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Artikel „Ranconis, Adalbert“ von Johann Friedrich von Schulte in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 27 (1888), S. 226–227, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ranconis,_Adalbert&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 08:53 Uhr UTC)
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Ranconis: Adalbert oder Albert R., Theologe. Er führt in den Handschriften seiner Werke den Beinamen de Ericinio, unzweifelhaft von seiner Geburtsstadt Haid (erica = Haide) in Böhmen, wie Loserth zuerst mit Recht hervorhebt und durch den Zusatz de Heituno einer Handschrift bestätigt wird. Er ist spätestens 1325 geboren, da er im November 1355 Rector der Pariser Universität war, nach deren Statuten seit 1260 nur 30 Jahre alte Mitglieder wählen konnten, ein nicht activ wahlfähiger aber schwerlich, obwohl für den Rector kein Alter vorgeschrieben war, zum Rector gewählt wurde. Im J. 1348 wurde er in Paris magister artium, gehörte daselbst der „englischen Nation“ an, die England, Deutschland, Ungarn und Polen umfaßte, wurde auf St. Michael 1349 und wiederum 1350 zu deren procurator gewählt. In den Protokollen wird er M. (magister) Albertus Boemus oder de Bohemia genannt und „familiaris clericus serenissimi principis et DD. Caroli Romanorum regis semper Aug. et Bohemiae regis“, war also bereits 1349 Hofcaplan Karl’s IV. In Oxford hat er sicher nie studiert, an der Prager Universität nie gelehrt, wie Loserth durch ein Versehen Höfler’s irregeführt behauptet – die Ziffer einer Anmerkung ist nämlich statt zu Heinrich von Oyta zu Ranconis gesetzt. – Ende der sechziger Jahre treffen wir ihn in Prag, er kam 1370 mit Heinrich von Oyta in einen theologischen Streit, ging in Folge dessen wieder nach Paris, wo er 1373 verweilte. Heinrich wurde von Rom wegen der gegen ihn erhobenen Beschuldigungen freigesprochen. Im J. 1375 erscheint er in Prager Urkunden als Scholasticus des Domcapitels. Mit dem Erzbischof kam er in einen heftigen Streit, in dem sich sein durchaus unwahrer Charakter auf’s neue, wie das schon in dem mit Heinrich geschehen war, zeigte. Sein Tod darf auf Grund seines Testaments vom 4. März 1388 und eines Briefs des Erzbischofs in’s Jahr 1388 gesetzt werden, der Todestag, 15. August, steht fest. R. wird von den tschechischen Schriftstellern seiner Zeit und bis auf die Gegenwart als ein Wunder von Gelehrsamkeit und Berühmtheit gepriesen. Die erhaltenen Schriften liefern dafür keinen Anhalt; der erste Grund dieses Ruhmes: die Bekleidung des Rectorats in Paris ist nichtig, da das Rectorat seit 1279 alle drei Monate wechselte, der Rector gar nicht einmal doctor sein durfte und sehr viele, auch literarisch namenlose „Fremde“ das Amt inne gehabt haben. Der wahre Grund dieser aufgebauschten Größe lag darin, daß er für die tschechische Sprache eintrat und sich an den nationalen Streitigkeiten gegen die Deutschen betheiligte; dazu kommt eine maßlose Selbstrühmerei und die stete Hervorhebung seiner Bedeutung. Von den zahlreichen Schriften, die er geschrieben haben soll, sind erhalten: „Epistola de frequenti communione laicorum sub una“, gerichtet an den Pfarrer von St. Martin in Prag, aus der Zeit des Erzbischofs Johannes, offenbar des zweiten, also zwischen 1365 und 1380. Sie ist erhalten in verschiedenen Handschriften in Prag u. a. Grabrede auf Karl IV. (Cod. univ. [227] Prag. XIV, C. 6.). Synodalpredigt des Jahres 1375. Apologia, die Schrift, weiche seine Rechtfertigung im Streite mit dem Erzbischof enthält und sich insbesondere über das Fegefeuer, das Fest Mariä Heimsuchung und das Heimfallsrecht verbreitet (in Hss. zu Prag und Breslau erhalten). Eine Art Protest „De vectigalibus (clero) impositis“ (Cod. 745 der Wiener Hofbibl.).

Balbin, Bohemia docta Tr. I, p. 97 sq.; II, p. 98 sq. – Du Boulay, Hist. univ. Paris. IV, p. 314, 319, 327, 332. – Palacky, Ueber Formelbücher II, 151 (ein Brief von 1372). – Meine canonist. Handschr. der Bibl. in Prag, Nr. 88, 159. – Borowy, Libri erectionum archid. Prag, I, 103, 107. – Palacky, Gesch. v. Böhmen III, 1, S. 165. – Höfler, Magister Johannes Hus, S. 119 f. Andre bei J. Loserth, Beitr. zur Gesch. der Husitischen Bewegung, II. Der Magister A. R. de E. im Archiv für österr. Gesch. Bd. 57, S. 205–276.