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Artikel „Pighius, Stephan“ von Richard Hoche in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 26 (1888), S. 126–127, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pighius,_Stephan&oldid=- (Version vom 8. Dezember 2024, 00:33 Uhr UTC)
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Pighius: Stephan Vinandus P., auch Piggius, Philologe und Antiquar, 1520–1604. Seines Vaters Name war Wynants, den er in Vinandus latinisirte, die Mutter hieß Pighe. Er war geboren im J. 1520 in Kampen in Ober-Yssel und erhielt seine Vorbildung durch seiner Mutter Bruder, den gelehrten Albertus Pighius oder Piggius (s. S. 125), dessen Namen er später selbst annahm; dann studirte er in Löwen, wo er mit Anton Morillon in engere Verbindung trat, eifrig die classischen Sprachen und begab sich 1547 nach Italien, um dort seine Studien fortzusetzen. Hier blieb er acht Jahre, meistens in Rom, von wo eine Reihe von Ausflügen ihn nach den anderen wichtigeren Städten führte, so 1553 nach Neapel; überall war er eifrigst mit der Durchforschung aller ihm zugänglichen Reste des classischen Alterthums beschäftigt, er schrieb „mit Einsicht und Zuverlässigkeit“ Inschriften in großer Zahl ab und zeichnete – seit 1550 gemeinschaftlich mit seinem ebenfalls des Zeichnens wohl kundigen Freunde Morillon – Kunstwerke aller Art. Durch seine eifrigen [127] Arbeiten wurde er dem gelehrten Cardinal Marcellus Cervinus bekannt und erhielt von diesem den Auftrag, die von ihm gesammelten Inschriften zu einem Corpus inscriptionum zu vereinigen, welches sich handschriftlich in der Leydener Bibliothek erhalten hat. Als 1554 sein Gönner als Marcellus II. Papst wurde, schien P. sich eine glänzende Zukunft zu eröffnen, wenn er sich entschließen könnte, dauernd in Rom zu bleiben. Aber schon im Mai 1555 starb Marcellus; P. sah damit seine römischen Hoffnungen gescheitert und nahm daher nun eine Berufung des ihm schon früher freundlich gesinnten Cardinals Granvella an. Länger als 14 Jahre lebte er als dessen Secretär und Bibliothekar in Brüssel, mit antiquarischen Studien fortdauernd eifrig beschäftigt. In diese Zeit fällt seine Granvella gewidmete Schrift „Themis Dea seu de lege divina“ 1568 und die schon 1567 erschienene Ausgabe des Valerius Maximus. – Als Granvella nach Spanien zurückging, blieb P. in den Niederlanden; aus seiner stillen Zurückgezogenheit weckte ihn im J. 1574 ein Auftrag des clevischen Hofes, mit dem Prinzen Karl von Cleve auf Reisen zu gehen; im October wurde die Reise durch Deutschland, Oesterreich und Italien begonnen, endete aber schon im Februar 1575 in Rom, wo der junge Prinz plötzlich starb. P., der den Aufenthalt in den italienischen Städten auch jetzt wieder zu eifrigen Forschungen benutzt hatte, beschrieb diese Reise in einem „seltsamen“ Buche: „Hercules Prodicius seu principis iuventutis vita et peregrinatio per Steph. Vin. Pighium“ (Antw. 1587, nov. ed. Köln 1609). Hercules ist ihm das Vorbild seines jungen Prinzen; zu dessen Ehren „beschreibt und deutet er die jugendliche und die Broncestatue des capitolinischen Museums und eine Herme des Hercules“ (Jahn) und bespricht dann die ihm in den verschiedensten Orten, von Lorch bis Präneste, aufgestoßenen Alterthümer. – Im Sommer kehrte P. nach seiner Heimath zurück und erhielt nun von Herzog Wilhelm von Cleve ein Canonicat an der Stiftskirche in Xanten; gleichzeitig ernannte ihn Granvella zu seinem Commissarius. Im September 1575 siedelte er nach Xanten über, welches er auf längere Zeit nicht mehr verlassen hat; eine Frucht seiner ununterbrochenen Studien war das große Werk „Annales Magistratuum Romanorum“, dessen erster Theil 1599 erschien, während die beiden weiteren Theile erst nach Pighius’ Tode durch Andr. Schott 1615 herausgegeben wurden. P. starb im J. 1604. Sein handschriftlicher Nachlaß, darunter viele Zeichnungen, kam zunächst an seinen Freund, den Kellermeister des Xantener Domcapitels, Eberhard von Vollenhoven, dann 1646 an den Prediger Herm. Ewich in Wesel und 1680 durch dessen Sohn nach Berlin. Ausführliche Mittheilungen über die „Zeichnungen antiker Monumente im Codex Pighianus“ hat O. Jahn in den Verhandlungen der K. Sächs. Ges. der Wiss. 1868 gegeben (Bd. 20, S. 161–235), ebenso über „ein römisches Deckengemälde des Codex Pighianus“ in den Verhandlungen von 1869, (Bd. 21, S. 1–38); über Pighius’ Briefe hat Th. Mommsen in den Monats-Berichten der Berliner Akademie 1866, S. 419 ff. berichtet.

Lebensgeschichte des P. von Joh. Winter im 2. Theile der Annales (Antw. 1615). – Sponrath, Alterthüml. Merkwürdigkeiten der Stadt Xanten, herausg. von Mooren (1837). – O. Jahn, Biographische Einleitung zu dem oben citirten Aufsatze über die Zeichnungen (S. 163–168).