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Artikel „Otto, Bischof von Passau“ von Sigmund Ritter von Riezler in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 24 (1887), S. 711–712, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Otto_von_Lonsdorf&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 02:56 Uhr UTC)
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Otto, Bischof von Passau (1254–1265, † 9. oder 10. April), einer der besten Vorstände dieses großen, damals bis an die ungarische Grenze ausgedehnten Sprengels, entstammte dem bairischen Edelgeschlechte von Lonsdorf, das in der Gegend von Abensberg ansässig war. Gleich im Beginn seiner Regierung hob er das von seinem Vorgänger über die baierischen Herzogslande verhängte Interdict auf, versöhnte sich (1255) zu Vilshofen unter Vermittlung des Regensburger Bischofs Albert mit Herzog Heinrich von Niederbaiern und trat zu Straubing dem für Niederbaiern festgesetzten Landfrieden bei. Eine schiedsgerichtliche Regelung der mannigfachen Streitigkeiten, die zwischen Passau und Niederbaiern schwebten, über den Curs der Münzen, über Gerichtsbarkeit, über bairische und ortenburgische Lehen, wurde in’s Auge gefaßt, kam jedoch nicht zu Stande. Vielmehr schloß O., den die reichen Besitzungen seiner Kirche in Oesterreich auf ein gutes Verhältniß zu der neuen böhmisch-österreichischen Monarchie hinwiesen, am 23. April 1257 zu Linz ein Schutz- und Trutzbündniß mit König Ottokar gegen die bairischen Herzoge. Doch die Böhmen wurden bei ihrem Einfalle in Baiern bei Mühldorf auf’s Haupt geschlagen und O. sah sich vereinsamt und sein Stift von schweren Kriegsdrangsalen heimgesucht. Erst im December 1262 ward der Frieden mit Baiern hergestellt, indem jede Partei etwas von ihren Ansprüchen opferte; immerhin errang der Bischof den großen Vortheil, daß Herzog Heinrich auf Gericht und Vogtei in der Stadt Passau selbst verzichtete. Trotz des Krieges mit Baiern bezeichnet Otto’s milde Regierung für das Stift im Vergleich zu den Stürmen, welche es unter seinen kriegerischen Vorgängern bestanden hatte, eine Periode der Erholung und des friedlichen Aufschwunges. In vielseitiger Sorge für die öffentliche Wohlfahrt hat O. unter den Kirchenfürsten seines Jahrhunderts wenige Genossen. Rechtspflege und Steuerwesen, Verkehr, Handel und Gewerbe verdankten ihm wohlthätige Gesetze, die Bürgerschaft seiner Hauptstadt wichtige Freiheiten, der Passauer Salzhandel seine Begründung, die Passauer Judenschaft zum Entgelt ihrer Darlehen zweijährige Steuer- und Mautfreiheit. Für den Ausbau des Passauer Doms, der die letzte Zeit her sehr langsame Fortschritte gemacht hatte, bestimmte er die Einkünfte des ersten Jahres aller erledigten Pfarreien. Im November 1256 eröffnete er in der Ilzstadt den ersten der Passauer Landtage, die bis in’s 17. Jahrhundert gedauert haben. Durch die Sammlung der wichtigsten urkundlichen Passauer Denkmäler in den nach ihm sogenannten Lonsdorfischen Copialbüchern (Mon. Boic. XXIX, b) wollte er die Besitztitel für Rechte und Güter seines Hochstiftes sichern, und leistete, ohne dies zu beabsichtigen, auch der Geschichtswissenschaft einen wichtigen Dienst. Erhalten ist uns auch ein Katalog der Dombibliothek aus seiner Zeit; er weist 338 Bände auf. Daß Otto’s Wege nicht zusammentrafen mit denen des Passauer Erzdiakons Albert Behaim, entspricht den Bildern, die von dem friedliebenden und maßvollen Bischofe einerseits, [712] von dem fanatischen Agitator anderseits überliefert sind. Der Zwiespalt zwischen beiden Männern ist vielleicht darauf zurückzuführen, daß Albert als Caplan des päpstlichen Legaten, Cardinals Peter Carpoccio, dessen von O. zu hoch befundene Steuerforderung unterstützte. Es kam (1258) soweit, daß der Bischof den Erzdiakon gefangen setzen ließ; seine Befreiung scheint derselbe einem Befehle des Papstes verdankt zu haben. Ueberhaupt war man nicht überall in kirchlichen Kreisen mit O. zufrieden. In Kremsmünster klagte man, er habe durch Verrath des dortigen Custos die Urkunde in seinen Besitz gebracht, welche dem Abte das Recht der Inful verlieh. Im allgemeinen aber galt O. den Zeitgenossen als Vater des Clerus wie Volkes, als Friedensfürst und wahrhaft frommer, durch tadellose Sitten ausgezeichneter Charakter.

Mon. Boic. XXVIII, b; XXIX, b.Buchinger, Gesch. d. Fürstenthums Passau. – Erhard, Gesch. der Stadt Passau. – Ratzinger, Albertus Bohemus, in den Histor.-polit. Blättern, Bd. 64 u. 85.