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Artikel „Numeister, Johannes“ von Karl Steiff in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 24 (1887), S. 52–55, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Numeister,_Johannes&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 18:45 Uhr UTC)
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Numeister: Johann N. (einmal auch Neumeister oder vielmehr Neumester geschrieben), ein Buchdrucker des 15. Jahrhunderts, der sowol durch seine nahe Berührung mit den Anfängen der Druckerkunst als auch durch die großen Wanderungen, die er mit seiner Presse gemacht hat, bemerkenswerth ist. Was das erste betrifft, so wird er von manchen für einen Genossen, nicht blos Gehilfen, [53] Gutenbergs selbst gehalten. Diese Annahme stützt sich auf eine handschriftliche Bemerkung, welche sich mit der Jahrzahl 1463 in einem Exemplar des Tractats „De celebratione missarum“, s. l. et a. (Hain 4833) soll gefunden haben und wornach dieses Werk von Joannes dictus a bono monte „mira sua arte sicut et (?) Johannis Nummeister cleric. confectum“ der Karthause bei Mainz geschenkt worden wäre. Wol ist diese handschriftliche Notiz nur von einem Gewährsmann (G. Fischer, Essai sur les monumens typographiques de J. Gutenberg, Mayence 1802, p. 81) bezeugt, dessen Angabe sich zudem nicht mehr controliren läßt, da das betreffende Exemplar seitdem verloren gegangen ist. Aber hiervon abgesehen läßt sich, soviel wir finden, nichts Entscheidendes gegen die Echtheit der fraglichen Bemerkung einwenden (speciell die Latinisirung des Namens Gutenberg kommt auch sonst sehr frühe vor, vgl. Centralblatt für Bibliothekswesen II, S. 90) und so kann es zwar nicht als ausgemacht, aber als recht wohl möglich gelten, daß N. wirklich eine Zeit lang Geschäftstheilhaber Gutenbergs gewesen ist. Wie man nun aber diese Frage entscheiden möge: von Mainz, der Wiege der Buchdruckerkunst, ist er jedenfalls ausgegangen. Er nennt sich selbst auf seinen Drucken Johannes Numeister de Maguncia oder Johannes alemannus de magontia, auch clericus maguntinus. Daß Mainz auch seine Vaterstadt gewesen sei, ist damit nach dem Sinn, welchen die alten Typographen mit solchen Beisätzen verbanden, nicht nothwendig gesagt. Er kann auch anderswoher gewesen sein und so mag hier bemerkt werden, daß in der allgemeinen Studentenmatrikel der Universität Erfurt unter dem Jahre 1454 ein Johannes Nuwemeister de Treisa (Hessen) eingetragen ist. Die Identität desselben mit dem Buchdrucker N. soll damit nicht ohne weiteres behauptet werden, umsoweniger als der betreffende Familienname gleichzeitig auch sonst, z. B. in Frankfurt a. M., Forchheim, Lambsheim vorkommt. Die bis heute oft wiederholte Angabe, daß N. von Straßburg gewesen sei, ist aber jedenfalls unbegründet, wie dies Claudin in seiner unten anzuführenden trefflichen Schrift S. 73 Anm. nachweist. Weit weg von dem Ort seiner Lehrjahre, vielleicht auch ersten Meisterjahre, von Mainz, tritt N. zum ersten Mal in unbezweifelbarer Weise als selbständiger Drucker auf, doch auch da mit Mainzer Gehilfen: es ist in Foligno (Fulgineum) im J. 1470. Drei Drucke sind aus dieser kleinen Stadt Umbriens bis jetzt bekannt, die seinen Namen tragen und zwar in Verbindung mit dem des Emiliano Orsini. Dieser Abkömmling des bekannten alten Adelsgeschlechts hatte Räumlichkeiten für die Errichtung der Druckerei hergegeben, hatte das nöthige Geld zur Verfügung gestellt und wie es scheint selbst noch die Kunst gelernt und so ist es ziemlich wahrscheinlich, daß er es gewesen ist, der unsern Meister bestimmt hat, in der abgelegenen Stadt sich niederzulassen. Aber eben diese ungünstigen örtlichen Verhältnisse erklären es, wenn die Thätigkeit der Presse in Foligno nicht lange dauerte. Der letzte der genannten drei Drucke stammt aus dem Jahre 1472 und nun wissen wir von N. nichts mehr, bis er im J. 1479 wieder auf einem Drucke erscheint, nämlich in den Meditationes des Turrecremata (Hain 15726). Zwar ist in diesem Drucke der Ort des Erscheinens nicht genannt, aber alles deutet auf das Entschiedenste darauf hin (vgl. Claudin a. u. a. O., S. 59, überhaupt S. 53–60), daß er aus derselben Presse wie die Agenda Maguntina von 1480 (Hain 369) hervorgegangen ist und da in letzterer ausdrücklich Mainz als Druckort genannt wird, so muß ebenda auch