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Artikel „Rose, Just Philipp“ von Ferdinand Frensdorff in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 181–185, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rose,_Just_Philipp&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 14:39 Uhr UTC)
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Rose: Just Philipp R., hannoverscher Staatsmann, geboren am 13. December 1787 zu Stade, † am 12. October 1849 zu Hannover. R., dessen Vater ritterschaftlicher und Landsyndicus zu Stade war († 1809), besuchte die lateinische Schule seiner Vaterstadt, dann die Domschule zu Bremen und studirte seit 1805 die Rechtswissenschaft in Göttingen. 1808 wurde er als Auditor der Secretarienstube der Regierung und der übrigen Collegien zu Stade zugelassen und 1810 zum Secretarius extraordinarius bei allen Collegien in Stade, der Regierung, der Justizkanzlei, dem Hofgericht und dem Consistorium, ernannt. Während der kurzen Zeit der Einverleibung der Elbgegend in das Königreich Westfalen bekleidete er die Stelle eines Büreauchefs in der Präfectur Stade; nachdem die ganze Küstengegend durch das Senatusconsult von 1810 dem französischen Kaiserreich incorporirt war, wurde er durch Vermittlung seines Freundes Berthollet, Inspectors der directen Steuern in dem Departement der [182] Elbmündungen, controlleur des contributions extraordinaires in Hamburg. So schwer er den Druck der Fremdherrschaft empfand, die Beschäftigung dieser Jahre hat, wie er selbst bezeugt, den Grund zu seiner genauen Kenntniß der Finanz- und Steuersachen gelegt. Als die Russen im Frühjahr 1813 Hamburg besetzten, eilte R. nach Stade zurück, um sich bei der neuerrichteten Regierungscommission zu melden. Die Rückkehr der Franzosen beseitigte die Anfänge der Reorganisation und zwang R., der seiner Stelle als Controlleur entsetzt und geächtet wurde, nach Holstein zu flüchten, wo er in Flottbeck Unterkommen fand und sich, seine Braut und deren durch die Kriegsereignisse verarmten Vater, den Kaufmann Möller aus Dänemark, erhalten mußte. Als im December 1813 definitiv die rechtmäßigen Behörden wieder hergestellt wurden, erhielt R. seinen Platz als wirklicher Regierungssecretär zu Stade. Im Januar 1816 wurde er nach Hannover zu commissarischer Beschäftigung berufen, und im März vom Cabinetsministerium beauftragt, an Stelle des Legationsraths v. Duve den Vortrag und die Expedition in den Bremen- und Verdenschen Landessachen zu versehen. Hatte man ihm im Vertrauen auf seine „geschickte und zelirte Dienstleistung“ dies Ressort übertragen, so brachte man ihn alsbald auch mit den landständischen Angelegenheiten, in denen er die Arbeit seines Lebens finden sollte, in Verbindung. In die von den Ständen niedergesetzte Committe zur Ausmittlung des den bisher Exemten aufzuerlegenden Beitrages zu der Contribution als einer der königlichen Commissarien entsandt, hatte er, da seine Mitcommissare, Graf v. Merveldt und Amtsassessor Flügge, an der Theilnahme behindert waren, den Standpunkt der Regierung allein zu vertreten. 1817 wurde er zum Geheimen Kanzleisecretär mit dem Titel Kanzleirath ernannt und im Herbst des folgenden Jahres zum Mitgliede der Liquidationscommission bestellt, welche aus dem Regierungsrath Rumann und dem Kanzleirath Lichtenberg bestehend, die Forderungen gegen die Krone Frankreich zu prüfen und zu befriedigen hatte. 