Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Menzel, Johann Baron von“ von Paul Beck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 377–380, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Menzel,_Johann_Baron_von&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 13:28 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Menzel, Karl Adolf
Band 21 (1885), S. 377–380 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Johann Daniel von Menzel in der Wikipedia
Johann Daniel von Menzel in Wikidata
GND-Nummer 137069804
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|21|377|380|Menzel, Johann Baron von|Paul Beck|ADB:Menzel, Johann Baron von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=137069804}}    

Menzel: Johann Daniel Baron v. M., genannt der „Husarenmenzel“, bekannter Parteigänger, geb. am 30. September 1698 (nach anderen Nachrichten 1692 oder 1693) zu Leipzig als Sohn eines Barbiers und vormaligen Feldscheerers, † den 25. Juni 1744 bei Stockstadt in der Rheinpfalz, zeigte schon in früher Jugend einen unruhigen, auf Abenteuer ausgehenden Sinn, wie er z. B. im J. 1711, als Peter der Große Leipzig besuchte, dessen Gefolge bis nach Teplitz nachlief, von wo er wieder nach Hause geschafft wurde. In seiner Vaterstadt besuchte er die Nicolaischule und die Universität, wurde dann dem Zuge seines Herzens folgend Soldat (Cavallerist) und diente nacheinander beinahe in aller Herren Länder, in seinem Heimathstaate, in Spanien (Catalonien), Polen, Rußland und zuletzt in Oesterreich. In Kursachsen hatte er es zwar [378] blos zum Wachtmeister bzw. Feldwebel gebracht, wogegen er in Polen durch die Protection des Grafen Jak. Heinr. von Flemming (Bd. VII S. 117) sowie durch eine adliche Heirath gleich Offizier, zuletzt Capitän und nebenbei geadelt wurde. Die polnischen Dienste vertauschte er 1728 mit den ihm mehr versprechenden russischen, machte als Major unter Münnich in den Jahren 1733 bis 1735 den polnischen Erbfolgekrieg und die Belagerung von Danzig, von 1736–1739 den Türkenkrieg mit und half Asow, Perekop, Bacsisaray und Oczakow erobern. In diesen Campagnen hatte er sich so sehr hervorgethan, daß Münnich ihn dem Hofe im J. 1738 zu einer zweimaligen Mission nach Persien an den berühmten Schah Nadyr, genannt Kuli Khan empfahl, wobei er sich auch als geschickter Diplomat zeigte. Damit glaubte er wol größere Ansprüche an das Avancement erworben zu haben, und trat, mit der russischen Carriere nicht zufrieden, im J. 1739 als Oberstlieutenant in kaiserlich österreichische Dienste über. Hier kam er in der Zeit der größten Noth, als beinahe alles bereits verloren schien, gerade recht, um mit den gefürchteten Croaten, halbwilden Theißer- und Marosgrenzern und Gesindel aller Art ein unter dem Obercommando des Generals Grafen von Khevenhüller stehendes berittenes Freicorps zu organisiren und mit demselben den sogenannten „kleinen Krieg“ zu führen. Seine wilden Reiter schulte er nach einem selbst ersonnenen originellen Exercitium ein; namentlich lehrte er sie ein Manöver, das er vielfach dem Feinde gegenüber mit Erfolg anwandte. Ein naiver Zeitgenosse schreibt darüber: „Er läßt sie enggeschlossen vorrücken, sobald aber auf sie gefeuert wurde, auseinanderfahren wie Quecksilber, das auf eine glatte Tafel gegossen wird. Sodann setzen sie ihrem Feinde mit vollem Feuer zu und hauen links und rechts als unsinnige Menschen um sich. Sie kommen aber demungeachtet bald alle miteinander an einem dritten Orte wieder zusammen und fallen den Feind abermals auf einer anderen Seite ganz unvermuthet an, daher dieser ihnen selten recht beikommen und weniger Schaden zufügen kann, dagegen in steter Gefahr eines Ueberfalls leben muß.