ADB:Schöner, Johann Gottfried

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Artikel „Schöner, Johann Gottfried“ von Julius August Wagenmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 297–299, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sch%C3%B6ner,_Johann_Gottfried&oldid=- (Version vom 27. November 2024, 01:57 Uhr UTC)
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Schöner: Johann Gottfried S., lutherischer Prediger und Liederdichter des 18/19. Jahrhunderts, geboren am 15. April 1749 zu Rügheim im Würzburgischen, † am 28. Juni 1818 als Stadtpfarrer em. zu Nürnberg. – Sein gleichnamiger Vater war Pfarrer in R., sein väterlicher Großvater Salzmesser in Schweinfurt gewesen. Als Knabe hielt er sich längere Zeit im Hause seines mütterlichen Großvaters, des Pfarrers Giegler in Wedzhausen auf, besuchte dann das Gymnasium zu Schweinfurt 1760 ff., wo er auf das Studium der Theologie sich vorbereitete und auch bereits im Predigen sich versuchte. 1767 ff. studirte er in Leipzig, wo besonders Chr. F. Gellert und Chr. A. Crusius Einfluß auf ihn übten, 1769 ff. in Erlangen. 1770 kam er als Hauslehrer zu einem Kammerrath Redlich zu Baiersdorf im Bayreuthischen, 1772 in gleicher Eigenschaft in das Haus des frommen Almosenpflegers v. Winkler in Nürnberg. Auf dessen Verwendung wurde er 1773 unter die Nürnberger Predigtamtscandidaten aufgenommen und noch in demselben Jahr zum Vesperprediger an der Margarethencapelle, 1776 zum Diakonus an der Marienkirche ernannt, worauf er mit Maria Barbara, der Wittwe des Spezereihändlers J. G. Eisen sich verheirathete. Seine Predigten fanden vielen Beifall besonders bei den vornehmen und gebildeten Ständen: je mehr aber seine Kirche mit Solchen sich füllte, die sich von der Kanzel herab am liebsten etwas Schönes sagen lassen wollten, desto näher lag für ihn, wie er selbst bekennt, die Gefahr, statt eines freien und einfachen Bekennens der evangelischen Wahrheit es auf Effectmacherei anzulegen in [298] dem Streben, „noch schöner als schön zu erscheinen“. Da trat bei ihm selbst eine plötzliche Wendung ein: am Schluß einer Weihnachtspredigt im J. 1776 fühlte er sich von dem Wort Christi Joh. 3, 36: „Wer dem Sohn nicht glaubt, der wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm“ so getroffen, daß er fast ohnmächtig die Kanzel verlassen mußte. Der Zufall wiederholte sich und die Folge war, daß er dreivierteljahrlang sich zum Predigen wie zu jeder geistigen Arbeit untüchtig fühlte. In dieser Zeit nahm sich der fromme Kaufmann Tobias Kießling seiner treulich an: „Gott erbarmte sich seiner Bußthränen und stärkte ihn auch leiblich wieder zu seinem geistlichen Amt, das er nun aber aus einem andern Gesichtspunkt als früher zu führen begann“. Er predigte nun frei und unumwunden das einfältige Wort von Christo als dem alleinigen Sünderheiland: seine früheren Zuhörer verloren sich meist aus seiner Kirche, weil sich das Gerücht verbreitete, er sei im Kopf verrückt geworden; dagegen sammelte sich nun um ihn ein Häuflein von heilsbegierigen Seelen meist aus den mittleren und untersten Ständen, unter ihnen auch Kießling, der nun sein Herzensfreund wurde. 