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Artikel „Paumann, Konrad“ von Robert Eitner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 298–300, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Paumann,_Conrad&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 02:17 Uhr UTC)
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Paumann: Konrad P. Die Orgelkunst, oder genauer gesagt das Orgelspiel feierte schon in einer Zeit Triumphe, in denen die übrigen Instrumente sich noch in dem Zustande ihrer Kindheit befanden. Schon die Verwendung [299] der Orgel in der Kirche gab ihr eine höhere Weihe und stellte sie als das bevorzugteste aller Instrumente hin. Dazu kam ihr lang gehaltener edler Ton, der sich der menschlichen Stimme am meisten näherte. Alle diese Umstände, vereint mit den rapiden Fortschritten ihrer technischen Verbesserung, spornten jeden Künstler an sie mit Meisterschaft behandeln zu lernen und schon vom 14. Jahrhunderte an nennt die Geschichte Männer, die trotz des allgemein verbreiteten Bestrebens sich auf diesem Instrumente auszuzeichnen, doch alle Anderen weit überragten und deren Ruhm bis auf unsere Zeit fortgetragen wurde. Ein Francesco Landino zu Florenz, der 1390 starb (blind geboren), wurde von seinen Zeitgenossen als unübertreffbarer Künstler hoch gefeiert. Ihm schloß sich Antonio Squarcialupi, ebenfalls ein Florentiner an, der 1475 starb. Deutschland blieb nicht zurück, und wenn es auch etwas später als jener Landino die Bahn des Ruhmes betrat, so reihte sich dann ununterbrochen Meister an Meister, denen In- und Ausland unbedingt die Palme zuerkannten. Der Altvater deutscher Orgelkunst ist unser Konrad P., ein Zeitgenosse Squarcialupi’s. Um 1410 in Nürnberg blind geboren, erhielt er seine Erziehung daselbst durch Unterstützung hochgestellter Männer, wie ein uns glücklich erhaltenes Document mittheilt. 1446 war er bereits Organist an der St. Sebalduskirche daselbst und verheirathete sich in demselben Jahre mit Margarethe Weichserin. Dieses Ehebündniß wird uns durch ein von P. ausgestelltes Document bezeugt. (Abgedruckt in Dr. Lochner’s neuer Ausgabe von Rosenplüt’s Spruchgedicht, Nürnberg 1854 und daraus wieder in Chrysanders Jahrbüchern II, 75.) P. wurde nicht nur in Nürnberg hochgefeiert, sondern auch der deutsche Kaiser Friedrich III. zeichnete ihn aus und auf einer Reise nach Italien ward er, wie uns berichtet wird, besonders von den Herzögen von Mantua und Ferrara durch reiche Geschenke geehrt. Auch den Rittertitel, den er führte, wird er wohl auf dieser Reise vom Papste erhalten haben. Der Dichter Rosenplüt feiert ihn in seinem im J. 1447 abgefaßten Spruchgedichte auf die Stadt Nürnberg mit folgenden Worten (V. 257 ff.):

„Noch ist ein mayster in disem gedichte,
der hat mangel an seynem gesigt,
der heyst meyster Cunrat pawman,
dem hat got solche genad gedan,
das er ein meystsr ob allen maystern ist,
wan er tregd yn seinen sinen list
dy musica mit yrm süssen don.
solt man durch kunst einen meister kron,
Er trug wol auf von golt ein kron.
mit contra tenor vnd mit faberdon,
mit primi tonus tenorirt er,
auf e lamy so sincopirt er“ etc.

Auch seine Leistungen als Componist sind wir im Stande einigermaßen zu beurtheilen, die freilich nach dem Maßstabe damaliger Kunstanschauungen und deren wissenschaftlichem Stande zu würdigen sind. Das Locheimer Liederbuch, Hds. des 15. Jahrhunderts auf der gräfl. Bibliothek zu Wernigerode, von Fr. Wilh. Arnold in Chrysander’s Jahrbüchern II, 1 herausgegeben, ferner das von der Münchener Hof- und Staatsbibliothek erst jüngst erworbene Buxheimer Orgelbuch und das Münchener Liederbuch, Hds. des 15. Jahrhunderts; ebenfalls in der Münchener Hof- und Staatsbibliothek, herausgegeben vom Unterzeichneten im 2. Bd. des deutschen Liedes, Monatshefte für Musikgeschichte, enthalten eine Anzahl Orgelcompositionen und ein dreistimmiges deutsches Lied über den Text: „Wiblich figur, in deine schur“. Dies letztere Lied zeigt uns P. als einen für seine Zeit außerordentlich melodisch und wohlklingend schreibenden Contrapunctisten, [300] der mit der Fertigkeit in der Behandlung des mehrstimmigen Satzes, einer Kunst, die damals noch in der Jugend ihrer Ausbildung stand, zugleich zarte Empfindung verband, Eigenschaften, die sich in jener Zeit selten zusammen finden und selbst bei den damals bedeutendsten Componisten Italiens, der Niederlande und Frankreichs nur selten vereint waren. Weniger anmuthend berühren uns seine Orgelstücke, die mehr der damaligen virtuosen Technik huldigen als hervorragend in der Composition sind. Aber als die ersten Documente alter Orgeltechnik haben sie für uns einen höheren Werth, als manche spätere Erzeugnisse die, wenn auch bereits auf höherer Stufe der Kunst stehend dennoch gegen die gleichzeitige Gesangsmusik merklich zurücktreten, so daß sie mehr das historische Interesse in Anspruch nehmen als daß sie uns einen Kunstgenuß gewährten. Schlick’s Orgelstücke, Hoffheimer’s Compositionen für die Orgel, auch die der Italiener des 16. Jahrhunderts, tragen mehr oder weniger noch das Gepräge, was uns bereits bei P. entgegentritt.