ADB:Melas, Michael Freiherr von

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Artikel „Melas, Michael Friedrich Benedict Ritter von“ von Adolf Schinzl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 280–283, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Melas,_Michael_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 12:33 Uhr UTC)
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Melas: Michael Friedrich Benedict Ritter v. M., k. k. General der Cavallerie, geb. den 12. Mai 1729 zu Radeln bei Schäßburg in Siebenbürgen als Sohn des evangelisch-lutherischen Pfarrers Bartholomäus M., † am 31. Mai 1806 zu Elbeteinitz in Böhmen, war ein hochverdienter Feldherr, von reicher Kriegserfahrung, guten militärischen Kenntnissen und vielen trefflichen Charaktereigenschaften, dessen Thaten wol nicht immer vom Glücke begünstigt gewesen, dem aber das ehrende Gedenken gebührt, besonders in den französischen Revolutionskriegen Kaiser und Reich treu, hingebungsvoll und mit Nutzen gedient zu haben. Vermuthlich 1746 trat M. als Cadet in das k. k. Infanterieregiment Arhemberg Nr. 21, in welchem er bis zum Hauptmann vorrückte und an den Kämpfen des siebenjährigen Krieges als Adjutant des Feldmarschalls Daun theilnahm; 1771 wurde er zum Major im Infanterieregiment Batthiány Nr. 34, 1777 zum Oberstlieutenant und Grenadierbataillonscommandanten im gleichen Regimente befördert; 1778 erfolgte seine Versetzung zum Erzherzog Franz Carabinierregiment (jetzt Dragoner Nr. 2); 1781 übernahm er als Oberst das [281] Commando des Kürassierregiments Harrach Nr. 7 (jetzt Dragoner Nr. 7) und 1788 jenes des Chevauxlegersregiments Lobkowitz (jetzt Uhlanenregiment Nr. 8). Mit diesem Regimente erwarb sich M. während des Rückzuges von Karansebes nach Lugos in der Nacht vom 20. zum 21. September 1788 das nennenswerthe Verdienst, energisch mitgewirkt zu haben an der Bewältigung jener verhängnißvollen Verwirrung, welche durch muthwilliges Schießen und Allahschreien einiger Husaren im Heere hervorgerufen worden war. Bereits im nächsten Jahre stand M. als Generalmajor und Cavalleriebrigadier bei Semlin, 1793 befehligte er eine Brigade bei der operirenden Armee an der Sambre, 1794 war er als Feldmarschalllieutenant dem Corps Blankenstein zugetheilt, dessen Commando er im September bei Wittlich an der Mosel übernahm und welches er, wiederholt mit Erfolg kämpfend, geschickt und sicher führte. Dennoch mußte er sich, gleich den übrigen Heerestheilen, schließlich hinter den Rhein zurückziehen, da ihm die mehrfach zugesagte Unterstützung nicht geworden. Auch 1795 war es M. nicht beschieden, in größerem Maße in die Gesammtoperationen eingreifen zu können, weil ihn schon von April an die Bestimmung getroffen hatte, die Cordonstellung von der Eltz bis zum Bodensee zu leiten. Dieser Aufgabe wurde er aber anerkennenswerth gerecht, denn seine scharfe Beobachtungsgabe, welche ihn jedes Vorhaben des Gegners errathen ließ, sowie seine beispielgebende Thätigkeit machten ihn hierzu vorzüglich geeignet und gelang es ihm denn auch, den Feind von einem ernsten Durchbruchsversuche seiner Stellung abzuhalten. In gleicher Weise charakterisirt sich das Verhalten Melas’ im J. 1796 auf dem italienischen Kriegsschauplatze; dort befehligte er anfänglich im Heere Beaulieu’s als Divisionär die Reserve bei Oliosi, dann führte er trotz einer ernsten Verletzung, die er sich den 8. Juni bei einem Sturze mit dem Pferde zugezogen, die Armee als Stellvertreter und später als provisorischer Nachfolger des erkrankten Beaulieu nach Tirol, worauf er unter Wurmser die zweite, das ist die rechte Colonne des Centrums, beim Vorrücken gegen Mantua unter allen Verhältnissen mit Zähigkeit und Nachdruck commandirte. Erst das Jahr 1799 brachte dem zum General der Cavallerie ernannten M. eine annähernd selbständige und weitreichende Machtsphäre, nämlich den Oberbefehl über sämmtliche österreichische Truppen im Heere der Verbündeten unter Suworow. Jetzt endlich war M. in der Lage seine Fähigkeiten bestens zu entwickeln; er that dies auch insoweit, als es seine in Folge der Kriegsstrapazen und des Alters sehr geschwächte Gesundheit zuließ; verdienstvoll vor Allem gestalteten sich sein richtiger Tact gegenüber der