1783 wurde S. Diakonus an der Lorenzer Haupt- und Pfarrkirche und erhielt damit zwar eine günstige äußere Stellung, aber auch ein viel umfassenderes und schwierigeres Arbeitsfeld, besonders in der Seelsorge, die seine Kräfte sehr in Anspruch nahm und ihm auch mancherlei Anfechtungen und Kränkungen brachte. Auch in seinen häuslichen Verhältnissen hatte er viel Schweres, durch Krankheiten seiner Frau und Kinder, sowie durch ein lästiges Nervenzittern, das ihn seit 1799 befiel und schwächte. Unter all dieser Trübsal aber erfuhr er nur um so kräftiger den Trost der göttlichen Liebe, die uns doch allein in den Himmel zieht, wie er dies am schönsten ausspricht in dem schönsten und bekanntesten seiner geistlichen Lieder: Himmelan, nur Himmelan! Gerade diese Leidenszeit wurde dann auch die Zeit seiner regsten geistlichen und schriftstellerischen Thätigkeit: in dem Jahrzehnt 1799–1809 erschienen die meisten seiner Schriften: Feiertags-, Evangelien- und Epistelpredigten, sein historisches Lesebuch, Sprichwörter, Katechismus, seine geistlichen und Trostlieder und viele kleinere erbauliche Schriften. Auch an dem Werk der Bibelverbreitung, das damals zuerst von England aus und bald auch in Deutschland in Angriff genommen wurde, betheiligte er sich lebhaft: er war der Erste, der 1805 in Deutschland eine Bibelgesellschaft gründete, die mit der Londoner in Verbindung stand und mehr als 30 000 Exemplare des neuen Testaments theils unentgeltlich theils zu niedrigen Preisen verbreitete. Sein Nervenleiden steigerte sich aber allmählich so, daß er die zitternde Hand nur noch mit Hilfe einer Maschine gebrauchen konnte, und, nachdem er 1809 zum Stadtpfarrer an der Lorenzer Kirche ernannt war, einen Theil der pfarramtlichen Geschäfte einem Collegen überlassen mußte. Die Seelsorge und das Predigtamt aber versah er noch bis acht Monate vor seinem Tod mit großer Treue und im Segen. Im October 1817 mußte er sich entschließen sein Amt niederzulegen: Hände und Füße versagten ihre Dienste. Auch jetzt war er nicht ganz unthätig: er dictirte einige kleine Schriften und Gedichte. Endlich, nachdem er auch das Augenlicht durch eine Geschwulst verloren, verschied er sanft in einem Alter von 69 Jahren. Er selbst hatte sich noch eine Leichenrede aufgesetzt: „über die Vergebung der Sünden als die unentbehrlichste Trostquelle“, die bei seiner Leichenfeier vorgelesen wurde. Seine glaubensinnigen Lieder erschienen zuerst einzeln, theils auf einzelnen Blättern, theils in den s. g. Basler Sammlungen (S. für Liebhaber christlicher Wahrheit und Gottseligkeit herausgegeben von der deutschen Christenthumsgesellschaft, zu der er als Mitglied gehörte); später erst veranstaltete er eine Sammlung derselben u. d. T.: „Vermischte geistliche Lieder und Gedichte von J. G. S.“ Nürnberg 1790; 2., vermehrte Aufl. Nürnberg 1810; ferner „Sammlung einiger Trostlieder“ 1803; [299] „Gesänge zur trostvollen Todesfeier“ Nürnberg 1805. Von diesen zum Theil sehr beliebt gewordenen Liedern sind viele in die neuen Kirchengesangbücher aufgenommen, besonders das zuerst 1806 in den Basler Sammlungen gedruckte, an ein älteres Gesangbuchslied sich anschließende Lied über Phil. 3, 20: Himmelan, nur Himmelan etc.

Leichenrede nebst Lebensgeschichte, von ihm selbst verfaßt und ergänzt, Nürnberg 1818. – Schubert, Altes und Neues II, 246 ff. – Aus meinem Leben II, 2. 449. – Kießling’s Leben. – Christlieb, Gesch. d. christl. Predigt in Prot. Real-Encycl.² XVIII, 586. – Basler Sammlungen 1819 S. 73 ff. – Sonntagsbibliothek, Bielefeld, Bd. 6, Heft 4. – Koch, Kirchenlied VI, 399 ff.