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Artikel „Othmayr, Caspar“ von Robert Eitner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 24 (1887), S. 536–537, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Othmayr,_Caspar&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 10:05 Uhr UTC)
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Othmayr: Caspar O., ein angesehener Componist des 16. Jahrhunderts, über dessen Leben in jüngster Zeit durch eine fleißige Quellenforschung nach und nach eine Nachricht um die andere ans Tageslicht geschafft wurde, so daß dasselbe heute klar vor uns liegt, während Gerber und Fétis sich noch mit der Angabe eines einzigen Titels seiner gedruckten Compositionen begnügen mußten. Sein Geburtsjahr ist in des Joh. Garcaeus Methodus Astrologiae (Basel 1570) verzeichnet; er ward am 12. März 1515 geboren, und zwar in Amberg, wie Mettenleiter in seiner Musikgeschichte Ambergs festgestellt hat. 1545 treffen wir ihn als Rector an der Klosterschule in Heilsbronn und 1546 bewirbt er sich um ein Canonicat zu St. Gumprecht in Ansbach, „damit – wie es in der Eingabe heißt – er sein Leben und Wesen allein haben und sich seiner Kunst seines Gefallens ihm selbst und andern zum Nutz brauchen möge“. Im Jahre 1547 wurde ihm das Canonicat verliehen. Bei dem Abgange aus Heilsbronn gibt ihm der Abt Greulich das Zeugniß: „Er ist vor Andern in unserem Lande ein hoch und weit berühmter Musicus.“ Da er sich in demselben Jahre mit der Tochter des Heilsbronner Richters Hans Hartung vermählte, so erhielt er die Erlaubniß, mit seiner Frau im Heilsbronner Hofe zu Ansbach wohnen zu dürfen. 1548 ernannten ihn die beiden Markgrafen von Ansbach und Bayreuth zum Propst in Ansbach, doch durch eine Meinungsverschiedenheit zwischen der Vormundschaft des unmündigen Markgrafen von Ansbach und dem Markgrafen von Bayreuth, wurde ihm die Stelle von erstgenannter Seite streitig gemacht; es erwuchs ihm ein Mitbewerber und damit ein höchst ärgerlicher Proceß, welcher erst mit dem Tode Othmayr’s seinen Abschluß fand. O. starb nach langwieriger schwerer Krankheit in Nürnberg, wohin er sich hatte bringen lassen, ward aber in Ansbach begraben, wo sein Grabstein in der Kirche zum heiligen Kreuz folgende Inschrift trägt: „Anno Dni. 1533 den 4. tag des monats Februarij Ist in Christo verschiden zu Nürnberg Der Erwürdig wolgelert Auch weit berümbt Componist und Musicus Herr Magister Caspar Othmayr, Probst und Canonicus St. Gumprechts Stifft zu Onolzbach so alhie begraben welchem Gott wolle verleihen ein fröliche aufferstehung und das Ewige Leben Amen.“ Nachzutragen wäre noch, daß Georg Forster, der Arzt in Nürnberg und Herausgeber der 5 Theile Deutsche weltliche Lieder, O. in der Dedication zum 3. Theil von 1549 erwähnt und ihn seinen Tisch- und Bettgenossen in Heidelberg nennt, woraus hervorgeht, daß O. in Heidelberg einst studirte. – Von seinen Werken haben sich nur sehr wenige bis auf uns gerettet, bis heute auch nur in je einem einzigen Exemplare bekannt. Zwickau besitzt eine Sammlung dreistimmiger Motetten von 1549: „Tricinia in pias aliquot“, Nürnberg, bei Berg und Neuber gedruckt und eine Sammlung zweistimmiger Lieder und Psalmen (circa 1547) ebendort erschienen. Die Gymnasialbibliothek in Heilbronn (Würtemberg) besitzt das sehr merkwürdige fünfstimmige Werk „Tomus I. Symbolorum“ von 1547, ebendort gedruckt, welches sich zum Text die Wappenschilder und Inschriften deutscher Fürsten gewählt hat. Mozart meinte zwar, alles lasse sich componiren und lieferte dazu gleich den Beweis durch die Composition eines Wiener Speisezettels. In Nordamerika hat sogar ein Componist jüngst die Verfassung der Vereinigten Staaten in Musik gesetzt und im Oratorienstil behandelt! – Die von Gerber citirten deutschen Lieder von 1551, die Draudius anzeigt, haben sich bis heute noch nicht gefunden, dagegen hat der oben erwähnte Georg Forster 25 vier- und fünfstimmige weltliche Lieder von O. in seinem Sammelwerke veröffentlicht. Die letzteren allein liegen mir in Partitur vor und ermöglichen ein Urtheil über den Componisten. Forster selbst bezeichnet ihn als einen „derzeit weit berühmten Componisten“, doch unter den 25 Liedern will mir keins so recht zu Gefallen sein. Ernst, fast düster sind [537] selbst die heitersten Texte behandelt; seine Harmonie ist hart, steil und monoton und die zwar durch Kreuzung der Stimmen vermiedenen häufigen Quintenfortschreitungen werden dadurch dem Ohre nicht angenehmer. Am ansprechendsten sind noch Nr. 27 im 3. Theile: „Hab mir ein Espen-Zweigelein, gebogen zu der Erden“ und Nr. 65: „Wolauff gut gsell von hinnen“. Hier tritt eine mehr schmiegsame Ausdrucksweise hervor, die ihm sonst so sehr mangelt; und doch würde er von den Zeitgenossen nicht so geschätzt worden sein, wenn seine Leistungen sich nicht über das Niveau der Anderen um ein Bedeutendes erhoben hätten.