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Artikel „Sackeville, Thomas“ von Wilhelm Creizenach in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 30 (1890), S. 162–163, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sackeville,_Thomas&oldid=- (Version vom 24. April 2024, 07:41 Uhr UTC)
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Sackeville: Thomas S., ein englischer Schauspieler. Er ist zwar in der Theatergeschichte seines Vaterlandes unbekannt, dafür aber um so wichtiger für die Geschichte der deutschen Bühne, da seine Wirksamkeit vor allem dazu beitrug, die englische Schauspielkunst auf dem Continent einzubürgern. Ueber seinen Geburtsort und sein Geburtsjahr ist nichts bekannt. Der Engländer Coryat, der zur Zeit der Herbstmesse 1608 in Frankfurt mit ihm zusammentraf, als er schon längst in der Fremde zu Ansehen und Wohlstand gelangt war, berichtet nur, daß er aus Dorsetshire stammte und daß er in früheren Jahren in den Diensten von Coryat’s Vater stand. Demnach können wir zweifeln, ob er eine gründliche Jugendbildung genossen hat, er war aber jedenfalls ein findiger und anschlägiger Geselle und wußte sich die Kenntnisse anzueignen, die er in seinem Schauspielerberuf brauchte. Wenn er 1604 dem Nürnberger Cellarius ins Stammbuch schrieb: „Omne tulit punctum, qui miscuit utile dulci“, so braucht er freilich noch kein sehr gründlicher Lateiner gewesen zu sein. Die erste urkundlich beglaubigte Thatsache im Leben Sackeville’s führt uns in das Jahr 1592. In diesem Jahr unternahm „Thomas Saxfield“ mit den Schauspielern Robert Brown, John Bradstreet und Richard Jones eine Kunstreise nach Deutschland. Zwei seiner Gefährten, Brown und Jones sind auch in der englischen Theatergeschichte bekannt. Ein Empfehlungsschreiben, datirt vom 10. Februar, das ihnen Lord Howard mitgab, ist an die Generalstaaten gerichtet, Howard sagt, daß die Schauspieler unterwegs auch Seeland, Holland und Friesland berühren wollten und dabei die Absicht hätten, [163] d'exercer leur qualitez en faict de musique, agilitez et joeuz de commedies, tragédies et histoires. Zur Herbstmesse 1592 finden wir Brown in Frankfurt a./M., im folgenden Herbste werden ebenda „Thomas Sachsweil“ und „Johann Bradenstreit“ ausdrücklich als seine Genossen erwähnt. Für die nächsten Jahre können wir Sackeville’s Verhältniß zu seinen Kunst- und Bundesgenossen nicht mit voller Bestimmtheit feststellen. Soviel ist aber sicher, daß er zu dem herzoglich braunschweig-lüneburgischen Hofe in ein bleibendes Dienstverhältniß trat, daß er jedoch dabei – ebenso wie seine Freunde, die am Cassel’schen Hofe angestellt wurden – noch zu allerlei Kreuz- und Querzügen Gelegenheit fand. Die erste urkundliche Erwähnung von Sackeville’s Anstellung in Braunschweig stammt aus dem Jahre 1597. Indeß hat er sich wohl schon in den Jahren 1593 und 1594 für längere Zeit in Braunschweig aufgehalten, denn damals erschienen die zehn Dramen des Herzogs Heinrich Julius im Druck, und S. hat ohne Zweifel zu der lustigen Person in diesen Dramen Modell gestanden. 1596 und 1597 finden wir ihn in Nürnberg, Augsburg, Frankfurt und Straßburg; in Frankfurt hatte er auch seine „Hausfrau“ bei sich, von der wir bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal etwas hören. Der Aufenthalt in Nürnberg ist merkwürdig, weil er hier auf die dramatische Production Ayrer’s ebenso einwirkte, wie in Braunschweig auf die des Herzogs. 1596 war er bei der Krönung Christian’s IV. in Kopenhagen zugegen. Nach 1602 finden wir ihn in seiner Eigenschaft als Komödiant nicht mehr erwähnt. Er sagte der Kunst Lebewohl und erwarb sich als Seidenhändler ein ansehnliches Vermögen. Als solcher bezog er die Messen zu Frankfurt, wo er in früheren Jahren als Clown oftmals die fremden Kaufleute belustigt hatte. Mit Braunschweig blieb er auch noch weiterhin als Hoflieferant in Verbindung; er wird als solcher mehrmals, zuletzt im J. 1617 in den Hofrechnungsbüchern erwähnt. Auch in der Flugschriftenlitteratur der Zeit wird wiederholt auf den lustigen Clown und seinen Berufswechsel angespielt, zuletzt im J. 1621. Ueber seine ferneren Schicksale und über sein Todesjahr ist nichts bekannt.

S. versah das Rollenfach der Clowns; er schuf sich unter dem Namen Jan Bouset (Hans Würzbier) eine besondere Abart des komischen Typus. Was für Effecte er mit besonderer Vorliebe zu verwenden pflegte, können wir noch aus den Dramen Ayrer’s und des Herzogs Heinrich Julius erkennen, daneben ist ein Bericht über den Narren Jan in Marx Mangoldt’s „Marckschiffs Nachen“ (1597) zu erwähnen. Burleske Bewegungen, Grimassen, vor allen Dingen auch die Darstellung des Lachens und Weinens hatten, wie es scheint, einen Hauptantheil an seinem Erfolg. Wie es mit seinen deutschen Sprachkenntnissen aussah, vermögen wir nicht mehr festzustellen.

Vgl. Cohn, Shakespeare in Germany. – W. Creizenach, Die Schauspiele der Englischen Comödianten (Deutsche Nationalliteratur, Bd. 23. Berlin und Stuttgart o. J., 1889); besonders S. VI ff. und XCVIII ff.