ADB:Pareus, David
Ursinus, des Mitverfassers des Heidelberger Katechismus, geb. am 30. December 1548 zu Frankenhausen in Oberschlesien, † am 15. Juni 1622 zu Heidelberg. Schon auf der Schule zu Hirschberg zeichnete er sich durch außerordentlichen Fleiß aus, so daß sein Lehrer Chr. Schilling auf ihn aufmerksam wurde. Als dieser wegen seiner reformirten Abendmahlslehre von da vertrieben am Amberger Gymnasium Unterkunft fand, folgte ihm P. dahin. Von da kam letzterer bald nach Heidelberg, wo er als Alumnus in das Sapienzcolleg Aufnahme fand, dem Ursinus damals vorstand. Unter diesem und den übrigen ausgezeichneten Lehrern Heidelbergs studirte er daselbst Philologie und Theologie. Hierauf wurde er 1571 Prediger zu Schlettenbach bei Weißenburg im heutigen Elsaß, dann nach kurzer Wirksamkeit daselbst Lehrer am Pädagog zu Heidelberg, von wo er aber 1573 an die Gemeinde zu Hemsbach an der Bergstraße berufen wurde. Nach dem Tode Friedrichs III. von der Pfalz fand er 1577 in dem Gebiete des Pfalzgrafen Johann Casimir zu Oggersheim einen [168] neuen Wirkungskreis, dann zu Winzingen bei Neustadt an der Haardt. Als nach Ludwigs VI. Ableben Johann Casimir wieder den Calvinismus in Heidelberg restituirte, berief er Pareus zum 2. Lehrer an das Sapienzcolleg, dessen Vorsteher er in der Folge wurde und dann 1598 Professor der Theologie an der pfälzischen Hochschule. In dieser Stellung gewann er bald ein solches Ansehen im In- und Auslande, daß selbst viele Jünglinge aus der Ferne zu seinen Vorlesungen eilten und es für eine große Auszeichnung hielten, wenn sie in seinem unter dem Schloßberge aufgeführten Hause, das er sein Pareanum nannte, eine Aufnahme zum Zusammenleben mit diesem ihrem verehrten Lehrer fanden. Besonders waren es Magyaren und Polen, welche ihn hochschätzten. – P. war bei aller confessionellen Entschiedenheit eine irenische Natur, welche am wenigsten an dem Gezänke so vieler Theologen seiner Zeit Gefallen fand. Gegen die Beschuldigungen eines Polykarp Leyser u. a. Lutheraner, man könne nicht mit den Reformirten gegen die Römischen sich verbinden, mit denen man in vielen Punkten einiger sei als mit jenen, gab er 1615 seine Hauptschrift heraus: „Irenicum sive de unione et Synodo Evangelicorum concilianda, liber votivus paci ecclesiae et desideriis pacificorum dicatus.“ Er stellt in diesem Buche einen Consensus der Lehre beider evangelischen Kirchengemeinschaften fest und zeigt, da erst nach Luthers Tode der Zwiespalt der Lehre von Christi Person und der Prädestination ausgebrochen, daß ursprünglich dieser sich nur auf die mündliche Nießung im Abendmahle erstreckt habe, auch daß die Reformirten nicht die Augsburger Confession verwerfen, sondern vielmehr allein recht auslegen. Doch sollte durch diese Schrift keineswegs irgend einer Abschwächung einzelner Lehrpunkte das Wort geredet werden. Allein trotz seiner Friedensliebe wurde auch P. in theologische Kämpfe verwickelt. Seine Bearbeitung der sog. Neustädter Bibel im J. 1587, in welcher er zu der lutherischen Uebersetzung neue Capitelüberschriften, Zusätze und Anmerkungen setzte, rief die ganze Entrüstung eines Jacob Andreä gegen ihn hervor, der eine „Christl. Erinnerung und Warnung“, Tüb. 1589 dagegen ausgehen ließ. P. antwortete hierauf in „Rettung der zu Neustadt gedruckten Bibel“. Ebenso sah er sich zur Polemik aufgefordert durch Beschuldigungen, welche lutherischer Seits auf dem Reichstage zu Regensburg 1594 laut wurden, die Pfälzer seien nicht als Augsburische Confessionsverwandte anzusehen. Gegen solche schrieb er seinen „Clypeus veritatis catholicae pro sancta Dei veritate et aeterna Christi divinitate“ und gab solchen zugleich deutsch heraus unter dem Titel: „Summarische Erklärung der wahren katholischen Lehre von den fürnehmsten jetziger Zeit streitigen Religionsartikeln.“ Amberg 1598, worin er die Verwandtschaft der reformirten Lehre mit der altlutherischen, von der die heutigen Lutheraner abgefallen, nachzuweisen sich bemühte. Da er in seinem Commentare zum Römerbriefe in den Fällen, wo der Gehorsam gegen die Obrigkeit mit dem Gewissen in Conflict kommt, einen bedingten Widerstand gegen diese einräumt, so sah er sich darüber von mehreren Seiten angegriffen. Gegen den Papst und die Jesuiten erließ er zum Reformationsjubiläum 1617 eine Schrift, nachdem er bereits 1604 seine „Disceptatio epistolaris“ mit dem Jesuiten Joh. Magirus zu Speyer herausgegeben. Das meiste Verdienst aber hat sich P. erworben durch die Veröffentlichung der in lateinischer Sprache geschriebenen Auslegungen des Heidelberger Katechismus seines Lehrers Ursinus im J. 1600. Das letzte Lebensjahr des P. war noch sehr unruhig. Der Einfall der Spanier in die Pfalz vertrieb ihn im September 1621 aus Heidelberg. Er flüchtete nach dem zweibrückischen Städtchen Annweiler, von wo er in krankem Zustande zu seinem Sohne Philipp, Rector in Neustadt a. d. Haardt, im Januar 1622 eilte und sein Testament aufsetzte. Im Mai reiste er sodann, seinem Herzenswunsche, in seinem Pareanum zu sterben, folgend, nach Heidelberg, da sich eben das Kriegsglück den protestantischen [169] Waffen günstig gezeigt. Kurze Zeit darauf starb er daselbst. Seine Werke hat sein oben erwähnter Sohn zu Frankfurt und Genf 1647–1650 in vier Bänden veröffentlicht. Im 1. Bande gibt dieser eine ausführliche Lebensbeschreibung nebst einem Verzeichnisse der Schriften seines Vaters, welche bei Verwüstung der Pfalz verloren gegangen.
Pareus: David P. (eig. Wängler), reformirter Theologe und treuester Schüler des- Ersch und Gruber III. Sect. 12. Th. – Herzog’s Realencyclopädie. – Bayle. – Niceron, Mémoires. – Vor allen aber die vita des P. in s. opp.