ADB:Pontanus, Johannes Isacius
Tycho Brahe selbst, mit dem er in fortwährendem Verkehr blieb (wie er überhaupt mit einer außerordentlichen Zahl von Gelehrten des In- und Auslandes freundschaftliche Verbindungen anknüpfte und, was mehr sagen will, fortwährend lebendig erhielt) seine Ausbildung als Mathematiker erhielt. Ueberhaupt war Dänemark ihm ein zweites Vaterland, wie ihm denn auch einer seiner Freunde den Namen eines Dano-Belga beilegt. 1606 zum Professor der Mathematik und Philosophie an der damals noch nicht zur Universität erhobenen Schule zu Harderwijk in Gelderland ernannt und verheirathet, verblieb er jedoch daselbst bis zu seinem Tode im J. 1639, alle Rufe an andere Universitäten, welche ihm zukamen, ablehnend. Der herumschweifenden Jugend folgte ein äußerst ruhiges Alter. Darum aber ein nicht weniger fleißiges, denn P. entwickelte nach wie vor eine erstaunliche namentlich schriftstellerische Wirksamkeit. Als Mathematiker und Mediciner hat er nur wenig und nicht [414] selbständig geschrieben, aber als Lateiner besorgte er Ausgaben einer nicht geringen Zahl von Dichtern und Historikern, von welchen einige, wie z. B. die des Macrobius, seiner Zeit hoch geschätzt wurden. Nicht wenige derselben waren den Studenten bestimmt und mit erklärenden und kritischen Noten ausgestattet. Bei Weitem bekannter jedoch ist P. als Historiker. Als solcher schrieb er: „Origines Francicae“ (Harderwijk 1616); „Historia urbis et rerum Amstelodamensium“, Amst. 1611, übersetzt ins Holländische 1614, ein Buch, das vielen Streit hervorrief, namentlich von Seiten der Katholiken; „Disceptationes chorographicae de Rheni divortiis et ostiis“, Amst. 1617, gegen Cluverius und Scriverius gerichtet; und namentlich die zwei großen Werke: „Historia rerum Danicarum“ (Amst. 1631) und „Historia Geldricae libri XIV“ (Amst. 1639), seine letzte und wichtigste Arbeit. Wenn P. auch im erstgenannten Buche und in mehreren anderen theilweise polemischer Natur durch Mangel an Kritik und Methode die Resultate seiner großen Gelehrsamkeit wesentlich beeinträchtigt und den Gegnern öfters Veranlassung zu allzunahen Widerlegungen bot, so hat er doch in den beiden letzteren der Geschichte große Dienste geleistet. Längere Zeit blieb Pontanus’ Arbeit das vornehmste Werk über ältere dänische Geschichte; der zweite Band, die Geschichte des oldenburgischen Königshauses bis zum J. 1588 fortführend, ist nicht absonderlich erschienen, sondern später in den Monumenta rerum Germanicarum von Westphalen gedruckt. Seine Geschichte Gelderlands, im J. 1654 von Slichtenhorst ins Holländische übersetzt und umgearbeitet, bleibt noch immer eine Quelle der Geschichte jener Länder. Dennoch hat Mangel an Kritik ihn auch da manches Fabelhafte mit aufnehmen lassen. Wo er aber nach guten Quellen arbeitete, hat er in seiner Art Vortreffliches geleistet; wenn auch das Quellenstudium einer späteren Zeit seine Arbeit mehrfach überholt hat, eine neuere Geschichte Gelderlands ist nie vollständig erschienen. Seinen meisten historischen Arbeiten fügte P. die Beschreibung der Länder, über welche er handelte, hinzu, wie auch seine erste historische Leistung ein Itinerarium des südlichen Frankreichs mit historischen und linguistischen Beilagen war. Ebenso gehört er mit zu den ersten, welche die Reisen nach Indien und dem hohen Norden beschrieben, in seiner Beschreibung Amsterdams, wodurch er mit in den Streit um das Mare liberum hineingezogen wurde, in welchem er Grotius mit mehr Eifer als Erfolg gegen Selden beistand. Unter den niederländischen Gelehrten des 17. Jahrhunderts nimmt P. gewiß eine hohe Stelle ein, wenn auch seine Vielseitigkeit die Gründlichkeit seiner Arbeiten vielfach beeinträchtigte.
Pontanus: Johannes Isacius P., niederländischer Historiker, wurde am 21. Januar 1571 auf dem Meere (daher der Name P.) unweit Elsenoer geboren, als seine aus Harlem stammenden Eltern vor der Inquisition nach Dänemark flüchteten, wo der Vater als diplomatischer Agent Oraniens gewirkt zu haben scheint. Doch kehrten dieselben später nach Holland zurück, wo P. in Franeker und Leiden studirte. Der gewiß sehr fähige Jüngling scheint sich schon früh den verschiedensten Wissenschaften zugewandt und sich auf seinen ungewöhnlich langen Reisen in England, Frankreich, Deutschland, Italien und der Schweiz an verschiedenen Universitäten aufgehalten zu haben. Sehr oft kehrte er nach Dänemark zurück, wo er bei- Vgl. de Wind, Bibliotheek der Nederlandsche Geschiedsschrijvers, I. 434 und Bodel Nyenhuys in Nijhoff’s Bydragen voor Vaderlandsche Gesch. en Oudheidkunde II. Der Artikel P. in van der Aa ist jenen beiden entnommen. In Bodels Artikel sind auch die älteren Quellen über P. und seine Werke angeführt.