. (auch Sertorius von sertum = Kranz, Schapel, vergl. Walther v. d. Vogelweide II, 12 genannt), nimmt in der Reformationsgeschichte von Oberdeutschland eine hervorragende Stelle ein und steht [577] in inniger Beziehung zu dem berühmten Bauernprogramm des Jahres 1525, den 12 Artikeln. Mit Ausnahme davon, daß er im J. 1472 in St. Gallen geboren worden ist, wird nichts aus seiner Jugendzeit berichtet: über seine Studien macht er selbst gelegentlich nur die wegwerfende Bemerkung, daß auch er auf den hohen Schulen nichts als „den Narristotelem und Meister von hohen Unsinnen, Petrum Lombardum, gelernt, und die heilige Schrift niemalen gelesen habe“. Uebrigens errang er sich frühzeitig den Doctortitel der Theologie und war Licentiat der Rechte. Nachdem er zehn Jahre lang als Lehrer an der Lateinschule seiner Vaterstadt gewirkt hatte, wurde er 1513 als Hauptprediger auf die Vöhlin’sche Prädicatur an der Martinskirche zu Memmingen berufen. Memmingen war damals eine reiche und belebte Reichsstadt, in welcher Handel und Wandel blühte und das Regiment in den Händen einer beschränkten Anzahl von Familien trotz der Wahl sich forterbte, was manche Unzuträglichkeit im Gefolge hatte und zuweilen Unzufriedenheit in den unteren Schichten der Bevölkerung hervorrief. Auch in kirchlicher Beziehung sah es, wie anderwärts, nicht besonders gut aus: nach den Klagen des Rathes bekümmerte sich sogar der Hauptpfarrer von St. Martin mehr um die Einkünfte, als die Pflichten seines Amtes, vor ansteckenden Krankheiten flüchtete er sich aus der Stadt, die Seelsorge vernachlässigte er in empörender Weise. S. faßte sein Amt, das er hier antrat, mit allem Ernste auf und verband mit einer kernigen, volksthümlichen Beredtsamkeit, mit der Kunst „eines hellen verstandlichen Gesprächs und gnadenreichen Unterweisens“ nach dem Zeugniß des Rathes einen „frommen, ehrbaren, züchtigen und bescheidenen Wandel“. Es kam ihm nicht darauf an zu gefallen, sondern ohne Ansehen der Person der Wahrheit Zeugniß zu geben und den Uebelständen auf den Leib zu rücken. Er hielt es den höheren Ständen vor, daß sie sich nicht nach Christenpflicht der Armen annähmen, daß man die letzteren überall drücke, ja selbst vor Gericht mit zweierlei Maß messe und anderes. Den Eindruck seiner Rede erkennt man aus dem Umstande, daß der Rath in einzelnen, von S. besprochenen Fällen sich rechtfertigte oder wo man befunden, „daß er uns die Wahrheit gesagt, dann wir strafen nit“, ihn „freundlich“ um Mäßigung ersuchte. Nur in einem Punkte mußte S. zu schweigen geloben: er hatte nämlich zuweilen auch durchblicken lassen, daß die Gewalt und Macht des Rathes nur auf dem Auftrag der Gemeinde beruhe; daß die Gemeinde über dem Rathe stehe und ihr die höchste Autorität zukomme. „Er wöll’s der Gemeinde befehlen“, hatte er mehrfach auf der Kanzel geäußert; diese echt demokratische Ansicht durfte er nicht mehr vortragen.

