ADB:Philipp I. (Graf zu Nassau-Idstein und Wiesbaden)
Maximilian vielfach in den Niederlanden thätig gewesen war, beschränkte P. seine Thätigkeit fast ganz auf die Regierung seiner Erbländer, zumal Graf Adolf in österreichischem Dienst viel Geld ohne Entschädigung hatte aufwenden müssen und daher mehr Schulden, als gut war, hinterließ. Reichstage besuchte er selten, wie den Augsburger von 1530, sondern verständigte sich auf den wiederkehrenden Versammlungen zu Diez, Köln, Mainz, Frankfurt etc. mit den Wetterauer Grafen über die gemeinsame Vertretung ihrer Interessen und die Wahrung oder Erweiterung ihrer Rechte auf denselben. Zu diesem Zwecke hielten die Grafen öftere Versammlungen zu Diez, Mainz, Frankfurt etc. Aber auch diese besuchte unser Graf nicht immer persönlich infolge seiner schwachen Gesundheit, welche ihm namentlich in den späteren Lebensjahren, in denen er fast erblindete, große Schonung zur Pflicht machte. Dieser Umstand mag überhaupt insofern auf seinen Charakter eingewirkt haben, als er energischem Eingreifen in den Gang der Dinge wenig geneigt war. Dies zeigt sich vor allem in seinem Verhalten zur Reformation. Während dieselbe rings um seine Lande Eingang fand, verhielt er sich ihr gegenüber gerade nicht ablehnend, aber auch nicht fördernd. Dies führte eine Zeit lang zu eigenthümlichen Verhältnissen in den sog. drei- und vierherrischen Gebieten, in welchen die Mitbesitzer eifrig vorandrängten, [14] während P. zurückhielt. Vielleicht mochte ihn zurückschrecken der Umstand, daß zur Zeit des Bauernkrieges auch in seiner Stadt Wiesbaden Unruhen angezettelt worden waren, welche indessen leicht unterdrückt wurden; doch erfolgten schwere Strafen. Erst am Anfang der vierziger Jahre gab er weiteren Widerstand auf. Entscheidend war dafür die Verordnung vom December 1542 und die Berufung von Geistlichen, welche der neuen Lehre zugethan waren, zunächst von Wolf Dentherer von Wemding gen. Euander am 1. Januar 1542 nach Wiesbaden, u. a., sowie zur selben Zeit die Erweiterung der alten Schule zu Wiesbaden zu einer Lateinschule. Doch trat P. dem schmalkaldischen Bunde nicht bei, nahm auch an den Kriegen von 1546 oder 1552 nicht theil, mußte jedoch das Interim einführen und die Visitationen durch den Bischof M. Helding gestatten. Das Jahr 1552 führte zwar die vertriebenen Geistlichen wieder zurück, brachte aber auch die Verwüstung des Landes durch die Banden des Markgrafen Albrecht, welcher auch die Herrschaft Wiesbaden streifte. Fortan blieb die lutherische Confession unangefochten. Seinen Pflichten als Reichsfürst kam P. getreulich nach, wenn er auch über die Höhe seines Matrikularanschlags klagte. So schickte er 1532 und 1542 die auf ihn entfallende Mannschaft gegen die Türken. Mit seinen Nachbarn wußte er entstehende Streitigkeiten mehrfach gütlich auszugleichen, gegen seine Unterthanen bewies er sich gerecht und milde, und namentlich gegen die Stadt Wiesbaden, als sie im J. 1547 von einer großen Feuersbrunst am 25. April heimgesucht worden war. Seinen kirchlichen Sinn beweist die Stiftung einer Wochenmesse im J. 1525; seinen jüngsten Sohn Balthasar ließ er im J. 1535 in den deutschen Orden eintreten. Den Bürgern von Wiesbaden versprach er im J. 1546 gegen Zahlung von 100 Gulden den Aufenthalt von Juden in ihrer Stadt nicht mehr zu gestatten. P. vermählte sich im J. 1514 mit Adriana, Tochter des Herrn Johann v. Bergen, welche aber schon im J. 1524 starb; sie ist wie ihr Gemahl in der Kirche zu Idstein begraben. Von den Söhnen starb Graf Adolf, welchem der Vater die Herrschaft Idstein zugedacht hatte, vor diesem, im J. 1556, so daß Philipp II., den man später zum Unterschied von dem älteren (Altherrn) den Jungherrn nannte, die beiden Herrschaften erbte. Er regierte im Sinne des Vaters weiter, starb aber schon im J. 1566, ohne Nachkommen zu hinterlassen; sein Erbe wurde der jüngste Bruder Balthasar, welcher aus dem Orden ausgetreten war.
Philipp I., Graf von Nassau, Herr zu Idstein und Wiesbaden, geb. 1490 zu Köln, † am 6. Juni 1558 zu Idstein, war der Sohn des Grafen Adolf III., dem er im J. 1511 in der Regierung nachfolgte. Während jedoch der Vater sich eifrig an den Reichsangelegenheiten betheiligt hatte und auch für- K. Menzel, Geschichte von Nassau von der Mitte des 14. Jahrh. bis zur Gegenwart I (Schliephake, Geschichte von N. V), 1879 (1881), S. 525 bis 623. – Ueber die Verhältnisse der Stadt Wiesbaden während der Regierung Philipp’s s. Fr. Otto, Die ältesten Burgermeister-Rechnungen der Stadt Wiesbaden, in den Annalen des Vereins f. nass. Alterthumskunde XIX, 1886, S. 76–105.