1820 trat er in die zweite Kammer der Ständeversammlung als Abgeordneter für die Stadt Verden und nahm hier bald eine Stellung ähnlich derjenigen ein, die einst Rehberg inne hatte (s. A. D. B. XXVII, 576). Als Rehberg 1822 den Staatsdienst verließ, wurde R. sein Nachfolger, den Geschäften wie dem Einflusse nach. Er erhielt den Vortrag in den allgemeinen Finanzangelegenheiten und die allgemeine landschaftliche Expedition mit Titel und Rang eines Hofraths. Zwei Jahre später zum wirklichen Geheimen Cabinetsrath ernannt, war er seitdem der Mittelpunkt aller Geschäfte und erfreute sich des vollen Zutrauens des Generalgouverneurs, des Herzogs von Cambridge, wie der Minister in Hannover. Er galt als des Ministers v. Bremer rechte Hand. Als sich aber in jenen Jahren der Gegensatz zwischen der Regierung in Hannover und dem Minister bei der Person des Königs, dem Grafen Münster, merklich schärfte, blieb auch R. davon nicht unberührt. Dies hinderte nicht, daß er gegen die „Anklage des Ministeriums Münster vor der öffentlichen Meinung“ eine „Actenmäßige Widerlegung“ schrieb (s. A. D. B. XXIII, 181). Zu den wichtigeren Regierungshandlungen, an denen ihm ein wesentlicher Antheil zukam, gehören: der Vertrag mit Bremen vom 11. Januar 1827 wegen Erbauung eines Hafens an der Geeste und Weser (Bremerhafen) und Regulirung gemeinschaftlicher Handels- und Schiffahrtsverhältnisse, der Vertrag vom 1. Mai 1834, der die Begründung des Steuervereins zwischen Hannover und Braunschweig, dem sich dann noch Oldenburg anschloß, zum Gegenstand hatte, ganz besonders aber die Schaffung des Staatsgrundgesetzes. In allen Stadien seiner Entstehung war er thätig. Er stellte während des Sommers und Herbsts 1831 im Verein mit Dahlmann, Falcke u. A. (s. A. D. B. VI, 545) den Entwurf auf. Als dann am 15. November der aus sieben königlichen und vierzehn ständischen Commissaren [183] gebildete Ausschuß zur Vorberathung zusammentrat und bis zum 14. Februar 1832 über den Entwurf verhandelte, fiel die ganze Last seiner Vertretung R. zu; denn von den übrigen königlichen Commissaren griffen die Minister Schulte, der den Vorsitz führte, und v. d. Wisch nur selten in die Debatte ein und Dahlmann hat während der ganzen Zeit seiner Anwesenheit nur einmal gesprochen. Dazu kam, daß R. mit redegewandten und zum Theil sehr sachkundigen Rednern verschiedenartigster Parteistellung zu thun hatte. Doch gelang es Rose’s Vermittlungstalent, ein positives Resultat zu Stande zu bringen, was von guter Vorbedeutung für die Berathung der Verfassungsvorlage im Plenum des am 30. Mai 1832 eröffneten Landtages war. Hier hatte R., als Abgeordneter des Consistoriums zu Hannover der zweiten Kammer angehörig, den mühsam zu Stande gebrachten Entwurf des Staatsgrundgesetzes gegen die verstärkten Angriffe der Liberalen wie gegen den Widerstand der Mitglieder der ersten Kammer zu vertheidigen, im Plenum wie in der ständigen Conferenz, welche zur Ausgleichung der Beschlüsse der beiden Theile des Landtags von vornherein bestellt war und neben ihm aus der zweiten Kammer Stüve und Theodor Meyer zu Mitgliedern hatte. Sein größtes Verdienst liegt im Bereiche des Finanzcapitels. Seine Rede vom 30. Juni, welche die Verfaffungsberathung eröffnete, hat eine gewisse Berühmtheit erlangt; denn ihre Darlegung der Verhältnisse der königlichen Cassen verschaffte zum ersten Male weiteren Kreisen einen Einblick in die Sachlage, die, bis dahin im Dunkel erhalten, den demagogischen Verdächtigungen der letzten Jahre einen willkommenen Stoff geboten hatte. Sein Ziel, die Vereinigung der königlichen und der Landescasse, nicht weniger die Vinculirung des ständischen Steuerbewilligungsrechts durch Feststellung dauernder gesetzlicher Ausgabekategorieen wurde erreicht. Damit war das Schwerste durchgesetzt und der Ausgang der Verfassungsberathung gesichert. In gerechter Anerkennung seiner Verdienste richtete König Wilhelm IV. an dem Tage, da er das Staatsgrundgesetz durch seine Unterschrift vollzog (26. Septbr. 