Frühzeitig, aber nicht ohne schweren inneren Kampf, trat er in dem ausgebrochenen kirchlichen Streit ohngefähr seit 1520 auf die Seite der Reformation und zwar im Sinne Zwingli’s, seines Freundes, der ihn am liebsten an seine Seite gerufen hätte, wenn nicht der Memminger Rath sich dem widersetzt hätte. Die Stellung, welche S. einnahm, kennzeichnet sich am besten dadurch, daß er an der Hand der Bibel, deren Lectüre er dringend empfahl, die kirchlichen Einrichtungen und Personen einer einschneidenden und fortgesetzten Kritik unterzog. Seinem kühnen Tadel spendete in kurzem der größte Theil der Bürgerschaft ihren Beifall, während anderseits dadurch der Widerspruch der altgläubigen Partei, an deren Spitze Jakob Megerich, Hauptprediger an der Frauenkirche, stand, im ganzen Umfange hervorgerufen wurde. Der Rath, dem letzterer zumuthete, für ihn Partei zu nehmen, beschloß aber, „Jedermann thun zu lassen, was er wolle“. Damit war genug gesagt. S. ging, unterstützt von seinen Anhängern, seine Wege, wobei ihn ein zweimaliger Aufenthalt in der Schweiz während des Jahres 1523 erst recht vorwärts trieb. Bei dem ersten hielt er Streitpredigten in [578] Zürich, verkehrte mit Hubmair und Zwingli und forderte vergebens den Stiftsprediger Wendeli von St. Gallen zu einer Disputation heraus; bei seiner zweiten Anwesenheit in der Schweiz führte er sogar in der zweiten Züricher Disputation neben Dr. Jakob von Watt und Hofmeister den Vorsitz. In Memmingen ging es unterdessen und nachher oft ziemlich tumultuarisch her. Der bedeutendste von den Anhängern Schappeler’s war der Kürschnermeister Sebastian Lotzer, der mit Wort und Schrift für die neue Lehre und seinen Freund kämpfte. Er erließ in den Jahren 1525 und 1524 fünf Schriften, die von Einsicht, Gewandtheit und Schriftkenntniß ein beredtes Zeugniß ablegen. Es genügt hier nur auf die erste derselben unter dem Titel: „Ein heilsame Ermahnung an die Inwoner zu Horw, das sy bestendig beleiben an dem hailigen Wort Gottes etc.“ zu verweisen, in welcher der bezeichnende Satz vorkommt: „Demnach, lieben Brüder, wär noch mein Rath: welcher zwen Röck hat, er verkaufte den ain und keufte ein Neu Testament“, eine Aufforderung, die gerade in Schwaben auf einen so fruchtbaren Boden fiel, daß auf dem Wege eigenen Bibelstudiums schlichte Bürger und Bauern sich ein selbständiges Urtheil bildeten und sogar als Laienprediger den Predigtstuhl mit Erfolg bestiegen (s. unten Lit.)

In Memmingen selbst spitzten sich die Dinge immer mehr zu. Der Diöcesanbischof forderte den Rath auf, dem Unwesen zu steuern und S. von seinen immer heftigeren Controverspredigten abzuhalten; aber dieser that nichts, außer daß er zur Ruhe eindringlich ermahnte und dem drängenden Oberhirten gegenüber den angegriffenen S. ernstlich vertheidigte: man möchte wohl leiden, daß „andere Priester höheren und niedern Standes sich seines Wesens auch beflissen hätten“. Allein der Bischof wollte Gehorsam von S.; sein Predigen sei eine größere Sünde, schrieb er zurück, als ein unsittlicher Wandel; denn durch jenes verführe er viele zum Abfall. Wenn der Rath nicht im Stande sei, die aufrührerischen Geister zu bändigen, so werde er mit Hülfe des schwäbischen Bundes die Ungehorsamen zur Pflicht zurückzuführen sich genöthigt sehen. Bald darauf, 27. Februar 1524, sprach er dann über den ungehorsamen S. den Bann und die Excommunication aus, wodurch nur das Eine erreicht wurde, daß die Anhänger der neuen Lehre die Autorität des Bischofs laut verhöhnten. Als er dann aber auch bei dem schwäbischen Bund eine Anklage gegen Memmingen