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Artikel „Eck, Leonhard von“ von August von Kluckhohn in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 604–606, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Eck,_Leonhard_von&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 14:01 Uhr UTC)
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Eck: Leonhard v. E., herzogl. baierischer Rath und Kanzler, gestorben 17. März 1550. Aeltere Nachrichten geben 1480 als Geburtsjahr und Kelheim, wo der Vater, einem altadlichen Geschlecht Baiern angehörig, Pfleger war, als Geburtsort an. Da jedoch der junge Leonhard v. E. sich schon im J. 1489 an der Universität Ingolstadt als Student immatriculirte und dort im J. 1493 zum Magister promovirt wurde, wird er einige Jahre früher geboren sein. Zu Siena widmete er sich eine Reihe von Jahren juristischen Studien und kehrte als Doctor beider Rechte mit dem Rufe gründlicher Gelehrsamkeit zurück. Eine Rathsstelle, die er zu Ansbach bei dem Markgrafen Georg von Brandenburg erhielt, scheint er bald mit dem baierischen Dienste vertauscht zu haben. Zuerst Lehrer des jungen Herzogs Wilhelm (IV.) ward er hernach dessen vornehmster Rathgeber, seit dem J. 1519 mit dem Titel des Kanzlers. In dieser Stellung [605] übte Dr. Leonhard v. E. 30 Jahre lang maßgebenden Einfluß aus, und wenn des Herzogs Wilhelm jüngerer Bruder und Mitregent, Ludwig, welcher übrigens die wichtigeren Regierungsgeschäfte dem älteren Bruder überließ, ihm persönlich abgeneigt war, so erfreute sich E. um so größerer Gunst bei Wilhelm IV., dem er sich unentbehrlich zu machen wußte. L. v. E. war im Zeitalter der Reformation recht eigentlich die Seele der baierischen Politik in äußern wie in innern Angelegenheiten, Seine Klugheit und Gewandtheit waren eben so groß wie seine Gelehrsamkeit und Geschäftskenntniß, aber größer vielleicht noch seine Ränkelust und grundsatzlose Schlauheit, die den Staatsmann zu einem kecken Intriganten machten. So wäre E. auch ohne die Bestechlichkeit, die ihm anklebte, geeignet gewesen, den diplomatischen Verhandlungen, die E. leitete, den Stempel vollendeter Unzuverlässigkeit aufzudrücken. Consequent blieb sich der Kanzler nur in der Beflissenheit, womit er die herzogliche Gewalt zu verstärken, die protestantischen Regungen in Baiern zu unterdrücken und die äußere Machtstellung des baierischen Hauses namentlich gegenüber Oesterreich und dem Kaiser zu heben suchte. Ob er als Ketzerrichter mehr aus Haß gegen die neue Lehre oder mehr aus politischer Berechnung handelte, mag dahingestellt bleiben; genug, daß er, wenn es sich um die Verfolgung Verdächtiger handelte, gewöhnlich für scharfe Maßregeln votirte und nur ausnahmsweise hervorragenden Männern der Wissenschaft gegenüber, als deren Mäcen er sich gern preisen ließ, Milde beobachtete; so befreite sein Einfluß Aventin aus dem Gefängniß, und E. hatte sogar den Muth, dem freisinnigen, ihm von Jugend auf befreundeten Geschichtsschreiber in dessen letzten Lebenstagen die Erziehung seines einzigen Sohnes Oswald v. E. zu übertragen. In anderen Fällen aber erwies er sich strenger und härter als der Herzog selbst, und wie in einem Zeitraum von 30 Jahren in ganz Baiern, nach Winter’s archivalischen Forschungen, keine Religionsangelegenheit verhandelt wurde, ohne daß E. daran theilnahm, und kein Religionsmandat erlassen ward, ohne daß er gefragt wurde und selbst den Aufsatz dazu machte, so wurde auch kein Ketzerproceß geführt, ohne daß er das Gutachten darüber abgab. – Nicht minder hervorragend war sein Antheil an der auswärtigen Politik, wo E. trotz seines Protestantenhasses