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Artikel „Prandauer, Jakob“ von Albert Ilg in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 26 (1888), S. 501–502, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Prandtauer,_Jakob&oldid=- (Version vom 16. April 2024, 17:19 Uhr UTC)
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Prandauer: Jakob P., einer der größten Baukünstler des österreichischen Barockstiles, gehört noch immer zu den vielen oftgenannten Namen aus jener glänzenden Kunstperiode, über deren Träger jedoch nur wenig biographische Nachrichten vorliegen. Erst in neuerer Zeit haben die Forschungen Fahrngruber’s, Czerny’s und des Verfassers dieses Artikels wenigstens einiges Licht über die Persönlichkeit verbreitet. Die Angaben über seine Heimath lauten verschieden, bald wird er ein Tiroler genannt, bald St. Pölten, bald Mölk in Niederösterreich als Geburtsort angegeben. Der Name erscheint auch Prandtauer und Brandauer geschrieben. Da wir seinen Todestag jetzt wissen und einige Porträts von dem Manne besitzen, so läßt sich annehmen, daß er um die Mitte des 17. Jahrhunderts geboren sein dürfte. Von seiner Jugend, seinem Bildungsgang ist gar Nichts überliefert; der Stil seiner Werke läßt es als möglich erscheinen, daß er in Italien gewesen, denn die Architektur seiner Erfindungen hat Beziehungen zum Typus der oberitalischen Schulen. Zeitlebens blieb der große Meister in einer bescheidenen Lebensstellung, – er starb als Bürger und „Maurermeister“ von St. Pölten, wo er sich festgesetzt hatte. Von hier aus entwickelte er eine äußerst rege Thätigkeit und hat im Lande Niederösterreich zahlreiche Kirchen- und Stiftsbauten geschaffen; nach der Hauptstadt, wo gleichzeitig Fischer von Erlach, Hildebrand, d’Allio und andere vornehme Architekten beschäftigt waren, erstreckte sich sein Wirken nicht. Ob er gegen Ende des 17. Jahrhunderts nach St. Pölten gekommen, wie Fahrngruber behauptet und woher, ist nicht sicher; soweit die gegenwärtige Kunde reicht, haben wir die früheste Nachricht von ihm erst aus dem Jahre 1701, also erst 25 Jahre vor seinem Ableben. Damals begann der kunstbegeisterte Prälat von Mölk, Berthold Dietmayer, den Neubau seines Hauses, der riesigen Kirche mit dem ungeheuren Stiftsgebäude. Die Grundsteinlegung geschah am S. Peterstage 1702, wenn hie und da als Bauanfang 1701 angegeben wird, so können damit höchstens die Vorbereitungen gemeint sein. Die Bauzeit überdauerte diejenige seines Lebens, bis 1736, sein Schüler Franz, n. A. Joseph Munkenast (Munkenoß), später ebenfalls Bürger und Maurermeister zu St. Pölten († 1741), hat den Bau vollendet. Auf dem vorderen Stiftsportal bezeichnet das Datum 1718 nur die Fertigstellung des betreffenden Theiles. Die gänzliche Vollendung war zugleich eine Wiederherstellung, denn, nachdem am 2. August 1732 der Bau fertig dastand, verwüstete ihn eine gewaltige Feuersbrunst, der energische Prälat schritt aber schon sieben Tage später zur Wiederaufnahme desselben, nach dem alten Plane. P. führte während dieser großartigen Arbeit noch mehr als Einen Bau. Sehr bedeutend ist sein Antheil an demjenigen des Stiftes von St. Florian in Oberösterreich. Nicht 1707 sondern am 11. Oct. 1708 wird er contractlich als Nachfolger des verstorbenen Carlantonio Carlone bestellt. Er setzte nach eigenen Ideen das Begonnene fort, namentlich in den Risaliten des Kirchengebäudes, am Stiftsgebäude projectirte er 1717 prächtige Portale, für deren Entwürfe er zwar honorirt wurde, die aber nicht [502] zustande kamen. Auch für den Hauptsaal änderte er 1718 die Risse. Das Hauptportal Carlone’s hatte er schon früher umgestaltet, wieder verändert kam es erst 1712 zur jetzigen Erscheinung. Das nahe Schloß Hohenbrunn, dessen Dach 1725 aufgesetzt wurde, ist gleichfalls von P. begonnen, von Steinhueber vollendet. Seine Pläne zur Ostfront des riesigen Stiftes führte Hayberger aus. Wahrscheinlich hatten die Bauten, welche der Meister in Mölk und in Kremsmünster hergestellt hatte, ihn nach St. Florian empfohlen. Mölk und dieses Kloster besitzen Porträte von ihm. Seit 1706 baute er die herrliche Wallfahrtskirche auf dem Sonntagsberg bei Waidhofen, deren Einweihung 1729 stattfand, 1708 begann er diejenige von Christkindl bei Steyer im Verein mit Gianbattista Carlone im Auftrage des Abtes Anselm von Garsten, schon im folgenden Jahr war die Kirche vollendet. Für Mölk folgte dann 1716 diejenige zu Wullersdorf nach dem Typus der Hauptkirche dieses Stiftes, erst 1730 beendet, 1718 die reizende Kirche des Augustinerklosters Dürrenstein an der Donau, deren Thurmbekrönung, wie bei P. in der Regel, von origineller Schönheit ist; im Stifte Herzogenburg begann er, vermuthlich vor 1718, die umfassenden Neubauten der Kirche und des Stiftsgebäudes, die Arbeiten wurden aber erst 1742 unfertig abgeschlossen. Auch hier hat er einen herrlichen Thurmabschluß ersonnen. Von 1720 an beabsichtigte man eine Verschönerung der Façade des Doms von St. Pölten, wozu er einen, noch vorhandenen Entwurf lieferte; 1722 leitete er die Umgestaltung des dortigen Chores, der Sacristeistiege u. A. Nach Czerny wird sein Tod in Urkunden von St. Florian zweimal 1725 angegeben, Keiblinger (Melk. I. 947 f.) gibt den 17. Sept. 1727 an, Fahrngruber aber citirt aus dem amtlichen Sterbebuch von St. Pölten den 16. Sept. 1726, woselbst er als Bürger und Baumeister gestorben und mit halbem Conduct begraben angeführt steht. Einer seiner Söhne war Chorherr des Domes. P. war ein gewaltiges Genie der Barockarchitektur, in Oesterreich lediglich von dem älteren Fischer v. Erlach übertroffen, von dessen Richtung er sich jedoch unterscheidet, indem sein Stil den italischen Mustern einer malerischen Architektur treuer geblieben ist. So steht er zwischen dem Freien, phantastischen Effectstil des Cartone und der classicistischen Tendenz Fischer’s in der Mitte.

A. Czerny, Kunst u. Kunstgewerbe im Stifte S. Florian, Linz 1886. – Joh. Fahrngruber, Aus St. Pölten, daselbst 1885. – Jlg, Vergessene Künstler Oesterreich’s, Wiener Zeitg. 1883, Nr. 85, 86. – Die älteren Werke, auch Wurzbach’s Biogr. Lexikon, wimmeln von irrigen Angaben.