einreichte, beschleunigte er nur die Entscheidung der Stadt für die Reformation. Der excommunicirte S. ließ sich nicht irre machen. Am 7. December 1524 theilte er zum ersten Male öffentlich das Abendmahl unter beiderlei Gestalten aus, führte bei der Taufe die deutsche Sprache ein und schlug „samtlichen judischen Brauch mit dem Wort Gottes darvor zu Haufen“. Der Rath aber wollte durch das beliebte Mittel einer öffentlichen Disputation beiden Theilen Gelegenheit geben, die Wahrheit ihrer Sache zu beweisen; wer von ihnen den Gegner überwinde, war im Recht. Die Disputation fand am 2. Januar 1525 auf dem Rathhaus statt. Zunächst ließ S. sein Bekenntniß verlesen, das aus sieben Artikeln bestand. Im ersten derselben verwarf er die Ohrenbeichte und im zweiten die Anrufung der Mutter Gottes und der Heiligen. Im dritten leugnete er entschieden, daß die heilige Schrift alten und neuen Testaments vorschreibe, den Zehnten nach göttlichem Rechte zu geben. Im vierten bekämpfte er, daß das Nachtmahl, die Messe, ein Opfer sei; dasselbe sei vielmehr nur gestiftet zum Gedächtniß der sichern Verheißung der Sündenvergebung. Das Fegfeuer verwirft er im fünften als schriftwidrig. Im sechsten fordert er die Austheilung des Abendmahls unter beiden Gestalten und im siebenten lehrt er das allgemeine Priesterthum. Fünf Tage lang dauerte die Disputation, zu der sich die Vertreter des alten Glaubens nur widerwillig verstanden hatten; sie scheinen auch im Kampfe wenig glücklich gewesen zu sein, denn, so wird ihnen nachgesagt, [579] sie wußten „nichts Gegründetes oder Ansehnliches aus heiliger Schrift dagegen vorzubringen und stellten alles Gott und einem ehrbaren Rath anheim“. „Der Doctor überwand sie alle allein mit h. göttlicher Schrift.“ Auch nach der Meinung des Raths hatte S. den Sieg davon getragen, und deshalb legte der erstere jetzt selbst Hand an das Werk, indem er den Geistlichen zu heirathen gestattete und die Mönche und Nonnen nicht am Austritt aus ihren Klöstern verhinderte. Die Priester mußten von nun an Steuern wie die Bürger zahlen und wurden wie diese dem weltlichen Gerichte unterstellt. Endlich wurde in aller Form die Messe abgeschafft. So wurde die Reformation in Memmingen eingeführt und damit das Ziel erreicht, auf das S. seit mehreren Jahren unverrückt lossteuerte. Aber nicht bloß innerhalb der Stadt übte S. großen Einfluß aus, auch in weitere Kreise drang sein Wort, auf welches die Bauernschaft der umliegenden Dörfer, die theils unter dem Rath standen, theils andern Herrschaften unterthan waren, begierig horchte, besonders weil er kurz und bündig das Recht des Zehnten angriff und verurtheilte. Damit nahm er Stellung zu der brennenden socialen Frage der Zeit, zur Bauernfrage.

Die Lösung dieser schwierigen Frage schien ihm nur auf Grund des göttlichen Rechtes möglich: weder das neue Testament noch das Gesetz schriebe vor, den Zehnten nach göttlichem Rechte zu geben. Er trug furchtlos diese folgenschwere Meinung vor, weil er sie für wahr hielt, nicht um die Bauern aufzuhetzen. Wenn trotzdem gerade auf seine Autorität hin die Bauern unruhig wurden, so flößte ihm diese Erscheinung solche Sorgen ein, daß er wiederholt vor Aufruhr in seinen Predigten mit allem Ernste warnte und sich von jeder Berührung mit der in Bewegung gerathenden Bauernschaft ferne hielt. Trotzdem schalt ihn alsbald der schwäbische Bund einen Hauptanführer der Bauern und trotzdem hat man ihn von Anfang an bis auf den heutigen Tag für den Verfasser des zweifellos in Memmingen entstandenen Bauernprogramms, der zwölf Artikel, gehalten.

