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Artikel „Pollio, Lucas“ von Weigelt. in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 26 (1888), S. 394–395, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pollio,_Lucas&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 07:14 Uhr UTC)
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Pollio: Lucas P., geboren am 10. Juli 1536 zu Breslau, in dessen Nähe sein Vater Albrecht Pollach eine Pulvermühle hatte. Nach Abschluß seiner Vorbildung auf den Schulen seiner Vaterstadt besuchte er, unterstützt vom Rath und den vornehmen Bürgern der Stadt die Universitäten zu Frankfurt a. O. (immatriculirt daselbst im Sommersemester 1554) und Wittenberg, woselbst er sich vornehmlich dem Studium der Philosophie und griechischen Sprache widmete und ein Schüler Melanchthons war. Im Jahre 1562 als Stipendiat vom Rathe nach Breslau zurückberufen, wurde er neben Johann Fersius zweiter Präceptor der vierten Classe am Elisabethanum und gleichzeitig Prediger an dem Kirchlein zu Hieronymi. Hier erregte er durch seine vorzüglichen Predigtgaben solches Aufsehen, daß ihn der Rath der Stadt von neuem mit Stipendien unterstützte, um in Leipzig Theologie zu studiren. Dort befaßte er sich hauptsächlich mit der hebräischen Sprache, erwarb 1565 die Magisterwürde, wurde ordinirt und noch in demselben Jahre von dem Rath zu Breslau als vierter Diakonus an die Elisabethkirche berufen, welches Amt er am 19. October antrat. Aber nur sieben Vierteljahre blieb er in dieser Stellung; denn der in der Lehre eifrige, im Lebenswandel untadelige Mann hatte durch seine hervorragenden Kanzelgaben sich in kurzer Zeit eine solche Anerkennung erworben, daß er bereits im Alter von 31 Jahren mit Uebergehung aller Amtsgenossen als der Nachfolger des Adam Curäus in das erste Pastorat zu Maria Magdalena berufen wurde, in welchem er am Pfingstfest, 18. Mai 1567 seine Antrittspredigt hielt. In seine Amtszeit fällt auch die Errichtung des, namentlich durch seine kunstvolle Vergitterung als ein Meisterstück deutscher Renaissance bekannten Taufsteins der Magdalenenkirche, der am 9. Juli 1576 errichtet wurde, sowie die Erbauung der weißen Marmorkanzel, die P. am 23. December 1580 weihte. Die bei dieser Gelegenheit von ihm gehaltene Predigt kennzeichnet seinen, der damals maßgebenden Orthodoxie entsprechenden Standpunkt, den er in dem „Kirchenwunsch“ zusammenfaßt: „Der allmächtige Sohn Gottes behüte unsere und andere Tempel sampt unserem lieben Vaterlande vor Jüdischem, Türkischem, Arianischem, Schwenkfeldischem, Sacramentirischem, Bäpstischem und anderem Rottengeschmeiß.“ Im übrigen war er friedliebend und ein Feind dogmatischen Schulgezänks, wie Diakonus Vierling in der am 4. August 1583 ihm gehaltenen Leichenpredigt bezeugt: „Er hat gelehret in veritate et pace die klare Wahrheit, in guttem Fried, und die Kirchengezenck und disputationes, die außerhalb diesem Land in Kirchen und Schulen eingerissen seind, als unnöthig, gefehrlich und sehr ergerlich auff die Kantzel nicht gebracht.“ Davon zeugen auch seine Predigten, die in großer Anzahl gedruckt worden sind. Die Hauptsammlung derselben führt den Titel: „Jährlicher Kirchen-Cron-Crantz“, Leipzig, bei Lambert 1620, enthält in zwei großen Foliobänden fortlaufende Predigten über die Sonntagsevangelien, und befindet sich in einem sehr schönen Exemplar in der Stadtbibliothek zu Breslau. Sehr verbreitet waren „Sechs Predigten vom jüngsten Gericht“, Breslau 1602; „Zwo Fastenpredigten von der Hölle“, ebenda 1602; „Geistliches Betglöcklein christlicher Kirchgänger“; endlich „sieben Predigten vom ewigen Leben der Kinder Gottes“, Breslau 1582, die auch in das Lateinische übersetzt 1604 erschienen und in Leipzig noch 1720 neu aufgelegt wurden. Seine, durch vielseitige Gelehrsamkeit gekennzeichneten Kanzelreden sind beachtenswerthe Zeugnisse der damaligen homiletischen Theologie, und heute weniger in dieser Rücksicht werthvoll, als vielmehr in ihrer praktischen und drastischen Application für die Culturgeschichte der damaligen Zeit von Bedeutung. In sprachlicher Beziehung sind [395] sie eine wahre Fundgrube originaler, derber Provinzialismen. Seinem unermüdeten Fleiße und der rastlosen Anstrengung erlag sein ohnedies schwächlicher Körper frühe. Er starb am 31. Juli 1583 nach achtzehnjähriger, höchst einflußreicher und von allseitiger Anerkennung getragener Amtsführung. Verheirathet war er mit Martha, des Senators Joachim Georgius in Breslau Tochter, aus welcher sechszehnjährigen Ehe zwei Söhne entstammten: Joachim Pollio, seit 1618 Amtsnachfolger seines Vaters an der Magdalenenkirche zu Breslau und Lucas Pollio, welcher bereits 1598 zu Berlin als kurfürstlicher Leibarzt starb.

Weigelt.