die genannte Ausgabe der Meditationen entstanden und es muß also N. zwischen 1472 und 1479 wieder nach Mainz zurückgekehrt sein. Aber wieder verschwindet er von da und wieder taucht er in weiter Entfernung auf, nämlich in Albi in Languedoc. (Der Aufenthalt in Basel ist nur Vermuthung.) Es ist Claudin’s [54] Verdienst, den fahrenden Drucker in jenem Albi entdeckt zu haben. Vorher wußte man nicht einmal sicher, wo denn die Drucke mit der Schlußschrift „Albie impressum“ entstanden waren – man dachte gewöhnlich an Albi in Savoyen – geschweige denn, daß man den ungenannten Verfertiger derselben gekannt hätte. Durch Claudin’s Untersuchungen ist alles klar gestellt. Daß an Albi in Languedoe bei jenen Drucken zu denken ist und an kein anderes, beweist neben Sonstigem wie der Bedeutung dieser Bischofstadt besonders die nur für sie vorkommende lateinische Namensform Albia und das in jenen Drucken verwendete Papier, dessen Wasserzeichen gerade den französischen Papieren eigenthümlich ist und in dem fraglichen Albi selbst in Papieren des 15. Jahrhunderts sich vorgefunden hat. Daß aber N. der ungenannte Drucker von Albi ist, das geht nicht blos aus den Typen und den Metallschnitten einzelner jener Drucke hervor, die genau ebenso in anderen Numeister’schen Drucken sich finden; es wird aufs klarste erwiesen durch die Thatsache, daß unser Meister später in Lyon J. N. d’Albi oder kurzweg Jehan d’Albi hieß. Nur vier Drucke, soviel man bis jetzt weiß, hat N. in Albi geliefert, den ersten 1481, den letzten vermuthlich 1484; dann zog er, wie schon angedeutet, nach Lyon, wo er endlich das Ziel seiner Wanderungen finden sollte. Denn man kennt zwar nur aus den Jahren 1487, 1489 und 1495 Drucke von ihm aus genannter Stadt – drei an der Zahl –, aber in den Registern von Lyon kommt er wie schon im J. 1486, so auch noch 1499, 1503, 1504 und 1507 vor. Damals aber war er ein alter Mann, der, wenn seine Spur sich nun verliert, sicher nicht mehr weiter gezogen, sondern um genannte Zeit ohne Zweifel gestorben ist. (Ausdrücklich sei gesagt, daß man ihn namentlich nicht auch in dem deutschen Drucker von Florenz vermuthen darf, der sich Johannes (Petri) de Maguntia, Giovanni da Maganza etc. nennt. Denn von diesem kennt man Florentiner Drucke aus verschiedenen Jahren, in denen unser Johannes alemannus de magontia sich nachweislich an anderen Orten befunden hat.) Jene Register sagen uns auch, wo N. in Lyon gewohnt hat, in der Rue de l’Arbre–sec, aber auch wie es ihm gegangen: in einem Eintrag vom Jahre 1498 steht bei seinem Namen „pauvre“ und gleichzeitig findet sich daselbst die Notiz, daß er nicht mehr Meister sei, sondern bei Toupier (Michael Topie) arbeite, demselben Meister, mit welchem er den Druck von 1495 gemeinsam herausgegeben hatte. Man sieht, dem Manne, der vermuthlich nur durch mangelndes Gelingen von Foligno nach Mainz zurückgeführt und von da wieder in die Ferne getrieben worden war, hat auch auf der neuen Wanderung, hat selbst in dem vielversprechenden Lyon das Glück nicht gelächelt. Seine Leistungen sind hieran nicht schuldig. Die Drucke sind zwar von ungleichem Werth, denn er hat nicht immer schöne Typen gehabt; aber sie verleugnen doch nie den Meister. Als wirklich ausgezeichnet aber durch ihre Schönheit werden u. a. die schon erwähnten Meditationes des Turrecremata von 1479 und der in Albi um 1484 gedruckte „Ordo libri missalis secundum consuetudinem Romane ecclesie“ (Hain und Brunet unbekannt) gerühmt und ein wahres Meisterwerk des Lyoner Buchdrucks soll das „Missale Lugdunense“ von 1487 (Brunet 5. éd., III, 1763) sein. Um seiner ungemeinen Seltenheit willen sei weiter erwähnt das „Breviarium secundum usum ecclesie Uceciensis“, Lugd. 1495 (weder Hain noch Brunet bekannt), als Editio princeps aber sei genannt last not least: „Dante’s Divina comedia“, Foligno 1472 (Hain 5938), eine Ausgabe, die, obwol die erste von allen, doch den besten Text unter allen älteren gibt.

Vgl. A. Claudin, Antiquités typographiques de la France, Origines de l’imprimerie à Albi en Languedoc etc. Paris 1880. Numeister’s Drucke findet man ebendort (nebst vielen Facsimiles aus denselben); sie sind auch [55] soweit nicht obenerwähnt, verzeichnet bei Hain, Repert. bibliogr. 1558, 5160, 8723 u. außerdem bei Brunet, Manuel du libraire, 5. éd., I, 70, 1247 (Meunister = Neumeister), V, 986.