In der That kommen bei der Frage nach dem Verfasser der zwölf Artikel nur noch die beiden, S. und sein Freund und Anhänger, der schon angeführte Kürschner Sebastian Lotzer, in Betracht. Ohne viel Bedenken müßte man die Autorschaft Schappeler’s annehmen, wenn dieser nicht selbst diese auf das bestimmteste in Abrede gestellt hätte, und zwar zu einer Zeit, wo ihm, der in der Schweiz sich aufhielt, aus dem offenen Zugeständniß keinerlei Gefahr mehr entstehen konnte, abgesehen davon, daß Schappeler’s Charakter die Annahme einer solchen bestimmten Unwahrheit nicht gestattet. Und dennoch tragen die Artikel den Stempel seines Geistes an der Stirn. Diese Thatsache schließt nun nicht aus, daß sie sein geistesverwandter Freund Sebastian Lotzer verfaßt haben kann. Die Frage ist nur die, ob letzterer die Eigenschaften besaß, ein solches wohl berechnetes und in seiner Art vorzügliches Schriftstück in der vorliegenden Form zu verabfassen und auf welchem Wege er zu diesem Auftrage kam. Zunächst scheint es jetzt über allen Zweifel erhaben, daß die zwölf Artikel aus jenen zehn Artikeln herausgewachsen sind, in welchen die Memminger Bauernschaft nach einer einwöchentlichen Berathung vom 23. Februar bis 3. März 1525 ihre Beschwerden dem Rath wenn auch in einer ihrem Bildungsgrade angemessenen, doch der Wahrheit so entsprechenden Form darlegte, daß der Rath sich von dem Rechte der Beschwerden überzeugen ließ und den Vorstellungen vollständig nachgab. Dieser Erfolg im Kleinen, gegründet auf eine greifbare Basis, mußte die drei großen schwäbischen Bauernhaufen der Allgäuer, Bodenseer und Baltringer erst recht ermuthigen, nicht nur in dem vorurtheilsfreien Memmingen zu einer ihrer Lage gewidmeten Besprechung zusammenzukommen, sondern auch auf Grund jener Eingabe, die ja nur den localen Bedürfnissen angepaßt war, den [580] bäurischen Forderungen eine principielle, allgemeinere Fassung zu geben. Das war ja der weitschauende und bewunderungswürdige Standpunkt des in Memmingen am 6., 15., 20. und 30. März tagenden Bauernparlamentes, daß man die principiellen und allgemein gültigen Gesichtspunkte fand, in denen die deutsche Bauernschaft ihre hauptsächlichen Forderungen als ausgesprochen und begründet erachtete. Für die nicht nachweisbare Entstehung der zwölf Bauernartikel, die aus den Berathungen des Bauernparlamentes als klares Programm hervorgingen, ist es bei der Sachlage ziemlich gleichgültig, ob man sie als Vorlage oder als Ergebniß der Tagung ansieht. Ihre formelle Gestaltung weist in beiden Fällen auf einen verantwortlichen Urheber hin, der das Geschäft der Redaction nach seinem geistigen Vermögen besorgte. Die Fähigkeit dazu besaß in vollem Maße Sebastian Lotzer. Gerade wenn man die von ihm ausgegangenen Schriften auf ihren litterarischen Werth sowohl nach der formellen, als nach der materiellen Seite prüft, wird man erkennen, daß dem scheinbar einfachen Bürgersmann selbst nicht einmal die genaueste Bibelkenntniß, wovon die Randglossen zu den zwölf Artikeln zeugen, irgendwie abging. Es ist eben zu bedenken, daß der tägliche Umgang mit S. und das unablässige Studium eines feuereifrigen Mannes, wie es Lotzer war, bei welchem von Haus aus eine starke Anlage zur litterarischen Production sich vorfand, die Befähigung für die Verabfassung eines soviel Aufsehen erregenden Programmes ohne Schwierigkeit hervorrufen mußte oder wenigstens konnte. Untersuchungen über Lotzer’s litterarische Thätigkeit, von verschiedenen Seiten unabhängig geführt, haben wenigstens dieses indirecte Resultat zu Tage gefördert, mit welchem die Wissenschaft sich wahrscheinlich begnügen lassen muß. Als ein Zeugniß der Anerkennung, welche die litterarische Befähigung Lotzer’s sich errungen hat, darf die Thatsache ins Feld geführt werden, daß er vom Baltringer Haufen zum Feldschreiber auserkoren wurde, eine Stellung, in der er auch seinen Tod gefunden zu haben scheint, verschlungen von den Wogen des alsbald anbrechenden Bauernkrieges.

