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Artikel „Micron, Martin“ von Jacob Cornelis van Slee, Wilhelm Sillem in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 703–704, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Micron,_Martin&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 05:26 Uhr UTC)
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Micronius: Martin de Cleyne, daher M., einer der eifrigsten Beförderer der Reformation, geb.[1] zu Gent und dort, wie behauptet, von anderer Seite aber bestritten wird, als erfahrener Arzt besonders geachtet. Schon früh stimmte er den neueren Religionsansichten zu; der Inquisition verdächtig geworden, änderte er seinen Namen in Micronius; als die Religionsverfolgung heftiger um sich griff, entfloh er nebst Johann Utenhove, de Falais und Anderen um 1544 nach Deutschland. Nach einem mehrjährigen Aufenthalt zu Basel begleitete er im Frühjahr 1549 mit seiner Gattin Joanna, den späteren anglicanischen Bischof John Hoper nach England, wo es sich damals um die Gründung einer holländischen Gemeinde zu London handelte. Als nun König Eduard VI. am 29. Juni 1550 die Augustinerkirche (Austin Friars) für diesen Zweck bestimmt hatte, stellte er Johann à Lasko (Bd. XVII, S. 736) als Superintendenten, Gualtherus Delenus und M. als Prediger an; zugleich Richard Vauvilius und François du Rivier (Rivius oder Riverius) für die wallonische Gemeinde. Eifrig arbeitete jetzt M. an der Organisation und Erbauung der Gemeinde und erndtete hohes Lob durch Friedfertigkeit, milde Gesinnung und treffliche Predigt, besonders auch durch Verfassung eines „kleinen Katechismus“ zum Unterricht für jüngere Kinder, indem Utenhove’s „Großer Katechismus“ sich für diesen Zweck weniger eignete. Diese kleine Schrift erschien im October 1552 und zeichnete sich durch klare und deutliche Darstellung der Glaubenslehre, ganz im Geiste Zwingli’s aus. Als aber am 6. Juli 1553 der König starb, war es leider mit der Religionsfreiheit der holländischen Gemeinde wie überhaupt mit dem englischen Protestantismus aus. Königin Maria führte den katholischen Gottesdienst wieder ein und die Häupter der holländischen Gemeinde waren genöthigt, sich der nun eintretenden Verfolgung durch die Flucht zu entziehen. Am 17. September schifften sich zu Gravesend 300 Reformirte nach Dänemark ein, in der Hoffnung, dort eine sichere Zufluchtsstätte vom Könige Christian III. zu erhalten. Nach einer höchst gefährlichen und stürmischen Reise kamen à Lasko, Utenhove und M. am 3. November zu Helsingör und nach fünf Tagen zu Kolding an, wo der König sich aufhielt. Sie erreichten aber ihr Ziel nicht. Ihre Bitte um freie Ausübung des reformirten Cultus scheiterte an dem unduldsamen und starren Lutheranismus der beiden Hofprediger Noviomagus und Heinrich [704] Buscoducensis. Die Flüchtlinge zogen daher weiter nach Deutschland, wo sie, nach manchen Widerwärtigkeiten bei der Gräfin Anna von Oldenburg (Bd. I, S. 468) in Ostfriesland und besonders zu Emden, eine gute Aufnahme fanden. Auch M. war, nachdem er umsonst zu Bremen, Hamburg, Lübeck und Wismar Obdach für seine Reisegenossen gesucht hatte, im April 1554 zu Emden angekommen. Schon am 20. Mai berief ihn die Gräfin zum Predigeramte zu Norden, welches er alsbald antrat und löblich verwaltete, bis ihn am 12. September 1559 die zu Norden damals wüthende Pest hinraffte. Unermüdlich hatte er die Angelegenheiten seiner Gemeinde vertreten, aber auch in weiteren Kreisen mit liebevoller, friedsamer und aufgeklärter Gesinnung gewirkt. Mehrere öffentliche Religionsgespräche hielt er 1553 und 1554, theils zu Hamburg, wo er dem Joachim Westphal gegenüber die Abendmahlslehre Zwingli’s vertrat, theils zu Wismar und Emden, wo er mit Heinrich Smedenstede und Menno Simons über die Lehre von der Menschwerdung Christi verhandelte. Auch 1556 war er an der Disputation mit Letztgenanntem zu Norden betheiligt und im selben Jahre rief à Lasko ihn nach Frankfurt zur Ordnung der dort errichteten wallonischen Gemeinde, in der er am 15. September die erste Predigt hielt. Zu gleicher Zeit war er mit der Revision der Uebersetzung des Neuen Testamentes, welche Utenhove und Gottfried Wingius in Angriff genommen hatten, und mit andern wissenschaftlichen Arbeiten beschäftigt, welche ihn als einen friedsamen und erleuchteten Theologen zeigen. Außer dem schon erwähnten „Cleyne Catechismus“, London 1552 und Embden 1559 verfaßte er „Een claer bewys van het recht gebruyck des nachtmaels Christi ende wat men van de misse houden sal“ gedruckt buiten Londen by Collinus Volkwinner 1552, 8°, dann 1554 und 1560 in 12°; „Een waerachtig verhael der zsamensprekinge tuschen Menno Simonsz en Marten Micronius van der menschwordinge Christi“, Embd. 1556; „Apologie of verantwoordinge M. Microns op 20 artikelen die Menno Simonsz tegen hen disputatieboeksken heeft uitgegeven“, 1558; „Apologeticum scriptum M. Micronii quo ecclesias orientalis Frisiae a Joachimo Westphalo falso traductas modeste tuetur et purgat; responsum item ad quandam ejusdem Westphali epistolam de iis rebus quae post Anglicarum ecclesiarum dissipationem Hamburgi aliisque vicinis locis anno 1554 acciderunt. Inseruntur hic nonnulla de Coenae Dominicae negotio“, 1557; „Van de waerdigheydt, nutheydt ende noodigheydt der Christ. vergaderingen“, 1561. Auch verfaßte er eine Abkürzung der Liturgie à Lasko’s: „Christelyke ordonnantie der Nederl. ghemeynte Christi die van Co. Eduart den VIden te London ingestelt was, by Volkwinner 1554“, in deutscher Uebersetzung 1565 gedruckt zu Heidelberg bei Johann Mayer. Auch die „Waerachtige Historie van Hoste (genaemt Joris) van der Kateleyne te Gendt om het vry opentlick straffen der afgodischer leere gebrandt“ wird ihm zugeschrieben; andere aber halten einen gleichnamigen Martin Micron, Vetter des unsrigen, für den Verfasser.

Glasius, Godgel. Nederl. und die dort angeführten Quellen; Dr. F. Pijper’s Dissertation, Jan Utenhove, Leid. 1883, bl. 33, 58, 65 v. v. 129 v. v. etc.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 703. Z. 22 v. o.: Das Geburtsjahr des Micronius scheint 1523 zu sein. G. Outhof berichtet in seiner „Waarschouwinge van alle Kristenen … van de Kerkhervorming … in Oostervriesland“, Emden 1723. 8°. S. 205: als Micronius im J. 1554 seine Disputation mit J. Westphal in Hamburg hielt, sei jener 31 Jahre alt gewesen. [Bd. 24, S. 787]