gegen das Uebergewicht des habsburgischen Hauses mit evangelischen Fürsten nicht weniger Ränke zu schmieden unternahm als mit Frankreich und gelegentlich auch mit Rom. Die Jahre lang fortgeführte Bewerbung Wilhelms IV. um die römische Königswürde wurde von E. eingefädelt und geleitet, und, obwol der baierische Kanzler 1529 auf dem Reichstage zu Speier den Protestanten so feindselig wie einer gegenübertrat und zu Augsburg 1530 die baierischen Herzoge im besten Einvernehmen mit dem Kaiser einzogen, so näherte sich E. doch nach Abschluß des Schmalkaldischen Bundes den Häuptern desselben und verhandelte persönlich wiederholt mit Philipp von Hessen. Auch nachdem der Friede der Verbündeten mit dem Kaiser zu Nürnberg (1532) und mit dem Hause Oesterreich endlich durch den Kadaner Vertrag (1535) erreicht war, gab sich E. noch alle erdenkliche Mühe, um das Misstrauen gegen Ferdinand und Karl V. zu nähren und zugleich auch die Protestanten unter einander zu entzweien. Wenn Karl ihn einen Verräther nennt, „der in Verrath und ehrlosen Künsten Judas noch übertreffe und für Geld Christus, Vaterland, das Reich und die ganze Welt verkaufen würde“ und der, dem Papste ebensowenig wie dem Wittenberger Mönche zugethan, einzig und allein dahin trachte, Geld zusammen zu bringen: so mag diese Beschuldigung nicht grundlos, wenn auch der Kaiser darin zu weit geht, daß er dem baier. Kanzler Gleichgültigkeit gegen die Religion vorwirft. Indem E. mit Hessen und Sachsen liebäugelte und mit dem Landgrafen sogar für gewisse Fälle ein Abkommen traf, konnte ihn theils die Sorge vor der habsburgischen Macht, die [606] Baierns zweideutige Haltung wiederholt herausgefordert hatte, theils auch die Berechnung bestimmen, durch Annäherung an die protestantischen Fürsten ihre Pläne kennen zu lernen und zu durchkreuzen. Jene Verbindung mit den Häuptern des Schmalkaldischen Bundes und alles Eifern und Schmähen wider den Kaiser hinderten dann freilich Baiern nicht, vor dem Ausbruche des Krieges sich im Stillen mit Karl V. zu verständigen und ihm geheime Unterstützung angedeihen zu lassen. Es war eine wohlverdiente Strafe der schwächlichen und doch so begehrlichen Politik des Münchner Hofes, daß ihm für den heimlichen Anschluß an den Kaiser der in Aussicht gestellte Preis, soweit es sich um den Erwerb der Pfälzer Kurwürde handelte, entging und nicht einmal für den erlittenen Schaden eine Geldentschädigung zu Theil wurde. Von E. aber dürfen wir wol annehmen, daß er den Schritt in das habsburgische Lager nicht ohne sicheren Lohn gethan, wenn auch die schon mehrere Jahre früher von Herzog Ulrich von Würtemberg ausgesprochene Beschuldigung, daß er von König Ferdinand ein Jahrgeld beziehe, nicht der Wahrheit entsprechen sollte. E. hinterließ, als er seinem fürstlichen Gönner plötzlich im Tode folgte, mit den Herrschaften Randeck, Wolfseck und Eisenhofen Geld und Gut in Fülle, was freilich nicht hinderte, daß sein Erbe nach wenig Jahren in Armuth gerieth. Für das Ansehen, in welchem L. v. E. zur Zeit seines Todes stand, scheint es bemerkenswerth, daß ein in die Geschäfte eingeweihter Rath von ihm schrieb, er sei seinem herzoglichen Gebieter nur darum schon nach elf Tagen gefolgt, damit dieser wegen eines angeblich zu Gunsten der Universität ausgeschriebenen, aber zu anderen Zwecken bestimmten Zehntes vor dem göttlichen Richterstuhl einen Fürsprecher finde.

Annalen der baier. Litt. II, 407. – Winter, Evangel. Lehre in Baiern. I. II. – Sugenheim, Baierns Kirchen- und Volkszustände im 16. Jahrh. – Prantl, Gesch. der Ludwigs-Maximilians-Universität I. – v. Druffel, Briefe u. Acten Bd. I.