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Artikel „Pack, Otto von“ von Walter Friedensburg in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 60–62, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pack,_Otto_von&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 14:33 Uhr UTC)
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Pack: Otto v. P. wurde als Sproß eines alten Meißnischen Adelsgeschlechts um 1480 geboren und bezog 1499 die Universität Leipzig, um, unterstützt von einem (wohl älteren) Bruder, die Rechte zu studiren. Er erwarb den juristischen Doctortitel und trat – wir wissen nicht wann – in den Dienst des Herzogs Georg von Sachsen ein, dessen besonderes Vertrauen er erwarb; seit 1519 finden wir ihn von Georg zu den wichtigsten Geschäften verwandt. Auf vier Reichstagen während der Jahre 1522–1526 vertrat er seinen Herrn, in dessen Auftrag er außerdem in den kirchlichen und politischen Händeln der Zeit zahlreiche Missionen übernahm. Allein Pack täuschte das Vertrauen des Herzogs, indem er, um sich Geld zu verschaffen, mannigfache Betrügereien und schnöde Fälschungen ausführte. U. a. gab er vor, dem Herzog achttausend Gulden zur Einlösung des an das Stift Merseburg verpfändeten Amtes Weißensee vorstrecken zu sollen, wofür ihm dann Georg das Amt als Unterpfand eingeben werde; das wußte er durch gefälschte Briefe mit des Herzogs Namen und unter dessen Siegel (zu welchem er als Kanzleiverweser in Abwesenheit des eigentlichen Kanzlers Zutritt hatte) um so glaublicher zu machen und erschwindelte auf diesem Wege von Privaten wie von Stadtgemeinden größere und kleinere Summen. Fast noch ärger war, daß er im Jahre 1527 den Beitrag des Bischofs von Merseburg zu den Reichsauflagen, der ihm zur Ablieferung übergeben war, unterschlug. Augenscheinlich war der äußere Anlaß zu allen diesen Manipulationen die Geldverlegenheit Pack’s, der wol von Hause aus mittellos war und mit seinem Beamteneinkommen nicht Haus zu halten verstand; dazu kam aber auch eine Neigung zur Intrigue, welches beinahe etwas Krankhaftes hat (auch körperlich scheint Pack öfter leidend gewesen zu sein, wie bei der Leipziger Disputation 1519 und auf dem Speirer Reichstage 1526); offenbar hatte er seine Freude daran, auf krummen, für ihn lebensgefährlichen Wegen zu wandeln; auch wußte er mit unglaublicher Gewandtheit Jahrelang der Entdeckung seiner Betrügereien vorzubeugen. Aber wie sollte die Sache schließlich auslaufen? Mußte nicht doch [61] eines Tages alles ans Licht kommen? Dies war die Lage Otto’s v. P., als er jene Händel anzettelte, die seinen Namen auf die Nachwelt gebracht und Deutschland i. J. 1528 dicht an den Bürgerkrieg herangeführt haben. P. nämlich suchte Anfang 1528 mit dem jungen, heißblütigen Landgrafen Philipp von Hessen, dem Vorkämpfer der Evangelischen, Verbindung und wußte demselben einzureden, daß König Ferdinand, Kurfürst Joachim von Brandenburg und Herzog Georg von Sachsen, welche im Mai 1527 in Breslau bei einander gewesen waren, dort mit anderen katholischen Ständen ein Bündniß zur Bekriegung und Ausrottung der Evangelischen geschlossen hätten. Steht es heute wohl bei allen Forschern – aus äußeren und inneren Gründen – fest, daß ein solches Bündniß nicht existirt hat, so war doch die Sachlage im Reiche danach angethan, dem frechen Betrüger, der übrigens auch die betr. Bündnißurkunde für 10.000 Gulden im Original zu liefern versprach, Glauben zu schenken. Philipp kam selbst nach Dresden, wo ihn P. zwar nicht das Original, aber eine angeblich beglaubigte Abschrift sehen ließ, die den Landgrafen zunächst völlig von der Existenz des Bündnisses überzeugte. Er eilte nach Weimar, wo er sich mit dem Kurfürsten von Sachsen verständigte; dann