“ Mit dem ungleich wilderen Franz von der Trenck, dem sogenannten „Pandurentrenck“, welcher mehr das Fußvolk unter sich hatte, wetteiferte er in der Ausführung aller Arten von Unternehmungen des kleinen Krieges; und bald hatte er sich, nicht minder wie dieser, durch sein blitzartiges unvermuthetes Erscheinen, sein waghalsiges Drauflosgehen, seine kühnen Streifzüge, Ueberfälle und seine persönliche Tapferkeit einen gefürchteten Namen gemacht, wenn auch die vielfachen starken, manchmal bis zur Unmenschlichkeit sich steigernden Ausschreitungen, die Contributionen, Brandschatzungen, Plünderungen und Raubsucht seiner Truppe nicht verschwiegen werden können. Nachdem M. im J. 1741 in Schlesien bei Mollwitz, Grotkau und Kloster Leubus mitgefochten, gelang es ihm im Vereine mit anderen Führern, namentlich mit Bärenklau, im J. 1742 nicht nur alsbald Oesterreich von den Baiern und Franzosen zu säubern, sondern auch allenthalben panischen Schrecken vor sich her verbreitend, mit seinen wilden Horden bis vor die Thore von München zu dringen. Er zog nach einer dem baierischen General v. Törring zwischen Braunau und Schärding am 17. Januar beigebrachten blutigen, die Capitulation des in Linz eingeschlossenen französischen Generals Ségur (am 24. Januar) nachsichziehenden Niederlage in der Residenzstadt München – Khevenhüller in Landshut – am gleichen Tage ein, an welchem Karl Albert von der französischen Gnade zu Frankfurt a. M. die deutsche Kaiserkrone, als Karl VII. mit so großem Pompe sich aufsetzen ließ; und im März desselben Jahres war das Land zwischen Donau und Lech bereits von 50 000 Kaiserlichen überschwemmt, welche vollständig wie in Feindesland hausten; man muß es übrigens Bärenklau und M. lassen, daß sie Alles, was in ihrer Macht stand, thaten, um unter den wilden Horden, soweit dies eben möglich war, [379] einigermaßen Manneszucht zu halten; für die geringsten Verfehlungen ließ M. die Delinquenten gleich nach seinem Lieblingsausdrucke „kanonisch“ abstrafen und griff hierbei zuweilen sogar eigenhändig ein. Geldgier und Sucht nach Beute – die dunkle Seite in Menzel’s Leben – wurden zwar M. selbst sehr stark zum Vorwurfe gemacht, von welchem er in der That nicht freigesprochen werden kann, wenn man unter Anderem in Betracht zieht, daß er in seinen letzten Lebensjahren ein eigenes schwarz uniformirtes Husarenregiment in Ungarn aufstellen konnte und daß sein Vermögen um diese Zeit auf 4–5 Tonnen Goldes geschätzt wurde. – An Waffenthaten wären hier noch, von vielen persönlichen Bravourstücken abgesehen, die ruhmvolle Besetzung Schärdings, von Wasserburg am Inn, sowie hauptsächlich der kühne im August 1743 mit Trenck tief nach Elsaß-Lothringen hinein unternommene Zug – der erste Versuch zur Wiedereroberung dieser zwei vom deutschen Reiche losgelösten Provinzen – anzuführen, wo M. der angsterfüllten Bevölkerung in Proclamationen die Befreiung von dem „unerträglichen französischen Joche“ ankündigte und an ihre deutsche Abstammung und Geschichte appellirte. Das Verhältniß Menzel’s zu Trenck war übrigens beinahe gleich von Anfang an kein gutes; beide Führer