Eigenart Suworow’s, als auch seine gewiegten Rathschläge an mehrere wiederholt weitab von ihm getrennt operirenden Generale. Das Commando der österreichischen Armee übernahm M. am 9. April zwischen Etsch und Mincio, worauf er am 14. April den Mincio überschritt, den 26. und 27. April bei Cassano an der Adda entschieden siegte und den 29. April Mailand besetzte, dessen Schlüssel ihm bis Crescenzago durch den Erzbischof und die Vertreter der Stadt entgegengebracht worden waren. Ein in verhältnißmäßig kurzer Zeit errungener schöner Erfolg, den der Kaiser durch die Verleihung des Commandeurkreuzes des Militär-Maria-Theresien-Ordens auszeichnete und der Suworow derart erfreute, daß er M., ohne Rücksicht auf dessen sich bäumendes Pferd, im Momente des Einzuges vor aller Augen umarmte. Nun galt es die Vereinigung der Armeen Moreau’s und Macdonald’s zu verhindern. Zu diesem Zwecke mußte M. bereits eine namhafte Zahl seiner Truppen auf große Entfernungen detachiren; dennoch behielt er in nie rastender Sorge deren Thätigkeit auch dann noch im Auge, als er mit mehreren Regimentern an der Spitze der Hauptmacht der Verbündeten gegen Macdonald rückte. Bei letzterwähntem Unternehmen stieß M. vorerst nächst Piacenza auf die schwache, durch Macdonald’s Heer zum langsamen Zurückweichen [282] veranlaßte österreichische Division Ott. Kühn war der Entschluß, den M. nunmehr in Ausführung brachte. Um nämlich das in drückender Sonnenhitze nachmarschirende Gros der Verbündeten nicht durch den Anblick einer retirirenden Truppe zu beunruhigen, vereinte M. rasch die ihm zur Verfügung stehenden Regimenter mit Ott’s Division und hielt ungeachtet der noch immer bestehenden Minderheit bei Verato und Ponte Tidone am 17. Juni in so lange Stand, bis die Hauptcolonne herangerückt war. An den nächsten zwei Tagen aber, den 18. und 19. Juni, an welchen die Schlacht an der Trebbia geschlagen wurde, förderte M. als Commandant des linken Flügels nicht nur mit vorzüglichem Erfolge die mitunter schwer erfüllbaren Anforderungen Suworow’s, sondern wußte auch des Gegners unvorhergesehene Angriffe in Front und Flanke bestens zu vereiteln. Mit Nachdruck leitete er ferner die Verfolgung am 20. Juni, sowie die Operationen bis zur Schlacht bei Novi am 5. August, in welcher er im Thale der Scrivia von Rivalda aus den feindlichen rechten Flügel umging und dann durch Wegnahme des Monte rotondo des Gegners Stellung gänzlich aufrollte. Und auch nachdem Suworow Mitte September in die Schweiz abgerückt war und M. mit kleiner Heeresmacht den Kampf in Italien fortsetzen mußte, gelang es ihm bei stets rechtzeitiger Erkenntniß der Bewegungen des Feindes dessen Absichten zu vereiteln, so in dem siegreichen Gefechte bei Savigliano am 18. September, dann in der folgenschweren Schlacht bei Genola (auch Savigliano) am 4. und 5. November. Nun ließ M. noch Cuneo belagern und nachdem mit der Einnahme dieser Festung am 3. December dem Vordringen des Gegners für längere Zeit Halt geboten war, beschloß M. das sehr geschwächte, an Geld, Proviant, Fuhrwerk etc. Mangel leidende Heer in die Winterquartiere zu verlegen. Hieran wurde er aber durch eine Weisung des Ministers Thugut behindert, welche die Aufforderung erhielt „aus allen Kräften einen Winterfeldzug zu betreiben“. M. fügte sich in pflichtbewußter Selbstverleugnung; als jedoch die versprochenen Verstärkungen und Hilfen nicht anlangten, der strenge Winter im kantonnirenden Heere häufige Krankheiten und Sterbefälle hervorrief, bat M. um die Enthebung vom Commando der Armee, „nachdem er, ohne die Truppen gänzlich zu opfern, den vom Minister Thugut vorgezeichneten Operationsplan durchzuführen nicht im Stande sei“. Seinem Ansuchen wurde nicht willfahrt; voll Einsicht und Billigkeit befahl der Monarch, es habe M. „den Feldzug nach der Riviera bis zu einem thunlicheren Moment zu verschieben“ und ferner auf seinem Posten zu verbleiben. Dies genügte, des Feldherrn Verantwortlichkeit für neue Thaten zu kräftigen, dessen altbewährte Regsamkeit und Sorge seiner schwierigen Aufgabe wieder zuzuwenden. Und da M. selbst klar erkannte, daß durch den strengen Winter, namentlich aber durch das Abwarten von Ersatz und Truppen und Ausrüstung viel kostbare Zeit verloren gegangen