Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Nusch, Georg“ von August Nusch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 52 (1906), S. 665–666, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Nusch,_Georg&oldid=- (Version vom 26. November 2024, 04:05 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Nostitz, Kaspar von
Nächster>>>
Nüscheler, Arnold
Band 52 (1906), S. 665–666 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Georg Nusch in der Wikipedia
Georg Nusch in Wikidata
GND-Nummer 134075730
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|52|665|666|Nusch, Georg|August Nusch|ADB:Nusch, Georg}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=134075730}}    

Nusch: Georg N. gehört einer Patricierfamilie der freien Reichsstadt Rothenburg o. Tauber an, wo sein Großvater 1525 in den Rath aufgenommen wurde. Geboren daselbst am 8. Januar 1588 studirte er auf den Universitäten Altorf und Tübingen und erwarb sich den Grad eines bac. iuris. Darnach wurde er Hofmeister einiger junger Adeligen, die er 1612–1614 auf Reisen nach Frankreich und England begleitete. Längeren Aufenthalt nahm er dabei in Paris, Angers und Lyon. Hier gewann er auch aus adeligen Kreisen viele Freunde, die sich nach damaliger Sitte mit Sinn- und Wahlsprüchen in sein Stammbuch eintrugen und ihre Wappen beimalen ließen. Dasselbe hat sich in der Familie erhalten. Es finden sich darin z. B. die Namen Bartholomäus v. Windischgrätz, v. d. Sahla, v. Welwarth, v. Rietheim, Paul Behaim v. Schwarzbach, Rehlinger, Pflugk, Konrad und Hans Schweikhard v. Sickingen, Leo Vitzthum, Tycho Brahe (Sohn des Astronomen), v. Friesen, v. Imhoff, v. Guttenberg, v. Böcklin, Julius Cesar Visconti, Böhlin v. Frickenhausen u. A. Nach Rothenburg zurückgekehrt, gelangte er 1615 in den äußeren, 1619 in den inneren Rath, in welchem er von 1623 an die Würde eines Richters bekleidete. In der drangvollen Zeit des dreißigjährigen Krieges machte er sich durch seine Bildung und Geschäftskenntniß um die Stadt hoch verdient und war öfter Gesandter Rothenburgs, z. B. zur Vertretung der Stadt auf den Kreisconventen in Nürnberg. 1630 wurde er regierender Bürgermeister. Als im folgenden Jahre Rothenburg von Tilly belagert wurde und schließlich capituliren mußte, bewirkte er, daß der erzürnte Feldherr die harte Strafe der Hinrichtung, die über den Rath verhängt war, zurücknahm; auch gelang es ihm, durch treffliche Fürsorge die Leiden der Bürgerschaft einigermaßen zu mildern. Der dankbare Rath ehrte ihn als seinen Retter und beschenkte ihn mit dem großen Rathspokal, der noch jetzt in Rothenburg gezeigt wird. An ihn knüpft sich die Sage vom „Meistertrunk“. Tilly soll nämlich Rettung verheißen haben, wenn einer der Rathsherren den großen Pokal leere, was N., ohne Schaden zu nehmen, leistete. In einem alljährlich in Rothenburg aufgeführten dramatischen Festspiel wird die rettende That gefeiert. Allein erst in der Schaffert’schen Chronik aus den Jahren 1771–73 wird der sagenhafte Vorgang erwähnt, die gleichzeitigen Quellen enthalten nichts davon, ebensowenig eine kleine, dem obenerwähnten Stammbuch beigeheftete Biographie, die doch die sonstigen Verdienste um die Stadt und die öfter bestandene Todesgefahr gebührend hervorhebt. In der Folge war N. noch 13 Mal regierender Bürgermeister und bekleidete auch die Aemter eines Steuerers, eines Assessor Consistorii, Scholarcha und Pflegers der Jakobskirche. Zum zweiten Male bot sich ihm Gelegenheit, in der Kriegesnoth sich um die Stadt verdient zu machen, als die französische Armee unter Turenne 1645 Rothenburg belagerte. Zwei Tage lang wurde die Stadt beschossen, bis man sich verglich. Bei seiner Kenntniß der französischen Sprache konnte er die Unterhandlungen in günstiger Weise leiten und die Sorge für die Verpflegung der französischen Officiere übernehmen. Welchen Dank er dabei von diesen selbst erntete, das bezeugen zwei Erinnerungsblätter in seinem Stammbuch. Das eine rührt her von Jean Janvier, Secretär von Mr. Jean Moli, „Generalintendanten der Justiz, Polizei und des Proviants bei den Armeen befehligt von seiner Hoheit dem Herrn Herzog von Angien (sic) in Luxemburg [666] und Deutschland“. Er rühmt dabei die hohen Verdienste des Bürgermeisters „l'ayant vu pendant quinze jours de séjour agir avec tant de soin, de vigilance, d’adresse et de prudence au contentement de son Altesse, des Messeigneurs les maréchaux de Turesne et de Grammont, mesmes de toute l'armée et des officiers de sa Majesté, qu’on le peut comparer à un vigilant Nestor“. In gleich anerkennender Weise spricht sich auf dem zweiten Blatte Charles Desbordes, k. Rath und Generalcommissär der leichten Cavallerie aus. Noch drei gleich harte Kriegsjahre folgten, bis 1648 der westfälische Friede geschlossen wurde. Darnach erfreute sich N. eines ruhigen und glücklichen Alters. Er starb, gerade 80 Jahre alt, am 8. Januar 1668. Obwol zwei Mal verheirathet, hinterlieh er keine Kinder. Die noch jetzt in verschiedenen Gegenden Deutschlands blühende Familie stammt von seinen beiden jüngeren Brüdern Gottfried und Michael ab. Sein Andenken wurde auch lebendig erhalten durch ein Denkmal in der Jakobskirche am ersten Pfeiler der Südseite, mit Bildniß und Wappen. Leider wurde dasselbe mit andern solchen Denkmälern bei der Renovation der Kirche im vorigen Jahrhundert entfernt. Dagegen hat sich sein Bild auf zwei Oelgemälden erhalten, von denen das eine sich jetzt im Sitzungssaal des Rathhauses befindet. Neben Bürgermeister Toppler ist er eine der hervorragendsten und volksthümlichsten Gestalten der alten Reichsstadt.

Vgl. außer den Geschichtschreibern von Rothenburg besonders Th. Bischoff, Tilly in Rothenburg, ein Zeitbild, 1881. — Weißbecker, Rothenburgs Alterthümer und Inschriften, S. 98. — A. Nusch, Zur Geschichte der Familie Nusch, in der Vierteljahrsschrift f. Heraldik u. Genealogie, X. Jahrg., S. 419—445, 1882.