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Artikel „Patzke, Johann Samuel“ von Franz Brümmer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 238–240, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Patzke,_Johann_Samuel&oldid=- (Version vom 28. November 2024, 16:12 Uhr UTC)
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Patzke: Johann Samuel P. wurde am 24. October 1727 zu Frankfurt a. O. im Hause seines Großvaters geboren und von dem letzteren auch erzogen, da der Vater des Knaben, ein armer Accisebeamter in Seelow bei Frankfurt, die Sorge um die Erziehung seines Kindes gern dem Großvater überließ. P. besuchte die Frankfurter Oberschule und zeichnete sich hier sowohl durch seine Fähigkeiten als auch durch seine Dürftigkeit aus. Wegen seiner armseligen Kleidung wollte ihn sogar der Rector von der Schule verweisen: ein Gelegenheitsgedicht, das P. zur Hochzeitsfeier des Rectors verfaßte, ermöglichte ihm den Weiterbesuch der Schule, von der er 1748 zur Universität seiner Vaterstadt überging. Hier, wie auch später in Halle, wohin ihn der Ruf Baumgartens gezogen hatte, lag er den theologischen Studien unter großen Entbehrungen, aber auch unter vielfachen Erweisungen göttlicher Gnade ob. Seinen Unterhalt erwarb er sich theils durch Hausinformationen, insonderheit aber durch Abfassung von Gelegenheitsgedichten, worin er eine große Gewandtheit besaß. Auch ließ er noch in Halle eine Sammlung seiner „Gedichte“ (1750) erscheinen. Nach Beendigung seiner Studien kehrte er nach Frankfurt zurück, wo er sich mit der Vorbereitung zur Uebernahme eines Predigtamtes und mit schriftstellerischen Arbeiten beschäftigte. Zu letzteren gehörten „Lieder und Erzählungen“ (III, 1754); [239] „Virginia, ein Trauerspiel“ (1755) und eine Uebersetzung von „Des Publius Terenzius Lustspiele“ (1753), von der die damalige Kritik behauptete, „daß Patzke’s Terenz die erste deutsche Uebersetzung dieses Dichters sei, die sich lesen ließe“. Inzwischen war P. mit dem Oberhofprediger Sack in Berlin bekannt geworden, und dieser empfahl ihn an den edlen Markgrafen Heinrich von Schwedt zu der erledigten Pfarrstelle in Wormsfelde nebst Stolzenburg bei Landsberg a. d. Warthe, die ihm denn auch im J. 1755 übertragen wurde. Hatte P. hier auch bei geringem Einkommen mit Mangel und Armuth zu kämpfen, so lenkte Gott doch das Herz des Markgrafen, daß er seinen Prediger oft auf die edelmüthigste und zugleich sinnigste Weise beschenkte und unterstützte. Schwer hatte P. unter den Drangsalen des siebenjährigens Krieges zu leiden. Bald nach seiner Verheirathung fielen die Russen unter Fermor (1758) in die Neumark ein, verwüsteten Patzke’s Wohnort und verwandelten sein Pfarrhaus in eine Mördergrube, so daß er sein Leben nicht hätte fristen können, wenn ihm sein alter, bewährter Wohlthäter, der Markgraf, nicht monatlich 8 Thaler hätte auszahlen lassen. Im folgenden Jahre wurde P. Pfarrer in Lietzen (nicht Linzen, Lenzen, Tiegen) bei Frankfurt a. O., hatte aber hier unter dem erneuten Einfall der Russen in die Mark abermals schwer zu leiden. Hier entstanden auch die „Freundschaftlichen Briefe“ Patzke’s (1760), die später unter dem Titel „Briefe von dem Verfasser des Greises“ (1767) neu herausgegeben wurden. Im J. 1762 kam er auf Empfehlung des Markgrafen als Prediger an die heil. Geistkirche nach Magdeburg, wo sich ihm ein weites Feld der Thätigkeit eröffnete. Angespornt durch den allgemeinen und gerechten Beifall, dessen sich sein Amtsgenosse zu erfreuen hatte, verwendete P. den andauerndsten Fleiß auf seine Kanzelvorträge und bildete sich so zu dem großen Kanzelredner aus, für welchen er bis zu seinem Tode gegolten hat. Die Anerkennung, welche seine Predigten fanden, veranlaßte ihn auch, drei Sammlungen derselben in 7 Bänden durch den Druck zu veröffentlichen, und drei weitere Sammlungen sind noch nach seinem Tode erschienen. Als Schriftsteller wirkte P. besonders für Volksbelehrung und Besserung durch Herausgabe von Wochenschriften, wie „Der Greis, eine Wochenschrift“ (XVI, 1763–69), „Der Wohlthäter, eine Wochenschrift“ (VI, 1772–73) und „Wöchentliche Unterhaltungen“ (mit Schummel und Berkhan herausg., III, 1777–79). Noch nie zuvor war in Magdeburg ein Mittel dieser Art gebraucht worden, um Kenntnisse und edle Gesinnung unter das Volk zu bringen. Einen gleichen Zweck verfolgte P. mit seinen geistlichen Dramen („David’s Sieg im Eichthal“, 1766; „Saul, oder die Gewalt der Musik“, 1777; „die Leiden Jesu“, 1776; „Abel’s Tod“, 1769; „die Auferstehung Jesu“ u. a.), welche vom Musikdirector Rolle in Musik gesetzt und in den Winterconcerten unter solchem Beifall zur Aufführung gebracht wurden, daß sehr viele Arien derselben zu Volksliedern geworden sind und noch heute gesungen werden. Später gab er diese Dramen mit anderen Dramen aus der griechischen und altgermanischen Götterlehre unter dem Titel „Musikalische Gedichte, nebst einem Anhange einiger Lieder für Kinder“ (1780) heraus. Im J. 1769 war P., der sich in seiner Gemeinde die unbegrenzteste Liebe und Achtung erworben hatte, zum Pastor und Senior des Ministeriums der Altstadt Magdeburg erwählt worden und fühlte sich in diesem Wirkungskreise so wohl, daß er verschiedene ehrenvolle Berufungen nach Petersburg, Halle und Braunschweig ablehnte. Die letzten drei Jahre seines Lebens hatte er mit den größten Körperschmerzen und Beschwerden zu kämpfen, bis endlich der Tod am 14. December 1787 seinem Leben ein Ende machte. P. war einer der achtungswerthesten und edelsten Menschen. Er besaß ein reiches Maß von Geisteskräften und Talenten und hatte keins derselben unausgebildet und unbenutzt gelassen. Sein Verstand war geklärt, sein Geschmack geläutert, sein [240] Urtheil geschärft. In mehr als einem Fache der Wissenschaften hatte er sich einen nicht gewöhnlichen Vorrath der gründlichsten Kenntnisse erworben.

K. H. Jördens, Lexikon deutscher Dichter und Prosaisten, IV. Bd., S. 154. – Koch, Geschichte des Kirchenlieds und Kirchengesangs, VI. Bd., S. 293.