ADB:Runge, Heinrich (Berliner Stadtkämmerer)

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Artikel „Runge, Heinrich“ von Heinrich Pröhle in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 688–689, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Runge,_Heinrich_(Berliner_Stadtk%C3%A4mmerer)&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 12:29 Uhr UTC)
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Runge: Heinrich R., Nationalökonom und Alterthumsforscher. Er war geboren am 15. December 1817 zu Zehdenik in der Uckermarck. Mit dem 6. Jahre kam er in Begleitung seiner Familie nach Berlin. Durch sein Vermögen unabhängig, schloß er sich hier in seinem Mannesalter den fortgeschritteneren vormärzlichen Liberalen an. Um 1848 gehörte er zu den freilich aus verschiedenen Elementen bestehenden Kreisen der Stehely’schen Conditorei und lebte von 1851 bis 1861 in Zürich. Der Generalsuperintendent und Propst Dr. Brückner, den er kurze Zeit vor seinem Tode in einer Gesellschaft ganz plötzlich bat, ihm die Leichenrede zu halten, sagte in derselben: „Die Zeit, welche er in der Schweiz verlebte, war ganz dazu geeignet, das Wissen dieses Autodidakten zu bereichern, die Elasticität seines Geistes zu erweitern, denn der Mann der thatkräftigen Praxis war auch ein Mann ernster Wissenschaft.“ Er sammelte die Sagen der Schweiz, und die Schweizersagen in Pröhle’s „Deutschen Sagen“ (2. Aufl. 1879) sind fast ganz diesem ungedruckt gebliebenen Werke entnommen. Als Mitglied der antiquarischen Gesellschaft übernahm er aber die Abfassung des Textes zu dem großen Werke „Die Schweiz. Originalansichten ihrer interessantesten Gegenden, historisch merkwürdigsten Städte, Badeorte, Kirchen, Burgen“ u. s. w. Es erschien von 1863–70 in drei mächtigen Bänden und in zwei Ausgaben, darunter die Prachtausgabe, zu Darmstadt. 1854 verheirathete sich R. in Zürich mit Amalie geb. Bébié. 1861 ging er mit ihr nach Berlin. Er wurde hier unter der „neuen Aera“ auch alsbald zum Abgeordneten, dann 1862 zum Stadtverordneten, später zum Stadtrath und 1871 zum Kämmerer [689] erwählt. Ueber seine Thätigkeit als Kämmerer sagte der Oberbürgermeister v. Forckenbeck in der zweiten an seinem Sarge gehaltenen Rede: „Wenn er nicht davor zurückschreckte, Anforderungen an die Kraft der Bürgerschaft zu stellen, so war er eben so bestrebt, wie er höchst bezeichnend für sein Wirken schon in seinem Annahmeschreiben der ersten Wahl als Kämmerer es aussprach, die Maßnahmen der Verwaltung und namentlich die Lage der Gemeinde immer so klar zu stellen, daß nicht nur die Mitglieder der beiden Gemeindebehörden, sondern auch jeder Bürger die Nothwendigkeit der auferlegten Lasten begreifen und einsehen könne.“ Dies Versprechen, das Publicum zu belehren, scheint er auch dadurch gehalten zu haben, daß er, wie man sich erzählt, fast alle kleinen Notizen aus dem Magistrat in der Nationalzeitung von einem Tage zum andern auf dem Rathhause selbst schrieb; das Honorar hierfür überwies er dem Denkmal auf dem Niederwald. In der dritten an seinem Sarge gehaltenen Rede sagte der Stadtverordnetenvorsteher Dr. Stryck: „Als Verwalter und Leiter der städtischen Finanzen war R. naturgemäß der Mittelpunkt aller Anstrengungen, welche auf Einrichtungen hinzielten, wie sie das so schnell fortschreitende Wachsthum der Reichshauptstadt erheischte.“ Als Abgeordneter war R. der Parteigenosse des Herrn v. Forckenbeck und des Dr. Stryck gewesen. Er widmete sich während seiner letzten Lebensjahre ganz den städtischen Angelegenheiten. Mitten in der Unterhaltung mit zwei Stadträthen auf dem Rathhause über den Platz für eine neu zu erbauende evangelische Kirche sank er nieder und hauchte noch am Abende desselben Tages, am 26. November 1886, seinen Geist aus. Sein Begräbniß fand am 30. November 1886 überaus prachtvoll vom Rathhause aus statt, auf welchem die Stadtfahne schon während der Todtenfeier im großen Saale auf Halbmast wehte. R. wurde auf dem alten Luisenstädtischen Kirchhofe begraben.

Mündliche Mittheilungen der verwittweten Frau Kämmerer Runge. – Vossische Zeitung von 1886, letztes Vierteljahr, besonders „Runge’s Begräbniß“ in Nr. 560 Beilage vom 30. November. Seine schriftstellerische Thätigkeit bleibt dort unerwähnt.