war und dann, daß die im März begonnene Aufstellung einer feindlichen Reservearmee bei Dijon große Gefahren in sich berge, so entschloß er sich anfangs April, wenngleich er erst über 45,000 Mann verfügen konnte, zum Beginne des Feldzuges 1800. Derselbe erregte anfänglich die besten Hoffnungen; des Gegners Linie wurde durchbrochen, der rechte Flügel nach Genua, der linke an den Var gedrängt. Allein nur kurz andauernden Nutzen gewährten diese mit Geschicklichkeit und Umsicht erreichten Erfolge. Denn bereits hatte sich, was nicht allerorts geglaubt worden war, die Dijon-Armee gesammelt und drang in Eilmärschen unter Napoleons Führung in das Pothal vor. Diese aufzuhalten erhielten nun wol etwa 45,000 Mann der Besatzung der Lombardei den Auftrag, doch wurden selbe hierzu in mehrere, stark getrennte Colonnen getheilt. Besorgten Blickes ersah M. das Fehlerhafte dieses Vorganges, rasch entschlossen und zielbewußt eingreifend versuchte er eine Vereinigung aller kaiserlichen Truppen bei Turin. Leider vergeblich, [283] denn er konnte nichts mehr als den Rückzug der lombardischen Colonne decken und dann mit seinem eigenen Heere eine Centralstellung bei Alessandria beziehen. Sohin war schon um diese Zeit Melas’ Lage, trotz der am 4. Juni erfolgten Einnahme von Genua, eine höchst mißliche; fast hoffnungslos gestaltete sich selbe ohne Zweifel, als Napoleon nach der Schlacht bei Casteggio, den 9. Juni, auf die Operationslinie des kaiserlichen Heeres getreten war. Hierdurch sah sich nämlich M. strategisch zum Entscheidungskampfe genöthigt; dennoch gereicht es ihm zu besonderem Ruhme, daß er selben nicht hinauszuschieben trachtete, sondern augenblicklich zum angriffsweisen Handeln entschlossen gewesen ist. Dieses führte zur Schlacht bei Marengo, 14. Juni 1800. Siegreich lenkte an diesem Tage M. seine heldenmüthig streitenden Truppen, ausdauernd stand er im Feuer, ungeachtet dessen, daß er zwei Pferde unter dem Leibe verlor und selbst leicht verwundet wurde, und persönlichen Muth bezeugend war seine Betheiligung an einem glänzenden Angriffe, dagegen bleibt es aber bedauerlich, daß M. vorzeitig die Schlacht als gewonnen betrachtete und den Verlust derselben herbeiführte, indem er vor deren gänzlicher Beendigung das Schlachtfeld verließ. Nachdem nun M. einen Waffenstillstand geschlossen und das Heer unter ehrenvollen Verhältnissen an den Mincio geführt hatte, übergab er das Commando desselben an den General der Cavallerie, Grafen Bellegarde, und befehligte als commandirender General anfangs 1801 in Innerösterreich, 1801–1803 in Böhmen, worauf er in den wohlverdienten Ruhestand trat. M., welcher 1799 zum Inhaber des Kürassierregiments Nr. 6 (jetzt Dragoner Nr. 12) ernannt worden war, besaß als Erinnerung an Marengo einen Säbel, den ihm Napoleon mit einem eigenhändigen Schreiben angeboten, in welchem es unter Anderem heißt: „Ich bitte Sie, mein General, mir zu erlauben, Ihnen einen Säbel anzubieten, welchen ich in Aegypten von den Barbaren erbeutete und denselben als einen Beweis der ganz besonderen Achtung anzunehmen, welche mir der von Ihrer Armee auf dem Schlachtfelde von Marengo bewiesene Muth eingeflößt hat.“ Endlich muß noch erwähnt werden, daß M. als Commandeur des Militär-Maria-Theresien-Ordens zur Erhebung in den Freiherrnstand wohl berechtigt war, doch nie um diese Standeserhöhung eingekommen ist.

Wurzbach, Biogr. Lexikon d. Kaiserth. Oesterreich, 16. Thl., Wien 1867. Ritter v. Rittersberg, Biogr. d. ausgezeichn. Feldh. etc., Prag 1828. Hirtenfeld, Der Milit.-Maria-Theresien-Orden etc., Wien 1857. Der Feldzug d. österr. Armee in Italien 1799 (in: Oesterr. milit. Ztschrft., 1. Bd., Wien 1812). Schlacht bei Novi, Marengo (in: Militär-Zeitung, Wien 1859). Szöllösy, Tagebuch gefeyerter Helden etc., Fünfkirchen 1837. Schweigerd, Oesterreichs Helden u. Heerführer, 3. Bd., Wien 1854. Teuffenbach, Vaterländisches Ehrenbuch, Wien u. Teschen 1877. Smola, Das Leben des FM. Heinr. Grf. v. Bellegarde, Wien 1847. Dietrich, Unter Oesterreichs Doppeladler (im „Archiv des Vereins für siebenb. Landeskunde“, 16. u. 17. Bd.), Hermannstadt 1882. (Heller,) Der k. k. österr. FM. Grf. Radetzky, 2. Abdruck, Stuttgart 1858. Wust, Geschichte des 34. Inft.-Rgmts., Wien 1860.