ADB:Reiche, Ludwig von (preußischer Major)

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Reiche, Ludwig von“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 27 (1888), S. 654–655, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Reiche,_Ludwig_von_(preu%C3%9Fischer_Major)&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 16:10 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 27 (1888), S. 654–655 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Ludwig von Reiche (Major) in der Wikipedia
Ludwig von Reiche in Wikidata
GND-Nummer 138434239
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|27|654|655|Reiche, Ludwig von|Bernhard von Poten|ADB:Reiche, Ludwig von (preußischer Major)}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=138434239}}    

Reiche: Ludwig v. R., preußischer Major und Führer eines nach ihm benannten Freicorps, ein Vetter des General A. F. L. K. v. Reiche (s. d.), am 17. Mai 1774 zu Hannover geboren, trat gleich jenem 1788[WS 1] zu Wesel, aber beim Infanterieregiment von Romberg in den preußischen Dienst, wurde ebenfalls 1792 Officier und focht bis zum Frieden von Basel mit ihm gemeinsam gegen die Franzosen. Dann trennten sich die Wege der beiden Vettern, doch war es der beiden gemeinsame Sinn für zeichnerische Künste und was damit zusammenhängt, was damals ihre Schritte lenkte und was auch später auf des älteren, der uns hier beschäftigt, Lebensgang von großem Einfluß war. Für jetzt äußerte sich dieser dahin, daß R. an den Aufnahmen des Generals Le Coq in Westfalen theil nahm. Dann kam das Jahr 1806. R. gehörte damals zur Besatzung von seines Vetters Vaterstadt Nienburg; mit Kanonenschüssen antwortete er auf des Feindes Versuch sich des von ihm zu vertheidigenden Hornwerks zu bemächtigen, aber der Commandant Generalmajor v. Strachwitz capitulirte trotz seines vorangegangenen Rodomontirens und R. ward kriegsgefangen. Nach Friedensschluß nahm er seinen Abschied, trat in den Tugendbund und ward eines der thätigsten Mitglieder desselben. Als Bernsteinhändler verkleidet verließ er im [655] J. 1809 Königsberg, um Westfalen zu insurgiren, aber dieselben Schriftstücke, welche an Stein zu Verräthern wurden, veranlaßten, daß R. steckbrieflich verfolgt wurde; er kehrte nach Berlin zurück und, da er auch dort nicht sicher war, ging er nach Oesterreich und trat in die fränkische Legion, in welcher er eine Compagnie commandirte. Nach Friedensschlusse kehrte er nach Berlin zurück und gründete, um Lebensunterhalt und Beschäftigung zu haben, eine Zeichenakademie; kaum aber war im J. 1813 die Morgenröthe der Befreiung am östlichen Himmel aufgestiegen, so griff er wieder zu den Waffen. Er rief sofort Freiwillige auf und noch unter den Augen der Franzosen exercirte er dieselben zu Berlin auf dem Dönhoffsplatze. Das von ihm gebildete, nach ihm benannte und von ihm geführte „Ausländische Jägerbataillon“ (jetzt Füsilierbataillon zweiten Magdeburgischen Infanterieregiments) war bereits Ende April marschfähig und hat an den Kämpfen der Jahre 1813 und 1814 ehrenvollsten Antheil genommen. Nach dem Waffenstillstande gehörte es der Nordarmee, insonderheit der vom General Graf Wallmoden an der Niederelbe befehligten Heeresabtheilung an: später ging es mit Bülow nach Holland. Die Treffen bei Vellahn und bei der Göhrde, die Stürme auf Bremen, Zütphen und Arnheim, die Gefechte von Aalst, Crevecoeur und Hoogstraten und die Belagerung von Gorkum waren[WS 2] es, wo R. mit den Seinen hauptsächlich Gelegenheit zur Auszeichnung fand; zuletzt war er mit der Einschließung von Venloo beauftragt; auch bei der Errichtung von niederländischen Truppentheilen war er thätig. Als 1815 der Krieg von neuem entbrannte, ward er mit der Aufstellung von Landwehren im Cleveschen beauftragt, gerieth dabei durch seinen rücksichtslosen Feuereifer mit Behörden und Privatpersonen in Zwistigkeiten, ward verklagt und vor ein Kriegsgericht gestellt, welches den Ausspruch that, daß er seinen Pflichten als Soldat stets in ausgezeichneter Weise Genüge geleistet habe, trotzdem aber wurde er pensionirt. Er nahm nun wieder zur Zeichenkunst seine Zuflucht. Der Steindruck war soeben erfunden; er errichtete zu Berlin eine lithographische Anstalt, welche bald darauf das Kriegsministerium übernahm und blieb bis zum Jahre 1820 Director derselben. Durch Verleihung der goldenen Medaille für Kunst und Wissenschaft wurden seine Verdienste anerkannt. Während der späteren Jahre seines Lebens beschäftigten ihn Erfindungen auf dem Gebiete des Geschützwesens. Er starb auf einer Reise zu Weimar am 25. Februar 1840.

Neuer Nekrolog der Deutschen, 18. Jahrgang. 1. Theil, Weimar 1842.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: 1778
  2. Vorlage: worin