1833), an R. ein Schreiben mit der Erklärung: „daß eure seltene Einsicht und Festigkeit, unsere und unserer Regierung Rechte stets vertheidigend und gleichwohl die ständischen Gerechtsame und Befugnisse nach ihrem wahren, von uns nie verkannten Werthe ehrend, sowie euer höchst kluges, ruhiges und offenes Benehmen und eure ausgezeichnete, auf tiefe Sachkenntniß gestützte Geschäftsgewandtheit, indem sie euch die allgemeine Achtung erworben, höchst wesentlich mit dazu beigetragen haben, in Frieden und Eintracht zu erreichen, woran in andern deutschen Staaten die constitutionsmäßige Verfassung oder wenigstens die ständische Wirksamkeit für den Augenblick mehr oder weniger gescheitert ist“. Zugleich wies ihm der König eine Gratification von 3000 Thlr. auf die Generalcasse an unter Vorbehalt eines demnächstigen dauerhaften Geschenks. Die Anerkennung des Landes sprach die Universität aus, die R. zu ihrem Abgeordneten in die auf Grund der neuen Verfassung berufene Ständeversammlung erwählte und bei dem Jubiläum des Jahres 1837 zum Dr. jur. und Dr. philos. honoris causa promovirte. Daneben hat es nicht an Angriffen auf seine Thätigkeit gefehlt. Man hat ihm den Stillstand der Gesetzgebung nach 1833, die Unterlassung des Ausbaues der Verfassung durch organische Gesetze zum Vorwurf gemacht. Aber die allgemeinen politischen Verhältnisse nach den Wiener Ministerialconferenzen von 1834, mochte auch Metternich während derselben dem hannoverschen Finanzcapitel und dessen Urheber seine Anerkennung ausgesprochen haben, und die im Hinblick auf einen Regierungswechsel wachsende Opposition des Adels in der ersten Kammer, welche durch ihren Führer, den Freiherrn Georg v. Schele, sich mit dem Herzoge Ernst August von Cumberland in Verbindung setzte, stellten der Verwirklichung der Verfassungsgrundsätze große Hindernisse [184] in den Weg. Schwerer scheint der Vorwurf zu wiegen, R. habe versäumt, der neuen Verfassung die Anerkennung des Thronfolgers zu sichern. Der Vorwurf ist nicht an die rechte Adresse gerichtet. Die Verhandlung mit dem Könige und dem Thronfolger ging durch die Minister; wenn R. deren mangelhaften Erfolg nicht in der Kammer mittheilte, so geschah das in der gerechten Besorgniß, daß, sobald erst einmal die Opposition Cumberland’s zur öffentlichen Kunde gekommen sei und etwa gar eine parlamentarische Erörterung hervorgerufen habe, eine nachträgliche Nachgiebigkeit des starrköpfigen Thronfolgers nicht mehr zu erwarten war. Die großen Verdienste, welche sich R. um das Land und um das Fürstenhaus erworben hatte, schützten ihn nicht nur nicht, als König Ernst August ans Ruder gelangte, sondern wie vormals Rehberg, so ersah ihn sich jetzt die Adelspartei zum Opfer. Als Minister v. Schulte im Juli 1838 den König um Urlaub bat und auf die Frage nach dem die laufenden Geschäfte übernehmenden Vertreter den geheimen Cabinetsrath R. nannte, erwiderte Ernst August in unwilligem Ausdruck: das wolle er nicht, R. habe ihm in