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Artikel „Schachtmeyer, Hans von“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 53 (1907), S. 726–728, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schachtmeyer,_Hans_von&oldid=- (Version vom 13. Oktober 2024, 05:11 Uhr UTC)
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Schachtmeyer: Hans von Sch., königl. preußischer General der Infanterie, am 6. November 1816 zu Berlin geboren, kam aus dem Cadettencorps am 5. August 1833 als Secondlieutenant zum 2. Garde-Regimente zu Fuß, dem auch sein Vater angehört hatte, besuchte die Allgemeine Kriegsschule (jetzt Kriegsakademie) und wurde 1841 zur Handwerkersection der Gewehrfabrik Sömmerda commandirt. Hier eröffnete sich ihm eine Thätigkeit, auf deren Gebiete er demnächst der Armee die wichtigsten Dienste geleistet hat. Technisches Geschick verbunden mit taktischem Verständnisse befähigten ihn dazu. Sie bewirkten auch, daß er nach der im J. 1846 erfolgten Enthebung von der Verwendung in Sömmerda alsbald zu Versuchen herangezogen wurde, die in Spandau das Garde-Reserve-Infanterie-Regiment mit dem Zündnadelgewehre anstellte, und daß er 1848 zur Dienstleistung bei der Artillerieabtheilung des Allgemeinen Kriegsdepartements im Kriegsministerium commandirt wurde. 1850 trat er in sein Regiment zurück, 1852 wurde er zum Hauptmann und Compagniechef im 1. Garde-Regimente zu Fuß befördert, 1855 aber von neuem auf das obengenannte Feld des militärischen Schaffens berufen, indem er mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Vorsitzenden der Gewehrprüfungscommission in Spandau beauftragt ward. Es war die Zeit, in welcher die Frage der endgültigen Einführung des Zündnadelgewehres zur Entscheidung kam. Die Waffe war freilich schon 1841 in Gebrauch genommen, aber sie war in der Armee noch wenig verbreitet und hatte zahlreiche Gegner, welche beim Hinterlader [727] die Gefahr des Verschießens, das heißt den Mangel an Patronen, fürchteten, der bei länger dauerndem Gefechte eintreten würde. Sie wollten das Miniégewehr haben, einen gezogenen Vorderlader, und einflußreiche Männer, die das Ohr König König Friedrich Wilhelm’s hatten, bemühten sich, dem französischen Systeme Eingang zu verschaffen. Aber der Prinz von Preußen, der weitsichtiger war als sein Bruder, hatte eine andere Ansicht. Er vertraute seinem technischen Berather, dem Major v. S., der dem Zündnadelgewehre den Vorzug gab, und da der Prinz bald darauf die Regierung selbst übernahm, blieb dieses dem Heere erhalten und wurde dessen alleinige Waffe. S. kehrte 1859 als Bataillonscommandeur in das 1. Garde-Regiment zurück, wurde 1860 zum Commandeur des Lehr-Infanterie-Bataillons und 1861 des Hohenzollernschen Füsilier-Regiments Nr. 40 in Trier ernannt.

In dieser Stellung befand er sich, als er bei Ausbruch des Krieges vom Jahre 1866 zum Generalmajor und zum Brigadecommandeur beim Detachement des Generalmajors v. Beyer befördert wurde, mit dem er zum Mainfeldzuge auszog. Als Führer der Avantgarde nahm er am 4. Juli an einem unbedeutenden, aber folgenschweren Gefechte bei Hünfeld und am 10. d. M. an einem zweiten bei Hammelburg Theil, in welchem er durch einen Schuß in die rechte Hand verwundet und von den weiteren Feindseligkeiten ferngehalten wurde. Nach Friedensschlusse trat er in Frankfurt a. M. an die Spitze der neugebildeten 41. Infanterie-Brigade und bei der Mobilmachung zum Kriege gegen Frankreich als Generallieutenant an die der 21. Infanterie-Division, zu welcher jene Brigade gehörte, und damit in den Verband der III. Armee des Kronprinzen von Preußen. Schon im Gefechte von Weißenburg am 4. August kamen die ihm unterstellten Truppen beim Angriffe auf den Geisberg in Thätigkeit, mehr aber in der Schlacht bei Wörth am 6. d. M. Als am Morgen des Tages die ersten Kanonenschüsse beim V. Armeecorps den Beginn eines Kampfes verkündeten, ließ General v. S. sofort aus eigenem Antriebe zur Theilnahme daran seine Truppen aus ihrem Biwak aufbrechen. Durch zähes Festhalten des Abschnittes Gunstett-Spackbach, dann durch ihre Mitwirkung bei der Eroberung des Niederwaldes, von Elsaßhausen und von Fröschweiler trugen sie wesentlich zum glücklichen Ausgange des Tages bei. Die Beschaffenheit des Geländes schloß aber eine einheitliche Führung durch die höheren Befehlshaber in den meisten Fällen aus, daher mußte auch General v. S. alsbald auf eine solche verzichten. Ebenso in der Schlacht bei Sedan am 1. September. Hier wurde er durch die tödliche Verwundung des Generals v. Gersdorff an die Spitze des XI. Armeecorps berufen, zu welchem seine Division gehörte; das Verhältniß bestand indessen nicht lange, weil die andere Division des Corps, die 22., sehr bald aus der Einschließung von Paris, wohin das Corps marschirt war, abberufen wurde und eine andere Bestimmung erhielt, so daß S. mit der 21. allein zurückblieb. Sie stand bei Versailles und hatte an der Abwehr der Ausfallversuche der Besatzung nur untergeordneten Antheil. Die Verleihung des Eisernen Kreuzes 1. Classe und des Ordens pour le mérite zeugten für die Anerkennung seiner Leistungen. Schachtmeyer’s Dienstzeit nach dem Kriege führte ihn in verschiedene Stellungen. Zunächst erhielt er statt des Commandos der 21. Division das der 8. in Erfurt, 1875 wurde er Gouverneur von Straßburg, 1878 commandirender General des XIII. (königlich Württembergischen) Armeecorps, 1886 schied er aus dem Dienste. Er zog sich nach Celle zurück, wo er, selbst unverheirathet, Verwandte hatte, und ist dort am 8. November 1897 gestorben. S. war ein militärisch wie allgemein wissenschaftlich hochgebildeter Mann, seine vortrefflichen [728] Geistes- und Charaktereigenschaften sind in Nr. 102 des Militär-Wochenblattes (Berlin) vom Jahre 1897 zutreffend geschildert.