lebten in beständiger Eifersucht und Feindschaft, wie man sagte, nicht blos ihres Ruhmes, sondern auch der Beute wegen (insbesondere war es Trenck, welcher es nicht verwinden konnte, daß M. mehr Beute gemacht habe und viel reicher war wie er); nicht minder ihre Offiziere, welche sich der beiden eifersüchtigen Befehlshaber wegen zum öfteren miteinander schlugen und mehr als es sich mit der Disciplin und der gemeinschaftlichen Sache vertrug, für ihre Herren Partei nahmen. Diesem Mißverhältnisse machte das vorzeitige plötzliche Ableben Menzel’s ein Ende. Zu Beginn des Feldzuges im J. 1744 stand nämlich M., welcher 1742 Oberst und Baron geworden, hernach zum Generalmajor befördert worden war, bei der Armee des Prinzen Karl von Lothringen am Rhein und wurde bei einer nach einem Kriegsrathe unternommenen Recognoscirung, wobei er unter Anderem die Tiefe des Flusses untersuchen wollte, sich aber „nach lustiger Tafel gar zu frech auf die Feind’ wagte“, auf der sogenannten Maulbeerinsel bei Stockstadt unweit Worms von einem französischen Posten, welchen er nach der Aussage von Bärenklau und Pretlach in trunkenem Uebermuthe provocirte, erschossen. Er starb noch am selben Tage unter vielem Beten und unter beständigen Ausrufen: „O Herr Jesu! spann’ aus“, und liegt zu Geresheim im Darmstädtischen begraben, woselbst ihm seine Gemahlin ein prächtiges Denkmal setzen ließ. – Arneth in „Maria Theresia’s erste Regierungsjahre“ und zum Theil auch Carlyle’s „Geschichte Friedrichs des Großen“ haben angefangen die Bedeutung des tapferen Kriegsmannes und Meisters im kleinen Kriege gebührend hervorzuheben; und noch sehr Vieles läßt sich von der Veröffentlichung der österreichischen und baierischen Kriegsacten aus dieser Zeit erwarten. Ueber seine Persönlichkeit und Lebenslauf geben am meisten noch zwei (sehr seltene) Schriftchen Aufschluß: „Die Lebensbeschreibung von –“, Bielefeld 1743, Holl. Amsterdam 1744, und namentlich „Leben und Thaten – in Versen besungen“, 1743/44, 8°. o. O., welch’ letzteres seine Hauptthaten und Geschicke in einem eigenen (durch den Verfasser dieses in der allgemeinen Darmstädter Militärzeitung, 57. Jahrgang v. 1882, Nr. 26 veröffentlichten) „Menzelliede“ besingt. Nicht nur aber im Liede, sondern auch in zahlreichen Bildnissen lebte M. fort, unter welchen folgende interessante Schabkunstblätter G. Bodenehr’s hervorzuheben wären: ein Hüftbild mit Freund Hein, welcher hinter M. hervorguckt und den Commandostab ergreift, mit darauffolgenden Versen; ein Kniestück von Menzel’s dritter Frau. M. war nämlich dreimal verehelicht, zuerst mit einer Polin, v. Sturchwitz, dann mit einer Moscoviterin und zuletzt mit einer Oesterreicherin, Therese Gabriele Edle v. Regenthal; [380] ein Gruppenbild, M. zu Pferde mit Gefolge darstellend. Auch in der durch den fleißigen Augsburger Meister Mart. Engelbrecht gefertigten „Schaubühne verschiedener bißhero in Deutschland unbekannt gewester Soldaten von ausländischen Nationen“, einem seltenen Werke, finden sich zwei colorirte Kupferstiche von M. mit lateinisch-deutschen Versen.

Außer den bereits angeführten Quellen zu vgl. in: Streffleur’s österreichischer militärischer Zeitschrift, 7. Jahrg. 1866, 2. Bd. S. 174–176 die schätzbare Arbeit über M. von Jul. Ebersberg, zu welcher nur zu bemerken wäre, daß M. in die Gesellschaft von Leuten, wie Joh. Mayer, Joh. Mich. Gschray u. F. C. Thürrügel gerade nicht gehört.