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Artikel „Riotte, Philipp Jakob“ von Max Dietz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 28 (1889), S. 647–648, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Riotte,_Philipp_Jakob&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 13:16 Uhr UTC)
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Riotte: Philipp Jakob R., Componist, geboren zu St. Wendel bei Trier am 16. August 1776. Wahrscheinlich einer französischen Emigrantenfamilie entstammend, erhielt er durch A. André in Offenbach gründlichen musikalischen Unterricht. Nachdem er bereits 1804 als Claviervirtuose und Componist in Frankfurt a. M. sich bemerkbar gemacht und durch einige weitere anmuthige Tonwerke sich hohe Gönner verschafft, ward ihm 1808 die Ehre zu theil, am Fürstencongreß zu Erfurt vor einem „Parterre von Königen“ die französischen Opernvorstellungen zu leiten. 1809 begab er sich nach Wien, wo er seitdem verblieb, und dirigirte hier selbst im April im Kärnthnerthortheater die Aufführung seiner Operette: Das Grenzstädtchen. In der Folge war er lange Jahre [648] hindurch als Capellmeister an verschiedenen Vorstadttheatern der österreichischen Metropole thätig und entfaltete eine unermüdliche Fertigkeit im Componiren von Theaterstücken, wie sie dem damals in Wien herrschenden Modegeschmack entsprachen. Außer einer Oper („Prinz Nuradin“), einigen Singspielen und der Musik zu Schauspielen (so zu Werner’s Tragödie „Wanda“, zum Drama „König Richard in Palästina“ u. a.) finden wir da das Genre der Operette und der parodirenden Localposse („Vetter Lucas von Jamaica“, „Die Witwe und ihre Freier“, „Die Lieb’ auf der Alm“, „Die Lieb’ in der Stadt“, „Die geschwätzige Stimme von Nußdorf“, „Der Postillon von Stadelenzersdorf“, „Der Kampf der Eilfer mit den Zwölfern oder von halb acht bis dreiviertel eilf“), das der Pantomime und des Kinderballets, namentlich aber das des damals so hochbeliebten Zauberspiels („Kasem oder die Launen des Glücks“, „Die Gaben des eisernen Königs“, „Das goldene Kleeblatt oder Männertreue auf der Probe“, „Der Berggeist Rübezahl“, „Hymens Zauberspruch“, „Moisasur’s Zauberfluch“, „Der Felsenthurm auf Rabenhorst“, „Staberl als Freischütz“, „Kupferschmied, Koch und Kappelmacher“ u. a. m.) zahlreich vertreten. Noch als 76jähriger Greis trat R., dessen Wahlspruch: Rast’ ich, so rost’ ich, gewesen zu sein scheint, mit einer den Triumph des Christenthums unter Constantin dem Großen verherrlichenden Cantate nicht ohne Erfolg hervor. Er starb zu Wien am 20. August 1856.

R. war ein musikalischer Polygraph. Seine rastlose Feder hat eine überaus große Zahl von Werken aller Art producirt, in denen eine gewandte Mache, eine ansprechende Melodiösität, aber ebenso auch der Mangel an originaler Schöpferkraft deutlich zu Tage treten. Für sein künstlerisches Verfahren sind gleich seine Sonaten bezeichnend; sie alle enthalten gelungene Themen, deren Ausarbeitung indeß routinegemäß erfolgt und sich bald ins Gewöhnliche verliert. In seinen Bühnenstücken huldigt er in ausgiebigem Maaße dem Zeitgeschmack. Bedeutender als diese kurzlebigen Producte, mit denen er in unersättlicher Fruchtbarkeit die Wiener Vorstadtbühnen überschwemmt hat, ist seine obenerwähnte Cantate „Der Sieg des Kreuzes“ (aufgeführt am 29. November 1852), eine in weichen Linien gehaltene Composition, die manch Hübsches und Tüchtiges enthält und sorgfältiger ausgeführt ist, wie die meisten seiner übrigen Werke. Bemerkenswerth sind außerdem seine geschickt entworfenen und brillant ausgeführten Programmusiken zu wichtigen zeitgenössischen Ereignissen der napoleonischen Geschichtsepoche, nämlich die charakteristischen Tongemälde für das Pianoforte: „Europens Wonnetag. Die Vermählungsfeier Marien Louisens mit Napoleon I.“; „Die Schlacht bei Kulm oder Europa’s erster Sieg im heiligen Kampf“; „Die Schlacht bei Leipzig oder Deutschlands Befreiung“. Im ganzen ist R. als ein Ableger der classicistischen Traditionen der Wiener Schule zu bezeichnen und reiht sich unter die vielen Nachtreter und Popularisirer der Mozart’schen Weise.