der letzten Ständeversammlung zu viel Schaden gethan, und beauftragte Cabinetsminister v. Schele, Rose’s Abschied auszufertigen. Obschon R. sich mit Recht darauf berufen konnte, seines Wissens nie Premierminister gewesen zu sein, sondern nur Beschlüsse des Geheimen Raths vorbereitet und ausgeführt zu haben, wurde ihm doch alles, was dem Könige und Schele an der Entwicklung seit 1831 widerwärtig war, Schuld gegeben: das Staatsgrundgesetz, die Cassenvereinigung so gut wie die Thronrede des Vicekönigs von 1831, welche die allgemeine Zugänglichkeit der öffentlichen Aemter declarirt hatte. Der König wie sein Minister wollten das Staatsdienerthum treffen. In R., den er bei einer Vorstellung vor 1837 in einer seiner beliebten ironischen Wendungen als den Lord John Russell von Hannover bezeichnet hatte, erblickte Ernst August den Beamten, „der den Liberalismus ins Ministerium eingeführt hatte“. Ihn galt es zu beseitigen, und andere zu schrecken. Das entschiedene und würdige Verhalten Rose’s, der erst gegen schriftliche Zusicherung gewisser Bedingungen durch den Cabinetsminister zur Einreichung eines Abschiedsgesuchs sich bereit erklärte, verfehlte nicht des Eindrucks. Die Audienz, in welcher Ernst August von ihm, wenn er nicht selbst der Schuldige sei, die Schuldigen genannt wissen wolle, da er seine Diener kennen zu lernen wünsche, unterblieb. Am 20. Juli 1838 gewährte ihm Ernst August in Gnaden seine Entlassung unter Beilegung einer Pension von 3000 Thalern, deren Genuß von der ausdrücklichen Bedingung abhängig gemacht wurde, daß er ohne die Genehmigung des Königs nicht in die Ständeversammlung eintreten dürfe. Die Worte des Formulars: und zweifeln übrigens nicht, daß Ihr auch künftig uns und unserm königlichen Hause mit Treue ergeben sein werdet, hatte der König eigenhändig in „und erwarten“ umgeändert. Wie die Gestattung des Rescripts: „in den nächstfolgenden zwei Jahren außerhalb unsers Königreichs Euren Aufenthalt zu nehmen“ zu verstehen sei, zeigt das Schicksal einer Eingabe, in der R. im Frühjahr 1842 aus Familienrücksichten die Erlaubniß zur Rückkehr erbat. Schele eröffnete ihm, daß Sr. Majestät seine Anwesenheit in der Residenz nicht angenehm sein würde, indem Verhältnisse dadurch entstehen möchten, die R. selbst nicht herbeiführen würde, aber auch nicht hindern könne. Seit seiner Verabschiedung lebte R. in Braunschweig. Als im Mai 1848 die Wahlen zum deutschen Parlamente vorgenommen werden sollten, erinnerte man sich seiner in verschiedenen hannoverschen Wählerschaften, und der 17. Bezirk, die Stadt Verden und Umgegend, erkor ihn zum Abgeordneten. R. fühlte sich zu alt und zu kränklich, um auf den politischen Schauplatz zurückzukehren. Von Heimweh getrieben, suchte er im Herbst 1849 seine Vaterstadt auf, um dort seinen Wohnsitz wieder zu nehmen, [185] aber schon nach 14 Tagen starb er. – R. war zweimal verheirathet; seine zweite Frau war die Tochter des 1826 verstorbenen Geh. Cabinetsraths Wilhelm Hoppenstedt. Ein Sohn erster Ehe, Fritz R., bekleidete von 1849 bis zu seinem Tode im J. 1887 die Stelle eines Universitätsraths in Göttingen.

(Freudentheil) Conversationslexikon der Gegenwart IVa (1840), S. 634, wiederholt im N. Nekrolog der Deutschen, Jahrg. 27, S. 813 (mancherlei Irrthümer). – Bilder aus vergangener Zeit (C. Sieveking) II, 151. – Mittheilungen aus den Personalacten, die ich der Güte des Sohnes, des Herrn Verwaltungsgerichtsdirectors Rose zu Hildesheim, verdanke.