rüstete er, um dem drohenden Angriff zuvorzukommen, und fiel, kaum daß seine Rüstungen vollendet waren, den Bischöfen von Würzburg und Bamberg, welche ebenfalls Theilnehmer des Bündnisses sein sollten, ins Land, indem er zugleich die angebliche Bündnißurkunde nach der von P. gelieferten Abschrift veröffentlichte (Mai 1528). Inzwischen hatte er P., der sich wieder zu ihm begeben, auf dessen Bitte nach Ungarn zu Johann Zapolya, dem Gegner König Ferdinand’s, entsandt; P. hatte versprochen, bei dieser Gelegenheit auch Sachsen zu berühren, um das Original zu holen. Allein er wagte es nicht, sich dort blicken zu lassen; vermuthlich hoffte er, zunächst von dem Landgrafen die ihm vorläufig versprochenen 4000 Gulden entgegenzunehmen und verließ sich für das weitere auf seinen erfinderischen Geist, der ihn bisher nie im Stich gelassen hatte. Allein Philipp’s schnelles Losschlagen machte einen Strich durch seine Rechnung. Die der Theilnahme am Bündniß bezichtigten Fürsten, besonders auch Herzog Georg, versicherten unter entrüstetem Protest ihre Unschuld und die Fälschung der Urkunde; der Landgraf mußte seinen Gewährsmann nennen, zur größten Ueberraschung des Dresdner Hofes. Jetzt freilich kamen alsbald auch die früheren Betrügereien und Fälschungen Pack’s an das Tageslicht. Dringend verlangte Herzog Georg die Auslieferung des ungetreuen Beamten: aber Philipp verweigerte dieselbe; er fürchtete wohl, sich übereilt zu haben, aber er war doch noch keineswegs überzeugt, daß Pack’s Angaben völlig erdichtet seien. Auch hatte er diesen früher seines Schutzes versichert. So ließ er nur zu, daß mit P., den er allerdings festzunehmen Sorge getragen hatte, in Gegenwart sächsischer Bevollmächtigter in Kassel ein Verhör angestellt wurde (Juli 1528), bei welchem der Angeschuldigte seine Angaben über das Bündniß aufrechterhielt. Schließlich wurde P. vom Landgrafen seines Gewahrsams entlassen (Juni 1529), freilich nur, um von nun an das elende Leben eines vogelfreien gehetzten Flüchtlings zu führen, da Georg alles aufwandte, um ihn in seine Hände zu bekommen. Wir finden P. in Wittenberg, Magdeburg, Lübeck; nirgends mochte er rasten; überallhin folgten ihm die Briefe des schwer beleidigten Gebieters; endlich, 1536, wurde P. in den Niederlanden in Begleitung englischer Gesandten aufgegriffen. Auf Betreiben Herzog Georg’s machte man ihm wegen des Betruges von 1528 den Proceß; auf die Folter gespannt, bekannte P. jetzt, jene Bündnißurkunde gefälscht zu haben; er suchte zwar die Sache so darzustellen, als habe der Landgraf ihn halbwegs zu der Fälschung gezwungen, aber das konnte sein Schicksal nicht wenden. P. wurde durch Urtheil der niederländischen Regierung vom [62] 8. Februar 1537 wegen Verraths und Anstiftung von Empörung dem Tode durch das Beil bestimmt und noch an dem nämlichen Tage hingerichtet.

Materialien zur Geschichte Pack’s und der „Pack’schen Händel“ in den Archiven von Dresden, Weimar, Marburg (Ergänzungen auch im hess. Sammtarchiv zu Marburg). Die Kasseler Verhörsakten gedr. J. W. Hoffmann, Samml. rarer und ungedr. … Nachrichten I. 1736 S.69 ff. – Die Folteraussagen Gudenus, Cod. dipl. Mogunt. IV. s.636 ff. –
Litteratur: W. Schomburgk, Die Pack’schen Händel. Ein Beitrag zur Gesch. Herz. Georg’s von Sachsen. (Histor. Taschenbuch 1881, S. 175 ff.) – H. Schwarz, Landgraf Philipp von Hessen und die Pack’schen Händel (Histor. Studien XIII, 1884); das Werk richtet sich gegen den mit Recht einstimmig verurtheilten und abgewiesenen Versuch von St. Ehses, Gesch. der Pack’schen Händel, 1881, den Landgrafen Philipp als Veranlasser der Fälschung zu erweisen; noch kläglicher die neueste Leistung von Ehses: Landgraf Philipp von Hessen und Otto von Pack. Eine Entgegnung. 1886.