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Artikel „Rüdiger, Karl August“ von Richard Hoche in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 468–470, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:R%C3%BCdiger,_Karl_August&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 00:40 Uhr UTC)
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Rüdiger: Karl August R., Schulmann und Philologe, 1793–1869. Er wurde in Ichstädt, einem schwarzburg-rudolstädtischen Dorfe im Amte Frankenhausen, am 2. Januar 1793 geboren, wurde in Naumburg a. d. S. im Hause eines Oheims erzogen und besuchte das dortige Domgymnasium von 1802 bis 1811. Von seinen Lehrern, denen er besondere Förderung verdankte, sind A. G. Gernhard (s. A. D. B. IX, 37) und G. G. Wernsdorf zu nennen. Ostern 1811 begann R. seine Studien in Leipzig, zuerst ausschließlich theologische; nach und nach wandte er sich, durch Chr. D. Beck und G. Hermann angezogen, vorwiegend der Philologie zu, war auch Mitglied des philologischen Seminars und der Griechischen Gesellschaft. Seine eingehende Beschäftigung mit Demosthenes begann schon damals. – Ostern 1815 bestand R. das theologische Candidatenexamen und wurde bald nachher zum Collaborator an der damals noch sächsischen Landesschule Pforta ernannt, an deren Spitze Ilgen stand. Mit dankbarer Erinnerung hat er stets dieser glücklichen Lehrzeit und des trefflichen Rectors gedacht, dessen Leitung er freilich nur kurze Zeit genießen sollte. Nachdem er am 1. März 1816 in Leipzig zum Dr. phil. promovirt worden war, erhielt er eine Berufung als Conrector an das städtische Gymnasium in Freiberg i. S., dessen Rector sein früherer Lehrer Gernhard 1811 geworden war. Im Januar 1817 trat er dies neue Amt, mit welchem der philologische Unterricht in den obersten Classen verbunden war, an; die Stellung bestiedigte ihn so sehr, daß er andere ihm gebotene Stellen, selbst eine Professur in St. Afra, ablehnte. Der Rath von Freiberg dagegen wußte den Werth des ausgezeichneten jungen Lehrers und Gelehrten auch seinerseits zu schätzen und wählte ihn 1820, als Gernhard einer Berufung nach Weimar folgte, zu dessen Nachfolger im Rectorate. Die Aufgaben [469] dieses Amtes hat der eben 27jährige mit Einsicht und Kraft erkannt und gelöst; eine ganze Reihe segensreicher Maßregeln, wie die Loslösung des Gymnasiums von dem Schullehrerseminar und der Bürgerschule, die Errichtung eines Alumnates, die Gründung der bis dahin fehlenden Unterclassen u. a. m., waren seiner Initiative zu verdanken. Auch für das sächsische Gymnasialwesen überhaupt entfaltete er, namentlich nach den Umgestaltungen von 1830, eine lebhafte Thätigkeit; u. A. wurde eine größere von ihm 1833 verfaßte Denkschrift maßgebend für die Neugestaltung der erzgebirgischen Gymnasien (vgl. Landtagsacten von 1833/34, Theil 1, Bd. 3, S. 510–520). Zu diesen an sich schon sehr umfangreichen Arbeiten kamen noch eine vielseitige litterarische Thätigkeit, ein ausgedehnter Schulunterricht und eine lebhafte und schaffende Theilnahme an wissenschaftlichen Vereinen, namentlich an dem sächsischen Alterthumsvereine, und verschiedenen öffentlichen Anstalten, so daß seine Kräfte schließlich der Ueberanstrengung erlagen. Im Herbst 1841, als man sich bereits rüstete, den 25. Gedenktag seines Eintrittes in Freiberg zu feiern, erkrankte er an einem Nervenleiden, welches Anfang 1842 seine Ueberführung in die Heilanstalt Colditz nöthig machte. Zwar trat allmählich eine Besserung ein, namentlich nach dem Besuche einer Kaltwasserheilanstalt, R. sah sich aber doch genöthigt, um seine Emeritirung nachzusuchen, die ihm auch auf Ende 1842 gewährt wurde. Er siedelte nun nach Dresden über und hier zeigte sich allmählich eine Linderung seines Leidens; er konnte wieder wissenschaftlich thätig sein, auch Einzelunterricht ertheilen. Im Juni 1849 übertrug ihm die Regierung wieder ein Lehramt, indem sie ihn zunächst provisorisch zum Oberlehrer am Gymnasium in Zwickau ernannte; im August wurde die Ernennung definitiv. Dieses Amt hat R. noch bis zum März 1858, wo er wieder in den Ruhestand trat, verwaltet; auch in Zwickau war er für öffentliche Zwecke, wie Armenpflege und Waisenerziehung, vielfach thätig. Von 1858 lebte er wieder in Dresden, sich wissenschaftlich beschäftigend und unterrichtend, soweit nicht die Wiederkehr seines Leidens (1860, 1861) ihn hinderte. Wie er ein fleißiger Besucher der Philologenversammlungen war, so stand er auch brieflich mit einer großen Zahl hervorragender Gelehrter, namentlich seinen Jugendfreunden K. F. A. Nobbe, Phil. Wagner, E. F. Poppo, in regem Verkehr; sein Doctorjubiläum am 1. März 1866 war ein Tag reicher Ehren für ihn. Im Jahre darauf, um Ostern 1867, trat ein neuer Rückfall seines Leidens ein, von dem er sich nicht wieder erholte; er starb am 2. Februar 1869. – Von den überaus zahlreichen Schriften Rüdiger’s über sehr verschiedene Gegenstände haben viele nur vorübergehendes Interesse erwecken können; dauernden Werth haben vornehmlich seine Arbeiten zu Demosthenes, von denen hier nur die größeren zu nennen sind: „Demosthenis Phil. I, Olynth. I–III et de Pace, notis instr.“ 1818 (1848); „Demosthenis Philippicae“, große Ausgabe in 2 Theilen, 1829–33 (beigefügt ist ein Neuabdruck der zuerst 1820 erschienenen „Dissertatio de Canone Philippicarum Demosthenis“); „Demosth. or. pro Megalopolitis et pro Rhodiorum libertate“ 1865. Auch einige andere seiner philologischen Arbeiten, über Quintilianus, Cicero de oratore u. A., sowie seine Sammlung aus lateinischen Classikern, welche er unter dem Titel „Horae latinae“ 1828 erscheinen ließ, verdienen Erwähnung. Werthvoll sind ferner die verschiedenen Arbeiten über die Freiberger Schul- und Stadtgeschichte, welche meist in Schulprogrammen erschienen. – Vorübergehend war R. auch an der Herausgabe von Seebode’s „Archiv für Philologie und Pädagogik“, sowie von dessen „Kritische Bibliothek für Schul- und Unterrichtswesen“ betheiligt, gab auch 1832 und 1833 mit Döhner, Goldhorn und Nobbe die Zeitschrift „Der Lichtfreund, eine Kirchen- und Schulzeitung für das Königreich Sachsen“, 2. und 3. Jahrgang, heraus.

[470] Biographisch-litterarische Skizze nach Mittheilungen von A. Th. Rüdiger (dem Sohne Rüdiger’s) von J. Petzholdt im N. Anzeiger für Bibliographie und Bibliothekwissenschaft 1870, Heft 7, S. 213–224. Daselbst befindet sich auch ein vollständiges Verzeichniß sämmtlicher Schriften Rüdiger’s, soweit dieselben nicht in Zeitschriften erschienen sind, sowie die Angabe der vielen R. gewidmeten Ehrenschriften.