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Artikel „Rieppel, Ferdinand“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 28 (1889), S. 567–568, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rieppel,_Ferdinand&oldid=- (Version vom 20. Dezember 2024, 14:16 Uhr UTC)
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Rieppel: Ferdinand R., Historienmaler und Kunststicker, wurde am 14. December 1818 auf dem seinen Großeltern gehörigen Hammeranwesen Hopfau bei Erbendorf (in der Oberpfalz) geboren. Welch’ tiefer Ernst oft im kindlichen Spiele liegt, beweist die Thatsache, daß der frühreife Knabe sich mit selbsterfundenen Zeichnungen zu Stickereien und deren Ausführung beschäftigte; was er seinen talentvollen Schwestern ablauschte, versuchte er in schulfreien Stunden mit der Nadel nachzubilden, ahnungslos, daß es dereinst sein Lebensberuf werden sollte, die alte Kunsttechnik der sogenannten Nadelmalerei in neuen Flor zu bringen. Vorerst wurde R. freilich nur zum Faßmaler bestimmt und bei dem Vergolder Joh. Wild in Kemnath zünftig aufgenommen. Doch übte er sich nebenbei auf eigene Faust ebensowol in der Musik, wie in der Landschaftsmalerei, bis er um 1840 den Weg nach München nahm und an der Akademie gleichzeitig mit Karl Piloty und den jetzt als Glasmaler thätigen Brüdern Heinrich und Burkhardt aufgenommen wurde. Der biedere Joseph Schlotthauer und Clemens [568] Christian Zimmermann schulten den lernbegierigen Eleven, welcher nebenbei durch Porzellanmalerei die nothwendigen Existenzmittel erringen mußte. Liebe und Noth machen erfinderisch. So gründete R. 1844 ein Zeichnungsgeschäft für Kunststickerei und lieferte Vorlagen für großindustrielle Firmen wie Hage, Grosjean, Gerdeißen, Jörres u.a., bis er 1869 eine eigene Anstalt für Kunststickerei gründete, wobei seine hochgebildete Tochter Marianne R. die Leitung des praktischen Theiles besorgte. Aus diesem Institut, dessen durchweg artistische Richtung Rieppel’s unbestrittenes Verdienst blieb, ging eine große Anzahl von Arbeiten hervor, welche sowol weltlichen als liturgischen Ansprüchen, Bedürfnissen und Bestellungen entsprechen. R. verstand nicht nur, in hohem Grade stilgerecht zu zeichnen, sondern seine Entwürfe und Compositionen auch dem jeweiligen Material anzupassen und sie ausführbar zu machen. Was hier mit vereinten Kräften durch Vater und Tochter geleistet wurde, erhielt die gerechte Anerkennung und Bewunderung. So entstand z. B. im Auftrage ungarischer Edelleute, darunter auch Se. Eminenz der kunstsinnige Fürstprimas Simor, eine Fahne, welche, ebenso prächtig wie stilgerecht, bei ihrer Ankunft zu Preßburg einen wahren Beifallssturm hervorrief; dann folgte (nach den Entwürfen von Adolf Guggenberger) eine Fahne für das Gymnasium St. Stephan zu Augsburg, deren Ausführung eine Arbeit von 310 Tagen in Anspruch nahm; ein Banner für die Bergknappen in Berchtesgaden u. s. w. Die prachtvollen Fahnenbänder, welche König Ludwig II. zum Jubiläum des ersten Infanterieregiments „König“ stiftete, gingen aus dieser Anstalt hervor. Auch kostbare Arbeiten für Kirchenschmuck und liturgische Gewänder, Dalmatiken und Anderes wurden nach allen Theilen der Welt geliefert. Vieles entstand auch für andere Firmen. Im J. 1876 wurde R. auf der Münchener Kunstindustrieausstellung prämiirt und erhielt ein ehrenvolles, rühmliches Diplom, ohne daß jedoch sein Name in den officiellen Katalog gekommen wäre. – Es gibt stille Menschen, die nie etwas aus sich machen, nie ihre Fähigkeiten vor den Augen der Welt auslegen oder nach Jahrmarktssitte sich brüsten und doch eine Tiefe haben, welche nur wenige ahnen und kennen. R. war mit einer so seltenen Natur begabt. Er besaß eine eiserne Willenskraft, mit welcher er sich trotz aller feindseligen Verhältnisse durchkämpfte und seine Stellung errang; er trug bei unverschuldeten Prüfungen lieber Entbehrungen und baute auf Mühe, Arbeit, Ausdauer und Tüchtigkeit seinen ehrlichen Namen. Die Kunst galt ihm Alles; Trost und Erholung boten ihm Botanik und Musik; er handhabte als Autodidakt Orgel und Clavier, Flöte und Zither; auch für Mechanik besaß er ein besonderes Ingenium, was er in dieser Richtung probirte, gelang. Der große, wie es schien, kerngesunde und immer blühend aussehende Mann starb nach langen, schweren und mit unendlicher Geduld ertragenen Leiden am 1. Juli 1882. Seine Tochter trat in würdiger Weise in die Fußtapfen ihres Vaters.

Vgl. Nr. 80 Augsburger „Sammler“ vom 6. Juli 1882. – Beil. 326 Allgemeine Zeitung vom 22. November 1882. – Kunstvereinsbericht für 1882. S. 67 ff.