ADB:Nadler, Karl Christian Gottfried

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Artikel „Nadler, Karl Christian Gottfried“ von Franz Brümmer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 23 (1886), S. 209–210, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Nadler,_Karl_Christian_Gottfried&oldid=- (Version vom 16. November 2024, 16:15 Uhr UTC)
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Nadler: Karl Christian Gottfried N., bekannter Dichter in pfälzischer Mundart, wurde am 19. August 1809 zu Heidelberg geboren und, da er seine Eltern in frühestem Alter verlor, von Verwandten erzogen, die seinem Bildungsgange keine besondere Aufmerksamkeit widmen konnten, die ihn aber dennoch die Schulen, welche die Heimath darbot, durchlaufen ließen. Zum Glück zeigte der Knabe großen Lerneifer und einen gesunden, offenen Verstand. Aus der Volksschule trat er in die Gelehrtenschule und von dieser zur Universität über, auf welcher er Rechtswissenschaft studirte. Dem Burschenleben abgeneigt, widmete er sich in seinen Mußestunden den Künsten und Wissenschaften und wandte sich, nachdem er von dem Rechtslehrer Thibaut zu dessen Gesangvereine herangezogen worden, besonders dem Studium der Musik zu, wozu er, obgleich Autodidakt auf diesem Gebiete, eine natürliche Veranlagung und Begabung zeigte. In den letzten Semestern seines Universitätslebens versuchte er sich auch mehrfach in gebundener und ungebundener Rede, in launigen Umbildungen ernster Gedichte, wie in verschiedenartigen Stachelschriften, die aber, weil der Urheber selber die Form für zu schroff und ungebildet hielt, nicht veröffentlicht wurden. Im J. 1830 begab sich N. nach Berlin, theils um seine Studien fortzusetzen, theils um das dortige wissenschaftliche und künstlerische Leben nach allen Richtungen zu ergründen. In unbesiegbarer Laune hatte er hier einen satyrischen Roman geschrieben, worin die Helden der Zeit auftraten und die Begebnisse des Tages, u. a. die Vergötterung des Philosophen Hegel und der Sängerin Sontag, bitter gegeißelt wurden. Das Werk sollte bereits im Druck erscheinen, als es plötzlich verschwand. Nach einem Jahre kehrte N. in die Heimath zurück, bestand die zum Staatsdienste nothwendigen Prüfungen [210] und trat dann als Actuar bei dem Oberamte seiner Vaterstadt ein. Im J. 1834 wurde er Advokat und erwarb sich bald den Ruf eines gediegenen Rechtskenners, eines allseits tüchtigen und gewissenhaften Rechtsanwalts. Auch als Mann blieb N. seinen Lieblingsneigungen treu. Das Sammeln von Volksliedern seiner pfälzischen Heimath veranlaßte ihn, der sich früher in gebundener Rede mehr mit Spielereien, Parodien u. dergl. befaßt hatte, sich numnehr im Volksliede in rheinpfälzischer Mundart zu versuchen. Bald lag eine Sammlung Gedichte bereit und erschien 1847 unter dem Titel: „Fröhlich Palz (Pfalz) Gott erhalt’s! Gedichte in Pfälzer Mundart.“ In vielen dieser Gedichte zeigt sich N. als ein würdiger Nachahmer Hebel’s, gibt er die Gefühle des Volkes mit Gewandtheit und Mutterwitz, oft mit dichterischer Tiefe und Innigkeit. Eigenthümlich und bezeichnend sind seine Trinklieder, die alle einen geistreichen Frohsinn athmen. Manche Stücke sind freilich auch Zerrbilder aus dem aufgeregten, staatsbürgerlichen Leben der vierziger Jahre, einer Aufregung, die der Dichter in ihrer höheren Bedeutsamkeit gar nicht verstanden hat. Alles in allem aber offenbart N. großes Talent für die Darstellung des Volksthümlichen, und sicher hätte er sich der Natur des Volkes noch inniger angeschlossen, wenn ihm das Schicksal ein längeres Leben vergönnt hätte. Wie großen Anklang indessen seine Gedichte in seiner Heimath fanden, beweist die 8. Auflage derselben, die 1881 erschien. In den Tagen der Revolution (1848) ließ sich N. bestimmen, ein beißendes Spottlied auf Hecker’s Zug und später auf Struve’s Einfall in Baden zu dichten, womit er freilich bei der Mehrzahl seiner Landsleute großen Anstoß erregte; ja, als die badischen Aufständischen sich 1849 um Heidelberg sammelten, war er vielfachen Drohungen und Beleidigungen ausgesetzt. Die Aufregung hatte seine ohnehin schwache Gesundheit nur noch mehr erschüttert; seine Kräfte nahmen mit jedem Tage mehr ab, und am 26. August 1849 starb er, eben 40 Jahre alt.

Neuer Nekrolog der Deutschen, 27. Jahrg., S. 1168.