Ist unsere feste Ueberzeugung von der Autorschaft Lotzer’s in Beziehung auf die zwölf Artikel richtig, so ergibt sich der Antheil Schappeler’s von selbst, der im letzten Grunde doch als der intellectuelle Vater derselben in Anspruch zu nehmen ist. Mit dieser Aufstellung verträgt sich ebensowohl die Ableugnung Schappeler’s, als die Anschuldigung seiner Gegner, die ihn einstimmig bezichtigten, die zwölf Artikel verabfaßt zu haben. Der schwäbische Bund zumal, d. h. die Mehrheit desselben, welche unter dem Einflusse des bairischen Kanzlers Dr. Leonhard v. Eck stand, machte S. für das Programm voll und ganz verantwortlich. S. mußte das büßen. Er wurde als Hauptverführer, Memmingen als die Brutstätte, von der alle Büberei gekommen, verschrieen. Eine bewaffnete Abtheilung warf der Bund deshalb in die Reichsstadt, um das verhaßte Nest auszunehmen und vor allem den Rädelsführer gefangen zu nehmen. Erst dieser äußersten Gefahr wich S., was ihm mit Unrecht als Feigheit ausgelegt worden ist. Warum hätte er sich nutzlos den Henkersknechten des schwäbischen Bundes opfern sollen? S. entwich in die Schweiz, nach St. Gallen. In Memmingen behielt eine Zeitlang die Reaction die Oberhand; aber sie war nicht im Stande, den Samen, der ausgestreut war, auszujäten. Im J. 1528 ordnete auf Befehl der Rathes hin Ambrosius Blaurer das städtische Kirchenwesen im reformatorischen Sinne. Aber weder des letzteren Fürsprache, noch die Bestrebungen Schappeler’s, noch seine eigenen Bitten vermochten seine Wiedereinsetzung in sein Amt zu bewirken. S. blieb ein Verbannter, Jahre lang hielt er sich in seiner Vaterstadt St. Gallen auf, zeitweilig als Prediger am St. Katharinenkloster, dann am Dom, zuweilen auch ohne Amt. Die Memminger machten 1532 einen letzten, vergeblichen Versuch, seine Zurückberufung zu erlangen. Jedoch der Rath [581] wagte es nicht und verstand sich nur dazu, dem Vertriebenen, und zwar erst 1534, seine Bücher herauszugeben und ihm eine Entschädigung von 100 fl. auszubezahlen. S. bekleidete später noch eine Zeitlang das Predigtamt zu Linsibühl in den Freiämtern, von dem er, ohne daß wir den Grund wissen, suspendirt wurde. Als Prediger bei St. Mang in St. Gallen, seiner Vaterstadt, starb er am 25. August 1551.

Cornelius, Studien zur Geschichte des Bauernkriegs. – Rohling, Die Reichsstadt Memmingen in der Zeit der evangelischen Volksbewegung. – Dobel, Memmingen im Reformationszeitalter. – Baumann, Die oberschwäbischen Bauern im März 1525 und die zwölf Artikel; ders., Quellen und Akten zum Bauernkrieg. – A. Stern, Ueber die zwölf Artikel der Bauern. – Vogt, Die Correspondenz des schwäbischen Bundeshauptmanns U. Artzt; ders., Die bairische Politik im Bauernkrieg. – Radlkofer, J. Eberlin von Günzburg. – Vogt, Zwei oberdeutsche Laienprediger, Zeitschrift für kirchliches Leben und Wissen. – Bossert, Rottenburg am Neckar und die Herrschaft Hohenberg im Reformationszeitalter, Blätter für Würtembergische Kirchengeschichte.