Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Pallavicini, Carlo“ von Moritz Fürstenau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 98–99, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pallavicini,_Carlo&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 06:05 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Pallas, Simon
Nächster>>>
Palleske, Emil
Band 25 (1887), S. 98–99 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Carlo Pallavicini in der Wikipedia
Carlo Pallavicino in Wikidata
GND-Nummer 119001446
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|25|98|99|Pallavicini, Carlo|Moritz Fürstenau|ADB:Pallavicini, Carlo}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=119001446}}    

Pallavicini: Carlo P. (Pallavicino), geboren zu Brescia, war einer der beliebtesten Operncomponisten seiner Zeit, dessen Werke namentlich in Venedig von 1666–1687 zur Aufführung kamen. Ein genaues Verzeichniß derselben giebt Fétis in seiner Biographie universelle des musiciens (Paris 1864, VI, 437). Vom Jahre 1667 an wird P. als Vicecapellmeister, seit 1672 als Capellmeister der kurfürstl. sächsischen Capelle erwähnt. Urkundlichen Nachrichten zufolge lebte er 1673 noch in Dresden, scheint aber bald nachher seine Stellung aufgegeben zu haben und nach Italien zurückgegangen zu sein. Im Jahre 1683 engagirte ihn Kurfürst Johann Georg III. abermals als Capellmeister einer für Dresden bestimmten italienischen Oper. In der ihm in Venedig ausgestellten Bestallung heißt es, er sei zum Capellmeister ernannt worden „in Betracht seiner guten Wissenschaft und weil er bei Unsers in Gott höchstselig ruhenden Herrn Vaters Gnaden in unterthänigsten Diensten gewesen etc.: er soll sich auf Unser Begehren bei Uns in Unserer Residenz Dresden einfinden, tüchtige Sänger und Cantatricen, da wir deren zu denen Opern, so Wir präsentiren lassen möchten, gnädigst verlangen werden, mit sich bringen; jedoch soll ihm, wenn Wir seiner nicht mehr bedürftig, sich wiederum in Italien zu begeben, gnädigst vergönnt sein. Außer Ersatz der Reisekosten ward ihm eine jährliche Besoldung von 400 Thalern bewilligt. Während des Carnevals 1686 fanden nun in Dresden mehrere italienische Opernvorstellungen statt, welche großes Aufsehen erregten, umsomehr, da zum erstenmale eine Sängerin, Margherita Salicola, darin auftrat. Dr. Carl v. Weber hat in seinen Beiträgen zur Chronik Dresdens (Leipzig 1859 S. 69 flg.) höchst interessante Einzelheiten über das Engagement dieser Sängerin erzählt. Nach Beendigung der italienischen Opernvorstellungen war P. jedenfalls wieder nach Italien zurückgegangen, denn vom 1. Januar 1687 an stellte man ihn von Neuem als „Camerae ac Theatralis Musicae Praefectum“ mit 1200 Thlr. Gehalt an. Am 2. Februar 1687 Abends 6 Uhr ward nun zum ersten Male die dreiactige italienische Oper (Drama per Musica) „La Gerusalemme liberata“ von Giul. Cesare Corradi, componirt von P., gegeben: „so bis Abends ¾10 Uhr gewähret“; in ihr feierte die Salicola als Armide neue Triumphe. Das Jahr darauf, am 29. Januar 1688 starb P. in Dresden, wurde Sonnabend den 4. Februar nach Kloster Marienstern gebracht und dort begraben. Die königl. Musikaliensammlung in Dresden besitzt als sehr interessantes Unicum die Partitur von Pallavicinis Oper [99] La Gerusalemme liberata, sowie das mit einer deutschen Uebersetzung gedruckte Textbuch. Die Oper ward in Hamburg italienisch 1694, in deutscher Uebersetzung von Fiedler 1695 unter dem Titel Armide gegeben (vergl. Allgem. musikal. Zeitung 1877 und 1878). Eine Oper Antiope von P., gedichtet von dessen Sohn Stefano, an deren Vollendung der Componist durch den Tod verhindert worden war, beendigte der bekannte Kurfürstl. Sächs. Vicecapellmeister Nicolaus Adam Strungk. Die Oper wurde im Februar 1689 mit großem Erfolg viermal in Dresden gegeben. Partitur und das mit einer deutschen Uebersetzung versehene Textbuch besitzt ebenfalls die Musikaliensammlung des Königs von Sachsen. Ueber ein Oratorium von P. „Il Trionfo della Castita“, welches Burney in Partitur kennen lernte, urtheilt derselbe nicht günstig. Als Operncomponist stand P. vollständig auf der Höhe seiner Zeit, ohne jedoch irgendwie epochemachend aufzutreten. Der schon erwähnte Sohn Pallavicinis war am 31. März 1672 zu Padua geboren und zu Salo im Collegium der P. P. Somaschi erzogen worden. Der Knabe machte solche Fortschritte, daß er bereits im Alter von 10 Jahren in der Philosophie disputirte. Nach beendeten Studien ging er mit seinem Vater nach Dresden (1686), wo er, erst 16jährig, zum Hofpoeten ernannt wurde und seine erste Oper „l’Antiope“ dichtete. Nach dem Tode Johann Georg III. trat er in die Dienste Johann Wilhelms (Kurfürsten von der Pfalz) als Hofpoet und Secretair; nach dessen Tode (1716) kam er um 1718 in gleicher Eigenschaft wieder nach Dresden, wo er im April 1742 starb. Unter seinen vielen Werken wird besonders eine Uebersetzung des Horaz gerühmt. Opere del Signore Steffano Benedetto Pallavicini. Venezia 1744.